Die Organisationsformen der öffentlichen Museen
Im engen Zusammenhang mit den Trägerschaften der öffentlichen Museen stehen die einzelnen Organisationsformen. Die Wahl der Organisationsform ist für die Umsetzung der Programmatik und die Qualitätsstandards der Museen von Bedeutung. Die Programmatik eines Museums findet ihren Ausdruck in Satzungen, Gesellschaftsverträgen und Geschäftsordnungen. Ebenso werden die Steuerung der Einrichtung und die Zielvereinbarungen für mehrere Jahre festgelegt, mit welchen die Programmatik und damit der kulturelle Auftrag erfüllt werden soll.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen eine Vielzahl von Organisationsformen zu. In der deutschen Museumslandschaft werden weiterhin zahlreiche der über 6000 öffentlichen Museen nach traditionellen Organisationsformen geführt. Zu diesen zählen der Regiebetrieb, der Eigenbetrieb (auf Landesoder Staatsebene), die Anstalt des öffentlichen-Rechts und die öffentlich-rechtliche Stiftung. Darüber hinaus werden öffentliche Museen im Zuge der NPM Reformen in privat-rechtliche Organisationsformen umgewandelt. Relevante privat-rechtliche Organisationsformen für öffentlichen Museen sind Personengesellschaften, insbesondere der eingetragene Verein sowie Kapitalgesellschaften, wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die privat-rechtliche Stiftung. [1] Für die Wahl einer Organisationsform ist die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht nicht entscheidend. Vielmehr sind die Ausgestaltung, die Zuständigkeitsverteilung, Verantwortung und die Nutzungsverhältnisse für einen modernen Museumsbetrieb von Relevanz. [2]
Bei der Wahl sind die Vorund Nachteile jeder Organisationsform zu berücksichtigen. Abgeleitet aus den musealen Aufgaben, der Organisation, der Größe und der Finanzierung lassen sich Empfehlungen aussprechen. Ein Idealmodell für einen öffentlichen Museumsbetrieb lässt sich allerdings nicht benennen.
Die öffentlich-rechtlichen Organisationsformen
Im Folgenden werden die vier genannten traditionellen Organisationsformen des öffentlichen Rechts vorgestellt. Die beschriebenen Träger tragen diese staatsnahen Museumsbetriebe organisatorisch und finanziell. In erster Linie gelten die öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Landesund Gemeinderechts, einschließlich derer Regelungen zu der Haushaltsführung, Personalwirtschaft und Liegenschaften (Gebäuden). In diesem Sinne kommt die Bezeichnung der Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Hand zum Ausdruck. [3]
Der Regiebetrieb
Als eine typische Rechtsform für ein öffentliches kommunales Museum gilt der Regiebetrieb, der rechtlich und organisatorisch ein Teil der Kommunalverwaltung ist.
Bei einem Regiebetrieb handelt es sich um einen rechtlich unselbständigen Teil der Verwaltung, der leitungsund haushaltsmäßig betreut wird. Das auf diese Weise organisierte öffentliche Museum steht unter der Regie der Gemeinde. Die gesetzliche Grundlage bilden die Gemeindeordnungen der Länder. Durch die fehlende Selbstständigkeit ist der Regiebetrieb voll und ganz in der Gesamtverwaltung der Gemeinde, deren Struktur und Finanzsystem eingegliedert. Die Führung des Regiebetriebs übernimmt in der Regel die Abteilung des Kulturamtes. Von der Vertretungskörperschaft – dem Gemeinderat oder Kreistag – und dem Hauptverwaltungsbeamten werden Führungsund Leistungsaufgaben wahrgenommen. Dem Bürgermeister bzw. dem ausgewählten zuständigen Amtsleiter ist die Organisationsgewalt zugesprochen. Der Amtsleiter delegiert über die Aufgaben des Regiebetriebes. [4] Dem Kulturamt ist ebenso die Dienstaufsicht und die Fachaufsicht über die Mitarbeiterschaft zugeordnet. Die zentralen Aufgaben eines Museums werden von den Querschnittsämtern erfüllt. Der der direkte politische Einfluss der Kommunen als Träger auf den Museumsbetrieb ist klar zu erkennen. [5]
Ein Vorteil dieser Organisationsform stellt die institutionelle und finanzielle Sicherheit dar. Insbesondere bei der angespannten Haushaltslage der Kommunen gilt die Bestandsgarantie der im Haushalt festgelegten Finanzausstattung als vorteilhaft. Als Regiebetrieb erfährt ein Museumsbetrieb diese durch die Eingliederung in die Kommunalverwaltung. Ebenso übernimmt die Kommune für den Museumsbetrieb die Verantwortung für Finanzen und Personal. Dies kann allerdings zu langen Entscheidungsund Handlungsprozessen führen. Insgesamt betrachtet, ist diese Rechtsform für Museumsbetriebe sehr unbeweglich und starr. Denn auf kurzfristige Entwicklungen können derartige Museumsbetriebe nicht schnell und flexibel reagieren. [6] Exemplarisch kann noch einmal das Museum Ludwig als ein Regiebetrieb der Stadt Köln erwähnt werden. Organisatorisch, rechtlich und finanziell ist das Museum in den öffentlichen Verwaltungsträger eingliedert. Die Gemeindeordnung von Nordrhein-Westfalen und die Zuständigkeitsordnung der Stadt Köln bilden die Rechtsgrundlage. Der Rat der Stadt Köln bildet das oberste Verwaltungsorgan. Das Museum Ludwig ist der Dienststelle des Dezernats für Kunst und Kultur zugeordnet. Dies bedeutet, dass der Kulturdezernent der direkte Vorgesetzte des Museumsdirektors ist. Entscheidungen, die den Programmbereich des Museums betreffen, hat der Museumsdirektor zu treffen. Hingegen liegen Entscheidungen über Haushaltsmittel und Personal beim Kulturdezernenten.
Ein Museumsbetrieb kann zudem als optimierter Regiebetrieb geführt werden. Dabei handelt es sich um ein Amt mit einem eigenen Wirtschaftsplan, welches von übrigen Ämtern abgetrennt werden kann. Durch die Einführung eines betrieblichen Rechnungswesens besteht die Möglichkeit, Einnahmen aus Entgelten für bestimmte Leistungen im Museumsbudget zu belassen. Beispielsweise können die Einnahmen aus dem Katalogverkauf in das Museumsbudget fließen. Die umfassende gegenseitige Deckungsfähigkeit bei musealen Leistungen, die globale Steuerung von Zuschüssen, die Erweiterung der Übertragbarkeit nicht verausgabter Haushaltsmittel und die größere Eigenständigkeit in der Personalwirtschaft stellen Vorteile eines optimierten Regiebetriebs dar. Diese Aspekte motivieren zum wirtschaftlichen Handeln und Einwerben von Drittmitteln. [7]
Der Eigenbetrieb
Einige öffentliche Museen werden in der öffentlich-rechtlichen Organisationsform eines Eigenbetriebes geführt. Ein Museum als Eigenbetrieb besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und bildet mit der Trägergemeinde eine Einheit. Als Sondervermögen wird der Museumsbetrieb aus der Haushaltswirtschaft der Kommune ausgesondert. Die Rechtsgrundlage bilden die Gemeindeund Kreisordnungen und das Eigenbetriebsrecht, (z.B. die EigVO NRW). [8]
Die Gründung eines Eigenbetriebes basiert auf einem gemeindlichen Organisationsakt und einer durch den Rat oder Kreistag beschlossenen Betriebssatzung. Die Führungsaufgaben eines Eigenbetriebs werden von kommunalen Vertretungskörperschaften wie einem Gemeinderat wahrgenommen. [9] Bei einem Eigenbetrieb werden die Einnahmen und Ausgaben von dem Vermögen der Trägerschaft losgelöst in einem eigenen Rechenwerk aufgezeigt und gehen nur mit einem Saldo (Nettoprinzip) in die Finanzrechnung des Trägers mit ein. [10]
Der Eigenbetrieb eignet sich vor allem für größere und in ihrer Verantwortungskompetenz zur Eigenständigkeit tendierenden Museen, bei Museumsverbänden und bei Zusammenschlüssen von mehreren Museumseinrichtugen. [11] Zu dem Vorteil der Organisationsform eines Eigenbetriebes zählt die Sicherheit des öffentlichen Dienstes – insbesondere für die Mitarbeiter. Der Eigenbetrieb ermöglicht eine flexible und eigenständige Führung und Haushaltswirtschaft. Allerdings hat die Kommune im weiten Umfang Einflussund Kontrollmöglichkeiten. [12]
Die Anstalt des öffentlichen Rechts
Zudem können öffentliche Museumsbetriebe als rechtlich selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts betrieben werden. Eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist als eine juristische Person ein selbstständiger Verwaltungsträger mit Rechten und Pflichten. [13] Die Rechtsverhältnisse einer Anstalt des öffentlichen Rechts regelt die Gemeinde durch die Satzung nach dem Verfassungsund Verwaltungsrecht. Anstalten werden per Landesorganisationsgesetz gegründet, neu gestaltet oder aufgelöst. Durch das Errichtungsgesetz werden nicht nur der Verwaltungsrat, der unter anderem die Geschäftsführung überwacht, sondern auch der Vorstand als Geschäftsführungsund Vertretungsorgan bestimmt. Es definiert auch die Handlungsfähigkeit und die Verantwortungsabgrenzung des Leiters der Anstalt. Anstalten dienen konkreten öffentlichen Zwecken. Im Zusammenhang mit öffentlichen Museen handelt es sich um kulturelle Tätigkeiten. Kennzeichnend für Anstalten des öffentlichen Rechts ist die Erfüllung von traditionellen Aufgaben, die im öffentlichen Interesse sind, der Allgemeinheit dienen und keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen. Diese Organisationsform hat keine Mitglieder, sondern Benutzer. [14]
Die Anstalt des öffentlichen Rechts erfährt durch ihre Rechtsfähigkeit ein hohes Maß an organisatorischer Binnenflexbilität. Die Organisationsform erlaubt eine gewisse Gestaltungsfreiheit, die innere Organisation an gewünschte Leistungsstrukturen anzupassen. Die Anstalt verfügt über einen besonders organisierten Bestand an Personen und Sachmitteln, die von einem öffentlichen Träger zur Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben geschaffen werden. Eine haushaltsrechtliche Verselbstständigung erfahren diese Organisationsformen durch ihren eigenen Buchungskreislauf und entsprechender kaufmännischen Buchführung. Aufgrund dieser Aspekte stellt die Anstalt des öffentlichen Rechts für staatlich finanzierter und staatlich zu steuernde Museumsbetriebe einen idealen Rahmen dar. [15]
In der deutschen Museumslandschaft werden nur wenige Museumsbetriebe in Form einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts geführt. Zwei Museen sind für diese Organisationsform beispielhaft. Zum einen verwaltet sich das Deutsche Museum im Rahmen seiner Satzung selbst und steht unter dem Schutz und der Aufsicht der Bayerischen Staatsregierung. [16] Zum anderen wird das Staatliche Museum Schwerin – Kunstsammlung, Schlösser und Gärten in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt. Es vereint die Neue und Alte Galerie sowie drei Schlösser. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist die zuständige Aufsichtsbehörde. [17]
Ein Museumsbetrieb in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts zählt zur mittelbaren Staatsverwaltung und wird von der öffentlichen Hand beeinflusst und kontrolliert. Als Anstaltsleiter stellt es organisationspsychologisch eine Herausforderung dar, sich mit der staatsnahen Kultureinrichtung zu identifizieren und flexibel zu handeln. Da der Begriff der Anstalt im öffentlichen Bewusstsein negativ belegt ist, wird es als schwierig angesehen, Drittmittel zu akquirieren und eine Identifikation der Museumsmitarbeiter zu erreichen. Auch mögliche Kooperationspartner scheinen derartige Museumsbetriebe in einer unattraktiven Organisationsform und in einem anonymen Staatssektor wahrzunehmen. [18] Hingegen sollte es in der heutigen Zeit ein Ziel sein, dass sich Mitarbeiter, Besucher und mögliche Partner mit einem positiven Image eines öffentlichen Museums identifizieren können. Diese beeinflussenden Aspekte lenken den Blick auf eine Veränderung in Richtung moderner und kooperationsfähiger Rechtsformen. Diese sind Inhalt des folgenden Unterkapitels.
Die öffentlich-rechtliche Stiftung
Die Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Stiftung wird seit Mitte der 1990er Jahren zur Trägerschaft von öffentlichen Museen in Deutschland herangezogen.
Als Träger von Museumseinrichtungen können öffentlich-rechtliche Stiftungen durch einzelne Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen und aufgrund eines Gesetzes errichtet werden. [19] In Nordrhein-Westfalen werden Stiftungen des öffentlichen Rechts gemäß §§ 21, 18-20 NRW LOG errichtet. Die Stiftung des öffentlichen Rechts basiert danach auf einem Stiftungsakt und ist als eine aufgrund öffentlichen Rechts errichtete Verwaltungseinheit mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit. Sie ist zudem mit einem Kapitaloder Sachbestand ausgestattet und übernimmt Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. [20]
Die Bezeichnung Stiftung ist rechtlich nicht geschützt. Grundsätzlich gilt jedoch für die öffentlich-rechtliche als auch für die privatrechtliche Stiftung dieselbe Definition. [21] Nach der rechtswissenschaftlichen Definition ist eine Stiftung durch drei Wesensmerkmale gekennzeichnet: Eigenorganisation, Vermögen und Zwecksetzung. Charakteristisch ist für diese Stiftungsart ein individuelles, in sich abgeschlossenes und selbsttragendes Rechtsgebilde.
Durch die Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Stiftung erfahren die öffentlichen Museen eine Erhaltungssicherheit und Stabilität. Die interne Organisationsstruktur einer Stiftung ist flexibel. Nach dem Landesrecht wird nur ein einziges Organ – der Vorstand – für das Bestehen einer Stiftung vorausgesetzt. Der Staat kann die Steuerfunktionen idealtypisch nur über die einmalige Festlegung der Stiftungsverfassung, in diesem Sinne des Stiftungszweckes und der Organstruktur, erhalten. Somit ist die staatliche Aufsicht über die einmal errichtete, rechtsfähige Stiftung eine reine Rechtsaufsicht. [22]
Der Stiftungsakt als Organisationsstatus und die Stiftungssatzung geben vor, welche Organe für die Stiftung handeln. So muss jede Stiftung einen Vorstand vorweisen, dem normativ durch das Stiftungserrichtungsgesetz und die Stiftungsverfassung Handlungskompetenzen eingeräumt werden. Wenn es nicht anders in der Stiftungssatzung normiert ist, hat der Stiftungsvorstand die umfassende Handlungsbefugnis. [23] Das Stiftungsgesetz und die Stiftungsverfassung behalten sich vor, Stiftungsorgane zu besetzen und diesen bestimmte Kompetenzen einzuräumen. Stiftungserrichtungsgesetze sehen Kuratorien vor, denen der Stifter angehört. Dadurch kann mittelbar Einfluss auf die Stiftung genommen werden. Inwieweit der Museumsleitung als Stiftungsleitung eine Handlungsfähigkeit eingeräumt wird, hängt somit davon ab, ob die Kuratorien und Stiftungsräte Kontrollorgane sind. Zudem ist fraglich, ob dem Museumsdirektor Leitungsund exekutive Kompetenzen übertragen werden. [24]
Seit der deutschen Einheit hat die Zahl der Stiftungen auf Bundesebene deutlich zugenommen. Als ein Vorteil einer Stiftung wird ihre Ausstrahlung und der verbundene öffentliche good will gesehen. Stiftungen stehen für ein modernes, demokratisch und gewandeltes Deutschland. Die öffentlich-rechtlichen Stiftungen strahlen einen weltoffenen und entstaatlichen Staat in besonderem Maße aus. Aus verfassungsrechtlicher Sicht stellen die Stiftungen die Vorund Nachteile der bundesstaatlichen Ordnung eines kooperativen Föderalismus heraus. Die Kooperationen von Staat und Gesellschaft lässt gemeinschaftliche Strukturen entstehen. Stiftungen gelten generell als flexibel und gut einsetzbar für staatliche Organisationsstrukturen. [25] Vorteilhaft sind die Verlässlichkeit und höhere Autonomie. Diese Vorteile können zukünftig insbesondere durch Verpflichtungsermächtigungen, Zielvereinbarungen und durch das Herauslösen aus der Verwaltung erreicht werden. [26]
Grundsätzlich muss bei jeder Stiftung ein Stiftungsvermögen vorhanden sein. Auch eine geringe Summe im Sinne eines symbolischen Vermögens kann als ausreichend erachtet werden. Prinzipiell ist das Stiftungsvermögen das fundamentale Elemente einer Stiftung, welches an den Stiftungszweck gebunden ist. Der Ertrag ist zur Erfüllung des Stiftungszweckes einzusetzen. Allerdings verfügen in der Regel öffentlich-rechtliche Museumsstiftungen über kein eigenes Kapitalvermögen. Vielmehr besteht das Stiftungsvermögen aus Grundstücken, Gebäuden und Sammlungsbeständen. Dieses Vermögen wirft keine Erträge ab, sondern ist selbst aufgrund der Unterhaltskosten finanzierungsintensiv. [27]
Darüber hinaus überträgt die öffentliche Hand öffentlich-rechtlichen Museumsstiftungen kein unantastbares Kapitalvermögen, welches für die Erfüllung von Stiftungszwecken ausreichend wäre. [26] Aus diesen Gründen erhalten die Museumsstiftungen regelmäßig Zuwendungen[29] nach Maßgaben des öffentlichen Haushaltsplans. Sie werden daher als Zuwendungsstiftungen bezeichnet. Konsequenterweise führt dies zu einer finanziellen Abhängigkeit von den öffentlichen Zuschussgebern. Öffentlich-rechtliche Museumsstiftungen werden meist zu 90% von dem Zentralhaushalt und den zu leistenden jährlichen Zuwendungen finanziert. Sofern satzungsmäßig Drittmittel wie Spenden und Zustiftungen zugestanden und eigene Einnahmen erzielt werden, machen diese nur wenige Prozente der Jahresetats aus. [30] Diese jährlichen Zuwendungen hängen zudem von politischen Dispositionen ab, wodurch die angestrebte Freiheit und Selbständigkeit der öffentlich-rechtlichen Stiftung nicht mehr gewährleistet werden kann. [31]
Folglich stellt sich die Fragen, inwieweit die Bezeichnung einer materiellen Stiftung dann noch korrekt ist. Das Wesensmerkmal für eine Stiftung ist, mit einem Stiftungsvermögen ausgestattet zu sein. [32] Bei dieser Form der Trägerstiftungen von Museen wird gerade nicht der Stiftungszweck mit Erträgen aus einem Geldvermögen erfüllt. Vielmehr wird das Stiftungsvermögen direkt zur Zweckerreichung eingesetzt. Daher ist ein Museum in dieser Form auf Zuwendungen angewiesen und ähnelt zunehmend mehr der Organisationsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Dieser Mangel lässt sich reduzieren, wenn eine Stiftung nicht nur mit Kulturgütern, sondern auch mit ausreichenden Finanzvermögen ausgestattet wäre. [33] Bleiben Stiftungen von laufenden staatlichen Zuwendungen und damit vom Haushaltsrecht und Haushaltsbeschränkungen abhängig, so lassen sich diese sogar als unechte Stiftungen bezeichnen. [26] Je eher Stiftungen über einen ausreichenden Kapitalstock verfügen und ihre Zwecke möglichst frei von laufenden Zuwendungen erfüllen können, desto unabhängiger sind sie. [35] Denn insbesondere die Unabhängigkeit von Zuwendungen hebt die inhaltliche Eigenständigkeit als Charakteristikum einer Stiftung hervor.
Jedoch liegt der Zweck einer öffentlich-rechtlichen Stiftung als Organisationsform für ein öffentliches Museum nicht primär nur darin, Erträge aus dem Kapitalvermögen zu erhalten. Im Fokus steht die Gewährung des unmittelbaren Gebrauchs des gestifteten Sachvermögens. Der Stiftungszweck muss auf Dauer angelegt sein. In dem Moment, in dem einer öffentlich-rechtlichen Stiftung eine staatliche museale Sammlung als Vermögensposition übertragen wird, erfüllt sich der Stiftungszweck. Denn die Organisationsform der Stiftung erfüllt durch ihr Dasein eine bedeutenden Bewahrungs-, Sicherstellungsund Konservierungsaufgabe. Gleichzeitig wird dem Staat der Zugriff auf das Sammlungsgut entzogen. Eine Veräußerung ist in der Regel ausgeschlossen. [36] Somit erfährt diese Organisationsform für die öffentlichen Museen in Deutschland eine Art Bestandssicherung. Die Stiftung fängt die Sammlung auf und schenkt ihr Aufmerksamkeit, indem die musealen Kernaufgaben erfüllt werden. Der Stiftungszweck ist somit die Unterhaltung des Museums und der damit verbundenen Dienstleistung. Schließlich ist der kulturelle Auftrag zu erfüllen. [37] Beispielhaft dafür ist die Dachstiftung Preußischer Kulturbesitz. [38]
Zweifellos ist die Stiftung öffentlichen Rechts für öffentliche Museen eine erwägenswerte Organisationsform. Allerdings können Stiftungen nur dann erfolgreich arbeiten, wenn die ihnen gesetzlich zugesicherte Autonomie tatsächlich gewährleistet wird. [39]
- [1] Vgl. Burghardt 2012, S. 245; Lynen 2013a, S. 100 f.; Strachwitz u. Schmäcke 2000, S. 126 f..
- [2] Vgl. Scheytt 2005, S. 123.
- [3] Vgl. Lynen 2013a, S. 100.
- [4] Vgl. Scheytt 2005, S. 127 f..
- [5] Vgl. Schneidewind 2004, S. 161; Scheytt 2005, S. 128; Burghardt 2012, S.247; Dincher u. a. 2010, S. 37.
- [6] Vgl. Scheytt 2005, S. 129; Burghardt 2012, S. 247.
- [7] Vgl. Burghardt 2012, S. 247. Auf das Einwerben von Drittmitteln wird im Kapitel 3.5.3 detailliert eingegangen.
- [8] Vgl. Scheytt 2005, S. 130.
- [9] Vgl. ebd.; Burghardt 2012, S. 248.
- [10] Vgl. Dincher u. a. 2010, S. 37.
- [11] Vgl. Burghardt 2012, S. 248.
- [12] Vgl. Scheytt 2005, S. 131.
- [13] In Abgrenzung zu selbstständigen Anstalten des öffentlichen Rechts gibt es auch nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Diese bilden organisatorisch selbstständige Einheiten und sind rechtlich Teil einer juristischen Person, zumeist einer Gebietskörperschaft. Beispielsweise sind Schulen in der Regel unselbständige Einrichtungen der Kreise. Siehe Dincher u. a. 2010, S. 36.
- [14] Vgl. Schneidewind 2004, S. 164 f.; Betzler u. Brägger 2010, S. 23; Dincher u. a. 2010, S. 36.
- [15] Vgl. Rawert 2002, S. 61.
- [16] Vgl. Deutsches Museum 2014.
- [17] Vgl. Staatliches Museum Schwerin 2014.
- [18] Vgl. Rawert 2002, S. 61; Burghardt 2012, S. 249.
- [19] Vgl. Lynen 2013a, S. 132 Scheytt 2005, S. 139
- [20] Vgl. Ellenberger 2013, Vorb 5 v § 80; Lynen 2013a, S. 129 f..
- [21] Vgl. Kilian 2003, S. 25; Strachwitz 2004a, S. 43. Es kann Institutionen geben, die die Bezeichnung als Stiftung bewusst oder unbewusst falsch verwenden und im Namen tragen, um gefördert zu werden, jedoch nicht der Stiftungsdefinition, sondern eher der eines Vereins entsprechen.
- [22] Vgl. Rawert 2002, S. 57; Willert 2004, S. 248. Beispielhaft dafür ist die Dachstiftung Preußischer Kulturbesitz, siehe Fn. 296.
- [23] Vgl. Willert 2003, S. 153.
- [24] Vgl. a.a.O., S. 156
- [25] Vgl. Kilian 2003, S. 50 f..
- [26] Vgl. Gerlach-March 2010, S. 24.
- [27] Vgl. Schulte u. Fiedler 2002, S. 23.
- [28] Vgl. Gerlach-March 2010, S. 24.
- [29] Auf den Begriff der Zuwendung wird im Kapitel 3.4.1 detailliert eingegangen.
- [30] Die verschiedenen Einnahmequellen werden im Kapitel 3.4.2 sowie im Kapitel 3.5.3 thematisiert.
- [31] Vgl. Kilian 2003, S. 67 f.; Willert 2003, S. 158.
- [32] Vgl. Schulte u. Fiedler 2002, S. 23; Kilian 2003, S. 51.
- [33] Vgl. Schulte u. Fiedler 2002, S. 30.
- [34] Vgl. Gerlach-March 2010, S. 24.
- [35] Vgl. Kilian 2003, S. 51.
- [36] Vgl. a.a.O., S. 48. Siehe zum Verkauf von Kunstwerken das Kapitel 3.5.2.
- [37] Vgl. ebd..
- [38] Unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befinden sich fünf Einrichtungen: die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung. Zu den Staatlichen Museen zu Berlin zählen 15 Sammlungen, die die kulturelle Entwicklung der Menschheit von den Anfängen bis in die Gegenwart dokumentieren. Im Kontext dieser Arbeit sind die verschiedenen Kunstsammlungen relevant. Kunstwerke des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre sind in der Neuen Nationalgalerie zu sehen. Im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin werden Kunstwerke der letzten Jahrzehnte bis heute präsentiert. Die Sammlung Berggruen, die durch den Privatsammler Heinz Berggruen zustande gekommen ist, befindet sich zudem im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Vgl. Stiftung Preußischer Kulturbesitz 2013; Staatliche Museen zu Berlin 2013.
- [39] Vgl. Strachwitz u. Schmäcke 2000, S. 132.