Der gemeinnützige Förderund Freundeskreis
Als nicht zu unterschätzendes Förderungsinstrument eines Museumsbetriebes sowie insbesondere auch für den Aufbau einer zeitgenössischen Kunstsammlung gelten die Freundesund Förderkreise. Das großzügige Engagement privater Förderer und Freunde bietet einem öffentlichen Museumsbetrieb zusätzliche finanzielle Mittel, die zweckorientiert für Neuankäufe zeitgenössischer Kunst eingesetzt werden. Durch diese private Unterstützung haben moderne Museumsbetriebe die Möglichkeit, auf dem internationalen Kunstmarkt aktiv als Käufer aufzutreten. Schon allein innerhalb des Fundraisings nehmen Freundesund Förderkreise eine Sonderstellung ein. Sie leisten durch Mitgliedsbeiträge und Spenden eine dauerhafte finanzielle Unterstützung und binden engagierte Bürger und Förderer an sich. [1]
Bei einem Freundesoder Förderkreis, der als eingetragener gemeinnütziger Verein geführt wird, [2] steht nicht allein die finanzielle Unterstützung einer Museumsinstitution im Vordergrund. Neben der Zusammenführung von Ressourcen, geht es vor allem auch um eine aktive Mitgestaltung und das bürgerschaftliche Engagement zur Verfolgung kultureller Zwecke. So bietet der Verein einen rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmen, um in der Gemeinschaft kulturelle und künstlerische Aktivitäten zu realisieren. [3]
Die Motive, einem Freundesoder Förderkreis beizutreten, können unterschiedlich sein. Wie bei einer Spende ist die Identifikation mit einem bestimmten Museum ausschlaggebend. Ebenso sind die Mission und das künstlerischen Profil eines modernen Museums wesentlich. Zudem sprechen weitere Gründe für eine Mitgliedschaft:
• „die Unterstützung von Kunst und Kultur (Kulturförderung);
• etwas Gutes tun wollen (philanthropische Gesinnung);
• Mitwirkung und Gestaltung (Bürgerengagement);
• Zugehörigkeit, Kontakte (Zusammentreffen mit Gleichgesinnten);
• der Wunsch nach Ansehen, Anerkennung (Prestige);
• unddamitverbunden, die Bevorzugungdurch Privilegien, Vergünstigungen.“ [4] Diese Motivationen zeigen, dass private finanzielle Förderungen nicht mehr nur nach dem altruistischen Prinzip angelegt sind. [5] Freundesund Fördervereine scheinen eine Art von Gegenleistungen etabliert zu haben. Diese bestehen weniger in einem materiellen Nutzen als vielmehr in Form von persönlicher Bevorzugung und individuellem Service. Auch nach § 10 Abs. 1 S. 2 EStG sind Mitgliedsbeiträge für Fördervereine als Sonderausgaben grundsätzlich steuerlich abzugsfähig. Somit ist es nicht mehr von Bedeutung, ob Mitglieder vergünstigten Eintritt oder geldwerte Leistungen erhalten. [6] Museumsbetriebe haben einen Spielraum, ansprechende Pakete für Freunde und Förderer zu gestalten. Die Mitglieder erwarten heutzutage eine bevorzugte Berücksichtigung zu besonders gefragten Veranstaltungen, wie Ausstellungseröffnungen und exklusiven Begegnungen mit Künstlern. Die kostenlose, persönliche Beratung in Fragen des Anund Verkaufs von Kunstgegenstände oder spezialisierte Vorträge werden ebenso in Anspruch genommen.
Mit Blick auf die bereits angesprochene Spendenakquise empfiehlt es sich, zielgruppenspezifische Leistungspakete in größeren Vereinen anzubieten. Neben jährlichen Mitgliedsbeiträgen können gezielte Spendenakquisen mit besonderen Leistungsangeboten entwickelt werden, um insgesamt höhere Spendeneinnahmen zu erzielen. Demnach kann es für einige Museumsbetriebe sinnvoll sein, die Zielgruppe in zwei Organisationsformen aufzuteilen. Zu empfehlen ist in so einem Fall, einen Verein der Freunde und einen Verein oder eine Stiftung der Förderer zu gründen. Diese Zweiteilung ist dann effektiv, wenn durch die Beiträge verschiedene Zielgruppen direkter angesprochen werden. Unterschiedliche Erwartungshaltungen werden mit entsprechendem Engagement in Verbindung gebracht. [7] Beispielsweise spricht eine einfache Mitgliedschaft mit einem Betrag von 50,00 Euro in einem Freundeskreis eine breite Interessengruppe an. Eine herausgehobene Fördermitgliedschaft mit einem Betrag von 200,00 Euro wäre für eine exklusive Klientel sowie auch Firmenmitglieder mit einer nachhaltigen Unterstützungsabsicht eine erweiterte Variante. [8]
Insbesondere ist die Verbindung zwischen einem Förderverein und dem Museumsdirektor von Relevanz. Die Satzung und die Besetzung der Organe sollte so gestaltet werden, dass der Vereinszweck optimal erfüllt wird. Zudem ist es vorteilhaft, wenn bereits in der Satzung die Position eines Vertreters des Museums als geborenes Mitglied des Vereinvorstandes verankert wird. Auf diese Weise sollen Einflussnahmen des Vereins auf die Arbeit des Museums vermieden werden. Bestenfalls gilt die Grundregel, dass der Förderverein zwar eigene Vorstellungen entwickeln kann, aber niemals gegen den Willen des zu fördernden Museum entscheiden darf. [9]
Nach Ansicht der Autorin scheinen allerdings bei dem Ankauf von Kunstwerken diese Verschiebungen von Entscheidungsbefugnissen zu bestehen. Diese werden nachfolgend anhand von Beispielen aufgezeigt.
Verein der Freunde der Nationalgalerie e.V.
Ein erfolgreich arbeitender Förderverein ist der 1979 gegründete Verein der Freunde der Nationalgalerie in Berlin. Damals war dieser auf Exklusivität angelegt, da der Mitgliedsbeitrag vom ersten Tag an bei 1000,00 DM lag. Die Strategie lag darin, dass eher hundert Mitglieder für den Verein gewonnen würden, als dass sich tausend Mitglieder mit jeweils 100,00 DM beteiligten. [10] Erstaunlicherweise wuchs der Verein schnell an, sodass dieser heute mehr als 1.500 Mitglieder zählt. Allein durch die Mitgliederbeiträge von aktuell 600,00 Euro hat der Verein einen Etat um die 1 Mio. Euro zur Verfügung. Laut der Vereinssatzung besteht der Zweck des Vereins darin, „die Nationalgalerie nachhaltig zu fördern und an ihrem weiteren Aufbau mitzuwirken.“ [11] Dieser Zweck soll erreicht werden, indem Kunstwerke angekauft werden, die der Nationalgalerie leihweise überlassen oder geschenkt werden. Ebenso soll der Zweck durch Veranstaltungen und Maßnahmen zur Förderung der Kunst und der allgemeinen Volksbildung und durch Förderung wissenschaftlicher Arbeiten im Bereich der modernen Kunst erfüllt werden. [12] Der Erfolg dieses Vereins spiegelt sich ebenso in dem von ihm jährlich ausgelobten Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Höhe von 50.000 Euro wider. Ferner hat der Verein im Jahr 2005 aus dem Gewinn der legendären MoMA Ausstellung in Berlin in Höhe von 6 Mio. Euro eine Stiftung des Vereins der Freunde der Nationalgalerie für zeitgenössische Kunst gegründet. Der Stiftungswille besteht darin, den Gewinn zu thesaurieren und aus den Zinsen ausschließlich zeitgenössische Kunst für den Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart – Berlin zu erwerben. Damit stellt die durch den Verein gegründete Stiftung die erste Stiftung in Deutschland dar, deren ausschließlicher Zweck dem Ankauf von zeitgenössische Kunst für einen öffentlichen Museumsbetrieb dient. [13] Da dieser Verein immer vielfältigere Aktivitäten zur Förderung der Nationalgalerie und damit auch den Staatlichen Museen übernimmt, wurde die Struktur des Vereins durch zwei professionell arbeitende Tochtergesellschaften erweitert. Die eine ist für das Besuchermanagement und die andere für das Veranstaltungsmanagement zuständig. [14]
Städelscher Museums-Verein e.V.
Auch auf der Webseite des Städelscher Museums-Vereins wird über die Bedeutung des bürgerlichen Engagements insbesondere bei der Finanzierung von Neuerwerbungen informiert. Eine Hauptaufgabe des Vereins besteht darin, Mittel für Ankäufe zusammenzutragen, um den Ausbau der Sammlung voranzubringen. Laut
§ 5 der Vereinssatzung des Städelschen Museums-Vereins soll der Vereinszweck durch schenkoder leihweise Überlassung hervorragender Kunstwerke an die Frankfurter öffentlichen Kunstsammlungen erreicht werden. [15] Auf der Vereinswebseite wird darüber informiert, dass die angekauften Kunstwerke dem Städel Museum als Leihgaben zur Verfügung gestellt werden. Eine breite Öffentlichkeit von den Frankfurter Bürger bis hin zu Museumsbesucher aus aller Welt sollen davon profitieren. [16] Zudem gründete sich 2007 aus dem Frankfurter Städelverein heraus das Städelkomitee des 21. Jahrhunderts. Zu diesem zählen ca. 40 Personen. Dieses setzt sich zum Ziel, die Städelsche Museumssammlung durch gezielte Ankäufe zeitgenössischer Kunst zu ergänzen. Die Kunstwerke, die durch dieses Städelkomitee erworben wurden, sind im Erweiterungsbau des Städelmuseum ausgestellt. [17]
Diese Beispiele verdeutlichen, dass der Museumsdirektor, auch wenn er im Vorstand eines Freundeskreises oder in einem Ankaufskomitee eine Position einnimmt, noch lange keine Mehrheit besitzt. Er kann nicht alleine über den Einsatz der finanziellen Mittel bestimmen. Vielmehr kann ein Museumsdirektor Empfehlungen oder Ankaufswünsche aussprechen. Ebenso gilt es zu bedenken, dass die angekauften zeitgenössischen Kunstwerke in den aufgezeigten Beispielen im Eigentum der Vereine bleiben. Diese werden lediglich als Leihgaben dem Museen zur Verfügung gestellt. Ein Museumsdirektor ist dann dafür verantwortlich, die Sammlung zu betreuen und die Rahmenbedingungen des öffentlich finanzierten Museums aufrecht zu erhalten.
Zunächst baut sich ein Verein der Freunde und Förderer eigenständig seine zeitgenössische Sammlung durch Ankäufe auf und verleiht diese zweckentsprechend einem Museum. Prinzipiell wäre es also möglich, diese Kunstwerke wieder zu verkaufen, sofern es die Vereinsvorstände beschließen sollten und die Satzung dies erlaubt. Der Prozess des Deacessioning kann durch diese Konstruktion leicht umgangen werden. Daher ist zu empfehlen, durch eine klare Regelung in der Vereinsatzung einen Verkauf von Kunstwerken auszuschließen. Sollte sich ein Verein wieder auflösen, könnte das Vermögen zweckentsprechend dem Museum zugute kommen. [18]
Der Einfluss und die Entscheidungsmacht über Neuankäufe für eine museale Sammlung scheinen zunehmend mehr durch Freundesund Förderkreise aufgrund der finanziellen Mittel bestimmt zu werden. Traditionell lagen diese Entscheidungen im Verantwortungsbereich eines Museumsdirektors. Dies ist ein zweischneidiges Phänomen. Einem Museumsdirektor stehen in der heutigen Zeit in keiner Weise höhere bzw. vor allem frei verwendbare Mittel für Neuankäufe zur Verfügung. Grundsätzlich sind die Museen und Bürger natürlich dankbar über das unbezahlbare Engagement privater Förderer und Freunde. Der Respekt vor der Entscheidungshoheit der Verantwortlichen – wie Museumsdirektoren und Kuratoren – sollte jedoch bei jeder Form der Unterstützung nicht verloren gehen. [19]
- [1] Vgl. Lissek-Schütz 2004, S. 369.
- [2] Siehe Details zur Gründung eines Vereins in Kapitel 3.3.2.3.
- [3] Vgl. Scheytt 2005, S. 250.
- [4] Lissek-Schütz 2004, S. 370.
- [5] Diese Motivationen ähneln den Interessenlagen der privaten Kunstsammler, zeitgenössische Kunst zu sammeln und diese einem öffentlichen Museum zur Verfügung zu stellen. Siehe dazu Kapitel 2.4 und Kapitel 4.5..
- [6] Vgl. Heinicke 2013, § 10b Rn 15; Gerlach-March 2010, S. 72.
- [7] Vgl. Hausmann 2011, S. 104; Scheytt 2005, S. 251.
- [8] Vgl. Lissek-Schütz 2004, S. 370.
- [9] Vgl. Scheytt 2005, S. 251; Heinrichs 1997, S. 178; Hausmann 2011, S. 104 f..
- [10] Vgl. Heinrichs 1997, S. 175.
- [11] Verein der Freunde der Nationalgalerie 2013a.
- [12] Vgl. Verein der Freunde der Nationalgalerie 2013b, § 2.
- [13] Vgl. Verein der Freunde der Nationalgalerie 2013a; Raue 2011, S. 77.
- [14] Vgl. Verein der Freunde der Nationalgalerie 2013a.
- [15] Vgl. Städelscher Museums-Verein e.V. 2007, § 5.
- [16] Vgl. Städelscher Museums-Verein e.V. 2013.
- [17] Vgl. Riebsamen 2012.
- [18] Vgl. Verein der Freunde der Nationalgalerie 2013b, § 2 Abs. 4; Städelscher Museums-Verein e.V. 2007, § 17.
- [19] Vgl. Raue 2009, S. 33.