Die Haftung
Für den Sammler und für Museumsbetriebe stellt sich die wichtige Frage, welche Partei bei fahrlässiger und vorsätzlicher oder zufälliger Verschlechterung oder Zerstörung der Leihgaben haftet. [1] In einem öffentlich zugänglichen Museum besteht die Gefahr, dass Kunstwerke durch Vandalismus beschädigt werden. Nach § 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 304 StGB macht sich ein Besucher wegen unerlaubter Handlung schadenersatzpflichtig, wenn er ein Kunstwerk beschädigt. Häufig ist jedoch der Schadenersatzanspruch des Sammlers gegenüber dem Schädiger wertlos, da sich dieser entweder nicht identifizieren lässt oder nicht über die nötige Zahlungskraft verfügt. [2]
Gesetzlich ist die Haftung des Verleihers nach §§ 599, 600 BGB geregelt. Anlass für die Haftung des Sammlers kann die nicht rechtzeitige oder ausbleibende Gebrauchsüberlassung der Sammlung sein. Eine Verletzung von Schutzoder Verkehrssicherungspflichten im Rahmen der Gebrauchsüberlassung könnte beispielsweise dann vorliegen, wenn eine Installation in sich zusammenbricht und dabei andere Werke oder Ausstellungsräume beschädigt. [3] Nach § 599 hat der Verleiher grundsätzlich nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Nach
§ 600 BGB haftet der Sammler für einen Fehler der Leihgabe von Sachoder Rechtsmangel nur dann, wenn er diesen arglistig verschwiegen hat. [4] Ein Rechtsmangel könnte beispielsweise dann vorliegen, wenn der Sammler kein Ausstellungsrecht vom Künstler nach § 44 Abs. 2 UrhG erlangt hätte und daher das Werk nicht öffentlich präsentieren dürfte. [5]
Nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 276, 278 BGB haftet das Museum als Entleiher für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. [6] Fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln von Museumsmitarbeitern oder eigenes verschuldetes organisatorisches Versagen hat der Museumsbetrieb selbst zu vertreten. [7] Das Museum haftet beispielsweise, wenn dieses in verschuldeter Weise mit der Rückgabe der Sammlung in Verzug geraten ist (§ 287 S. 2 BGB). [8] Solange es sich aber um einen vertragsgemäßen Gebrauch der Sammlung handelt, hat das Museum Veränderungen oder Verschlechterungen der Sammlungsgegenstände nicht zu vertreten (§ 602 BGB). Dies gilt jedoch nicht im Falle von schuldrechtlichen Pflichtverletzungen oder Fällen von Verlust, Zerstörung oder Vernichtung von Kunstwerken. [9]
Elementare Schadensereignisse wie Flutkatastrophen und Erdbeben sind solche des Schicksals. In der Museumspraxis werden häufig vertragliche Haftungserweiterungen wie die Übernahme von verschuldungsunabhängigen Haftungen bzgl. derartiger Schadensereignisse vereinbart. [10] Diese erweiterten Regelungen beinhalten Risiken, die nicht beherrschbar und unvermeidbar sind. Der Sammler hat insoweit ein berechtigtes Interesse daran, eine Haftung und darüber hinaus auch einen Versicherungsschutz bei Fällen höherer Gewalt zu regeln. [11]
- [1] Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung bei Begehung der Tat und grenzt sich von der fahrlässigen Begehung der Tat ab. Fahrlässig handelt derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die in einer konkreten Situation erwartet wird. Siehe dazu auch Lynen 2013c, S. 167.
- [2] Vgl. Keinath 2008, S. 303.
- [3] Vgl. Weidenkaff 2013, § 599 Rn 2; Weller 2010, S. 137; Kirchmaier 2013, S. 311.
- [4] Vgl. Weidenkaff 2013, § 600 Rn 1; Fischer 2012a, S. 53.
- [5] Vgl. Kirchmaier 2013, S. 311.
- [6] Vgl. Grüneberg 2013, § 276 Rn 10, 12.
- [7] Vgl. Lynen 2013c, S. 164.
- [8] Vgl. Grüneberg 2013, § 287 Rn 1.
- [9] Vgl. Kirchmaier 2013, S. 312; Loschelder u. Müller 2011, S. 100 f..
- [10] Vgl. Fischer 2012a, S. 77 f..
- [11] Vgl. Keinath 2008, S. 306. Im Kontext der Versicherung werden die aufgezeigten Risiken meist durch All-RiskVersicherungen hinreichend gedeckt.