Politische Interessen
Insbesondere durch eine Schenkung oder Verfügung von Todes wegen sowie auch durch eine befristete Kooperation erfährt ein Sammler einen gewissen Nachruhm. Durch die öffentliche Zurschaustellung bleibt der Name des Sammlers mit der Sammlung noch zu Lebzeiten sowie auch nach dem Tod verbunden. Häufig ist in der Geschichte ein Sammler nicht aufgrund seines Vermögens, sondern durch die Kunstsammlung im Nachhinein bekannt geworden. Damit bleibt sein Charakter auf Dauer in der Öffentlichkeit bestehen. [1]
Mit der Überlassung und Übereignung einer Sammlung zeitgenössischer Kunst verbindet sich die Erwartungshaltung, das eigene Ansehen zu stärken.[2] Aktiv beteiligen sich Sammler an der ästhetischen und zudem auch an der politischen Botschaft durch ihre öffentlich präsentierte Sammlung. Der sich wandelnde Blick eines Mäzens orientiert sich an machtpolitischen und statusorientierten Motivlagen. Diese können das Hauptinteresse einer Kooperation darstellen.
„Aspekte wie Prestige, Kunst als gesellschaftliches Ereignis, als intellektuelles Angebot, als Zeichen für Geschmack, geistige Noblesse und Subtilität spielen eine immer dominantere Rolle.“ [3]
Während der private Blick durch eine museale Präsentation der Privatsammlung gezeigt wird, erfährt die Sammlerpersönlichkeit kulturpolitische Anerkennung. Letztlich scheint sich der Fokus darauf zu richten, sich einen Namen gemacht zu haben. [4]
In Abgrenzung dazu werden stets Schenkungen vollzogen und Vermächtnissen von Todes wegen angeordnet, deren Schenker und Erblasser sich ausdrücklich wünschen, nicht genannt zu werden. In Museen befinden sich demnach Sammlungsbestände von Privatsammlern, die unbekannt bleiben. Der Öffentlichkeit wird somit nicht bekanntgegeben, welche Sammlerpersönlichkeiten sich hinter bestimmten Sammlungsbeständen verbergen. [5]
Wie bereits zum Ausdruck gebracht, stehen bei einer privaten Kunstsammlung die Leidenschaft und Kennerschaft im Mittelpunkt der Beschäftigung mit Kunst. Der Spaß und die Lust, etwas Neues zu entdecken, motiviert viele Sammler. Der Prozess des Zusammenstellens einer Sammlung als kulturelle Leistung bietet dem Sammler einen Zugang zu Gleichgesinnten. Durch eine Kooperation mit einem öffentlichen Museum findet der Sammler Zugang zu einem Netzwerk von Museumsdirektoren, Ausstellungsmachern und Kunsthändlern. Gleichzeitig steht er in einer Beziehung zu anderen Sammlern und erfährt unter diesen kompetenten Akteuren Anerkennung. [6]
Die Sammler befinden sich im Spagat. Auf der einen Seite nehmen sie Teil an dem Geschehen auf dem internationalen Kunstmarkt. Sie erhalten Anfragen für Ankaufund Verkaufsoptionen der Auktionshäuser. Indem die Sammler mit dem Kunstmarkt so vertraut sind, viel reisen, sich spezialisiertes Wissen aneignen und Kunst kaufen, genießen sie hohes Ansehen. [7] Auf der anderen Seiten fühlen sich die Sammler den Museen verbunden. Indem die Kunstsammlung in einem öffentlichen Museum gezeigt wird, findet eine Zusammenarbeit zwischen dem Sammler und dem Museumsdirektor statt, die von langfristiger Bedeutung ist. [8] Der Museumsdirektor erfährt von der beeindruckenden Kraft, die der Kunstsammler in seine Sammlung investiert hat. Die Freundschaften, die der Sammler zu Künstlern pflegt, sind in der Sammlung zu lesen. Das heißt, auch hier kann der Sammler befreundete Künstler dem Museumsdirektor vermitteln. Auf diese Art und Weise leitet er eine Kunstförderung im öffentlichen Museumsbereich in die Wege. Auch für die Künstler ist es von Bedeutung, in welcher privaten Sammlung sie vertreten werden. So stellen die museale Ausstellung und die Übereignung einer privaten Sammlung für die vertretenen Künstler eine Chance dar, im klassischen Distributionssystem der Kunst anerkannt zu werden. [9] Künstler erfahren eine Anerkennung durch die Integration ihrer Werke in eine öffentliche Museumssammlung, die vielleicht ohne den Sammler gar nicht zustande gekommen wäre. In diesem Sinne erfährt der Sammler als Kunstförderer Anerkennung und Respekt vor seiner mit Leidenschaft und Akribie aufgebauten Sammlung.
Aus Sicht der Sammler ist es für eine Kunstüberlassung und für eine Kunstübereignung von entscheidender Bedeutung bzw. eine Voraussetzung, dass die Sammlung angemessen und würdevoll präsentiert wird. Es ist nicht unüblich, dass Sammler bei der Ausstellungsgestaltung Mitspracherecht haben. Einige Sammler kuratieren die Dauerausstellungen mit oder gestalten diese eigenständig. Gegebenenfalls fordern Sammler bestimmte Räume des Museums für die eigene Sammlung, die dieser gewidmet werden sollen. Diese Forderungen geben auf gewisse Weise einen Ton an, sodass die Museen in eine Abhängigkeit gedrängt werden können. Aufgrund ihrer Forderungen können einige Sammler genau prüfen, ob und wie sich Museen auf ihre Sammlung einlassen oder nicht. [10] Empfehlenswert ist, dass in beidseitigem Interesse eine gemeinsame Arbeitsgrundlage gefunden wird, damit die private Sammlung dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert werden kann.
- [1] Vgl. Boll 2009, S. 59.
- [2] Vgl. Scheytt 2005, S. 196.
- [3] Til u. von Wiese 2007, S. 12. Siehe nähere Ausführungen zur Rolle des Kunstsammlers 2.4.
- [4] Vgl. Jocks 2011, S. 44.
- [5] Vgl. Boll 2009, S. 59 f..
- [6] Vgl. Til u. von Wiese 2007, S. 11.
- [7] Vgl. Rauterberg 2007, S. 41 f.. Siehe zum Kunstmarkt Kapitel 2.2.
- [8] Vgl. Fischer 2012a, S. 53.
- [9] Vgl. Maak 2011, S. 47; siehe auch Robertson 2005, S. 29.
- [10] Vgl. Kirchmaier 2006, S. 266 f..