Patientenverfügung
Die Patientenverfügung ist in §1901a BGB geregelt (Hell 2013, S. 206). Demnach handelt es sich um eine Patientenverfügung, wenn „ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt [hat], ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt“ (Stascheit 2014, S. 1064).
Eine Patientenverfügung ermöglicht es, für den Fall zukünftiger Einwilligungsunfähigkeit verbindliche Entscheidungen über medizinische Maßnahmen zu treffen und Behandlungswünsche rechtswirksam zu dokumentieren (Vollmann 2012, S. 25).
Damit eine Patientenverfügung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Der Betroffene muss volljährig sein und in dem Moment, in dem er die Patientenverfügung abgefasst hat, bezüglich der in der Patientenverfügung aufgeführten ärztlichen Maßnahmen einwilligungsfähig gewesen sein; die Geschäftsfähigkeit bleibt unberücksichtigt. (Hell 2013,
S. 207; Jürgens 2014b, S. 274). Falls Zweifel daran bestehen, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung einwilligungsfähig war, verliert sie ihre Gültigkeit. Um solchen Zweifeln vorzubeugen, empfiehlt es sich insbesondere für psychisch kranke Menschen, ihre Einwilligungsfähigkeit vorab ärztlich prüfen und dokumentieren zu lassen, denn im Nachhinein ist dieser Beweis schwer zu erbringen. (Vollmann 2012, S. 27-28).
Bei Patientenverfügungen ist es unerheblich, ob jemand unter gesetzlicher Betreuung steht oder nicht (Brosey und Osterfeld 2013, S. 155).
Zwar muss der Betroffene die Patientenverfügung selbst unterschreiben, er kann aber einen Vordruck verwenden (Jürgens 2014b, S. 274-275). Es ist wichtig, dass in der Patientenverfügung konkret benannt wird, in welcher Lebensund Behandlungssituation sie gelten soll und welche medizinischen Maßnahmen gewünscht bzw. abgelehnt werden. (Brosey und Osterfeld 2013, S. 155; Vollmann 2012, S. 28). Von der Patientenverfügung „[u]mfasst sein können [...] alle ärztlichen Maßnahmen der Anamnese, Diagnostik und Therapie [...] und Maßnahmen, die nicht von Ärzten, sondern Angehörigen anderer Heilberufe auf ärztliche Anordnung vorgenommen werden“ (Jürgens 2014b, S. 275). Unter anderem können lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt werden, jedoch darf keine gezielte Tötung verlangt werden (Jürgens 2014b, S. 276-277).
Patientenverfügungen beziehen sich keineswegs nur auf unheilbare somatische Erkrankungen, sondern gemäß §1901a Abs.3 BGB gilt eine Patientenverfügung „unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung“ (Jürgens 2014b, S. 272, 275), sodass auch sämtliche psychische Erkrankungen mit inbegriffen sind (Vollmann 2012, S. 25-26). So kann man z.B. bestimmte psychiatrische Behandlungsformen oder Psychopharmaka ablehnen (Marschner 2008, S. 33; Brosey und Osterfeld 2013, S. 155). Aus ethischer Perspektive ist es begrüßenswert, dass hier körperliches und seelisches Leid gleichermaßen anerkannt und ernst genommen werden (Vollmann 2012, S. 27).
Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden (Hell 2013, S. 207), wobei Uneinigkeit darüber herrscht, ob der Betroffene zum Zeitpunkt des Widerrufs einwilligungsfähig sein muss oder nicht (Jürgens 2014b, S. 277).
Das Vorliegen einer wirksamen Patientenverfügung wird dann wichtig, wenn eine Entscheidung über eine medizinische Maßnahme getroffen werden muss, der Patient jedoch einwilligungsunfähig (geworden) ist. Wenn die aktuelle Lebensund Behandlungssituation auf die Angaben in der Patientenverfügung zutrifft, dann sind die Ärzte und das Pflegepersonal rechtlich an die in der Patientenverfügung genannten individuellen Behandlungswünsche gebunden, auch wenn diese objektiv unvernünftig sind oder der medizinischen Behandlungsindikation widersprechen (Vollmann 2012, S. 28; Brinckmann und Gräbsch 2013, S. 23; Jürgens 2014b, S. 273). Wenn der Betroffene einen gesetzlichen Betreuer hat, ist er auch an die Patientenverfügung gebunden und hat ihr „lediglich noch ‚Ausdruck und Geltung' zu verschaffen“ (Jürgens 2014b, S. 273). Zur Umsetzung einer Patientenverfügung muss aber nicht extra ein Betreuer bestellt werden, weil sie allein bindend ist (Hell 2013, S. 207; Jürgens 2014b, S. 274). Für den Fall, dass keine wirksame Patientenverfügung vorliegt, obliegt die Entscheidung über ärztliche Maßnahmen dem gesetzlichen Vertreter des Betroffenen, also – falls vorhanden – einer bevollmächtigten Vertrauensperson, ansonsten einem gesetzlichen Betreuer, der ggf. auch erst noch bestellt werden muss, wenn bislang noch keine Betreuung bestand (Brosey und Osterfeld 2013, S. 160).