Fußball als Extrem-Sport – Die Unterwanderung des Breitensports als Strategieelement
der extremen Rechten
Alexander Geisler und Martin Gerster
Nach der WM 2014: Neues Öl für ein altes Feuer?
Am letzten Oktobersonntag 2014 sammelten sich 4800 Fußballhooligans und Rechtsextreme zu einem Aufmarsch am Kölner Hauptbahnhof, der in massiven gewalttätigen Auseinandersetzungen gipfelte, bei denen fast 50 Polizeibeamte verletzt wurden. Unter dem Etikett "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) hatte sich in den Weiten des Web 2.0 eine Mobilisierungsmaschinerie in Gang gesetzt, deren Dynamik Politik und Sicherheitsbehörden im Vorfeld offenbar unterschätzt hatten. Getrommelt wurde für die Veranstaltung in allen Teilen des extrem rechten Spektrums, das gemeinsame Motiv der als Islamismuskritik gertarnten Migrantenund Muslimfeindlichkeit lieferte den notwendigen ideologischen Kitt (Geyer, Kölner Stadtanzeiger vom 30. 10.). Unter den aus ganz Deutschland angereisten Teilnehmern waren schließlich mindestens 400 organisierte Rechtsextremisten, auf dem islamophoben Internetportal Politically Incorrect (PI) war im Rückblick die Rede vom "Wunder von Köln", das mit den Montagsdemos der DDR vergleichbar sei.
"Als ein Anfang, der den ersten Montags-Demonstrationen entspricht, durch die das Unrechtsregime der DDR niedergerungen wurde. Und es waren nicht die Intellektuellen, es waren echte Männer, die ihr Gesicht für unser deutsches Vaterland gezeigt haben. (…) Das klare Bekenntnis zu "Deutschlaaaaaaaaaand!" war nach langer Zeit endlich einmal außerhalb eines geschlossenen Stadions zu hören, und "Wir sind das Volk!" hat klargestellt, was schon lange klarzustellen war. Deutschlandfahnen wehten fröhlich und bekannten sich zum Vaterland. Ein Transparent verkündete: "Keine Sharia in Europa!" Auf einem anderen las man das Wort "Heimat" (Politically Incorrect, 26. 10. 2014).
Angemeldet hatte die Veranstaltung Dominik Roeseler, für Rechtsaußen-Partei PRO NRW im Stadtrat von Mönchengladbach, es spielte die rechtsextreme Bremer Rockband Kategorie C (vgl. Blaschke 2011), benannt nach der polizeilichen Einstufung gewaltsuchender Fußballfans.
Überschneidungen zwischen Rechtsextremisten und Hooligans sind in dieser Form zwar nichts Neues, die sich andeutende strategische Vernetzung mit weiteren Teilen des rechten Spektrums stellt aber von Neuem die Frage nach der Instrumentalisierung des Fußballumfelds durch die extreme Rechte. Der Sport mobilisiert – und polarisiert – in der ganzen politischen Bandbreite der Gesellschaft. Und er wird auch jenseits der neu entflammten Debatte um rechten Hooliganismus dazu genutzt, gesellschaftliche Ausgrenzung zu überwinden und – dies speziell mit Blick nach auf die politische Rechte – einen Konnex zwischen fußballerischem Erfolg und nationaler Selbstfindung zu betonen.
Entsprechend griff beispielsweise die umstrittene (neu)rechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" den jüngsten deutschen Weltmeistertitel auf, um ihn geschichtspolitisch auszudeuten:
"Es ist ein Siegertitel, der das Rückgrat des deutschen Volkes ein Stück weiter aufrichten wird: quasi ein neuer Nackenwirbel gegen den Büßergang durch die Geschichte eines von Selbsthassern so genannten "Tätervolkes". (…) Der Stolz auf die eigenen Leistungen, die Nation wächst, während die Arbeitslosenrate sinkt, die Wirtschaft stabil dasteht. Leidenschaft und Perfektion, deutsche Urtzgenden brechen sich Bahn. Auch wenn das selbsternannten ›Antinationalisten‹, moralinsauren 68ern oder einfach den Deutschhassern nicht behagt." (Harlass 2014: 1)