Übergang von der Schule in die berufliche Grundbildung
Frühere Studien zeigen, dass sich bei Erwachsenen nach Antritt einer neuen Stelle die wahrgenommene Passung verändert (Kammeyer-Mueller & Wanberg, 2003). Eine Veränderung der wahrgenommenen Passung erfolgt aufgrund neuer Erfahrungen, die durch den Verlauf der betrieblichen Sozialisation beeinflusst sind. Mit der betrieblichen Sozialisation sind Anpassungsprozesse an die neue soziale Situation angesprochen, die auf den Bemühungen der Lernenden oder des Lernenden beruhen, sich in den Ausbildungsbetrieb zu integrieren und auch den Bemühungen des Ausbildungsbetriebs, die Lernenden zu integrieren.
Der Berufswahlprozess und der Übergang in die berufliche Grundbildung umfassen mehrere Phasen, so dass die wahrgenommene Passung mit dem Lehrberuf auf unterschiedlichen Erfahrungen und Aktivitäten beruht, die auch Bewerbungs- und Selektionsverfahren umfassen (Herzog, Neuenschwander, & Wannack, 2001, 2006). Die wahrgenommene Passung mit dem Lehrberuf dürfte daher auf vielfältigen und realistischen Informationen über den Lehrberuf und den Ausbildungsbetrieb basieren. Je realistischer Informationen über den zukünftigen Beruf und Betrieb sind, desto leichter fällt die Anpassung in den ersten Monaten in der neuen Organisation (Werbel, Landau, & DeCarlo, 1996). Realistische Information heisst, dass sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte eines Berufs oder Betriebs bekannt sind und in die Berufswahl einfliessen. Dieser realistische Blick auf den zukünftigen Beruf ist vielen Jugendlichen möglich, da sie umfassende Informationen verfügbar haben und in der Regel auch Schnupperlehren absolvieren. Diese Ausganslage und Ergebnisse früherer Studien zum Übergang von der Schule in eine Ausbildung auf Sekundarstufe II (Neuenschwander, 2007) lassen deshalb vermuten, dass sich die im Berufswahlprozess erarbeitete wahrgenommene Passung mit dem Lehrberuf beim Eintritt in die berufliche Grundbildung unmittelbar nur wenig verändern dürfte. Es konnte gezeigt werden, dass ein starker Rückgang der wahrgenommenen Passung vor allem dann auftritt, wenn wenig Wissen über den zukünftigen Beruf und den Betrieb vorliegt oder die Erwartungen vor dem Eintritt in die Organisation unrealistisch hoch waren (Jones, 1986; Taris et al., 2006). Obwohl die Entscheidung für eine berufliche Grundbildung auf unvollständigen Informationen beruht (Neuenschwander & Hermann, 2014), haben die Jugendlichen im Berufswahlprozess in der Regel eine gute Vorstellung über den zukünftigen Beruf erworben. Der Wahl der beruflichen Grundbildung geht in der Regel eine intensive Phase der Berufserkundung und Berufsfindung voran, weshalb wir annehmen, dass die Schülerinnen und Schüler unmittelbar vor Beginn der beruflichen Grundbildung viel Wissen über den Beruf haben und ihre Erwartungen aufgrund der Selektionsmechanismen nicht überhöht sind.
Hypothese 1: Die Stärke der wahrgenommenen Passung der Jugendlichen mit dem Lehrberuf wird sich beim direkten Übergang von der Schule in die berufliche Grundbildung im ersten Monat nicht verändern.
Für die berufliche und betriebliche Sozialisation stellen der Beginn der beruflichen Grundbildung und die ersten Monate in der Ausbildung wichtige Phasen dar. Allfällige Probleme, die später zu Konflikten und Lehrabbrüchen führen können, beginnen sich bereits in dieser frühen Phase abzuzeichnen (Berweger, Krattenmacher, Salzmann, & Schönenberger, 2013; Schmid, 2010). Die Stärke der wahrgenommenen Passung mit dem Lehrberuf verändert sich abhängig von den Erfahrungen und den betrieblichen Sozialisationsprozessen (Kammeyer-Mueller, Wanberg, Rubenstein, & Song, 2013). Es kann deshalb vermutet werden, dass es unterschiedliche Entwicklungsverläufe der wahrgenommenen Passung mit dem Lehrberuf gibt. Die wahrgenommene Passung mit dem Lehrberuf kann beim Übergang von der Schule in den Lehrbetrieb steigen oder sinken. Sie kann zudem auch im weiteren Verlauf der beruflichen Grundbildung steigen oder sinken.
Hypothese 2: Es können unterschiedliche Entwicklungsverläufe der wahrgenommenen Passung mit dem Lehrberuf identifiziert und beschrieben werden.