Betriebliche Ausbildungsqualität
Die Forschung zur betrieblichen Ausbildungsqualität hat in den letzten 15 Jahren an Bedeutung gewonnen (Gonon, 2002; Ebbinghaus, Tschöpfe & Velten, 2011; Krewerth & Beicht, 2011). Gleichwohl muss der Forschungsstand weiterhin als überschaubar, teils fragmentiert bezeichnet werden, was angesichts der Vielzahl an erlernbaren Berufen und sonstigen Bildungsgängen im beruflichen Bereich bei einer gleichzeitig geringen Anzahl entsprechender Forschungseinrichtungen nicht überrascht (Rausch, 2011).
Zum Thema „Qualität“ samt der entsprechenden Wortverbindungen wie z.B. „Qualitätssicherung“ oder „Qualitätsmanagement“ existiert eine heute kaum mehr zu überblickende Zahl an Veröffentlichungen. Die Mehrheit der Beiträge ist dabei anwendungsbezogen und kaum theoriebasiert (Gonon, 2008). Widmet man sich dem Qualitätsbegriff unter wissenschaftlicher Perspektive, so kommt man um eine begründete Reflexion der Beschaffenheit des Gegenstands kaum herum. Wichtigen Referenzcharakter haben insofern die wenigen kritisch-reflexiven Beiträge, die sich mit den konzeptuellen Zugängen zum Gegenstand auseinander setzen. Heid (2000) legt in diesem Zusammenhang zentrale Denkvoraussetzungen für eine konzeptuelle Bestimmung von Qualität vor. Er verweist darauf, dass es sich bei Qualitätseinschätzungen letztlich immer um Zuschreibungen handelt. Im Unterschied zum häufig alltagssprachlichen Gebrauch sei Qualität eben gerade keine beobachtbare Eigenschaft oder Beschaffenheit eines Gegenstands, sondern vielmehr „das Resultat einer Bewertung der Beschaffenheit eines Objektes“ (ebd., S. 41). Diesen Beurteilungen liegen Kriterien zugrunde, die beschrieben, begründet und damit intersubjektiv nachvollziehbar sein sollten. Die Auswahl der Kriterien ist jeweils von individuellen oder kollektiven Interessen (Perspektiven) abhängig. So könnten beispielsweise Berufsbildner/innen die richtige Vermittlung von Arbeitstechniken als gute Ausbildungsqualität verstehen, während Auszubildende als eine gute Ausbildung nicht nur eine fehlerfreie Vermittlung von Arbeitstechniken, sondern auch und besonders die Vermittlungsart als Ausdruck von Qualität verstehen. Betriebsverantwortliche hingegen könnten ganz andere Kriterien in Betracht ziehen und als gute Ausbildungsqualität eine hohe Übernahmequote im Anschluss an die erfolgreich absolvierte Ausbildung betrachten. Alle diese Personen entwickeln eine spezifische Perspektive auf Qualität und definieren diese auch anders, was dazu führt, dass sich ein deckungsgleiches Verständnis des Gegenstandes nicht etablieren kann (Ebbinghaus et al., 2011).
Im Kontext der Sicherung und Entwicklung von Ausbildungsqualität wird dabei gehäuft ein zweckorientiertes Verständnis angewendet: Ausbildungsqualität wird demzufolge nach dem Ausmass beurteilt, in dem die Ausbildung ihren Zweck erfüllt (Harvey & Green, 2000; Krewerth & Beicht, 2011). Daraus folgt, dass die „gute“ Ausbildung im Sinne einer bestimmten Methode oder eines bestimmten Stils nicht existiert, da unterschiedliche Lernziele bzw. Zwecke auch unterschiedliche Lehr-Lern-Szenarien erfordern (Helmke, 2012), oder wie Gonon (2006) betont, „[wird] Qualität vor Ort, situationsbezogen und von Fall zu Fall bestimmt“ (S. 561).