Einleitung
Im Zuge des technologischen Fortschritts und des demographischen Wandels verändern sich auch die Anforderungen an das Arbeitskräftepotential. Einerseits besteht ein hoher Bedarf an (hoch)qualifizierten Arbeitskräften. Es erstaunt deshalb kaum, dass der Anteil von Personen zwischen 25 und 64 Jahren mit einem tertiären Bildungsabschluss (tertiär A oder B) in der Schweiz stetig zunimmt und derzeit bei 39% liegt (BFS, 2013). Andererseits ändert sich auch die Nachfrage nach den verschiedenen Qualifikationen und es ist insbesondere zu vermuten, dass die Kombination von beruflichen und akademischen Ausbildungsinhalten an Bedeutung gewinnt. So haben in der Schweiz 21% aller Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss einen gemischten, d.h. berufliche und akademische Ausbildungen umfassenden Bildungspfad gewählt. [1] Allerdings ist bisher kaum erforscht, wer einen gemischten und wer einen rein berufliche bzw. rein akademische Ausbildungsinhalte umfassenden Bildungspfad wählt. Dies ist Gegenstand des vorliegenden Beitrages.
Wir untersuchen diese Frage für die Schweiz, wo es eine grosse Vielfalt an Bildungspfaden gibt. So zeichnet sich das Schweizerische Bildungssystem als Ganzes, als auch das Berufsbildungssystem im Besondern, durch eine hohe Flexibilität, Vielfältigkeit und Durchlässigkeit aus (Culpepper, 2007; Barabasch, Scharnhorst, & Kurz, 2009; Rohrer & Trampusch, 2011). Die besondere Beschaffenheit des schweizerischen Bildungssystems ermöglicht so jugendlichen Entscheidungsträgern eine breite Palette an Bildungsmöglichkeiten.
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen und nicht-europäischen Ländern gibt es in der Schweiz – neben der klassischen akademischen Ausbildung – einen staatlich regulierten beruflichen Bildungszweig. Die bedeutende Anzahl von Personen, die ihren ursprünglichen Bildungspfad verlassen und akademische und berufliche Ausbildung kombinieren, dürfte dabei einerseits damit zusammenhängen, dass der Durchlässigkeit des schweizerischen Bildungssystems eine hohe Bedeutung beigemessen wird und diese entsprechend gefördert wird. Andererseits dürfte auch die frühe Selektion der jungen Menschen in den beruflichen oder akademischen Bildungszweig eine Rolle spielen. Obschon diese frühe Selektion in der politischen Diskussion oft als Nachteil aufgeführt wird, haben aber Tuor & Backes-Gellner (2010) zeigen können, dass diese gemischten Bildungspfade hinsichtlich der Bildungsrendite mehr als konkurrenzfähig sind mit den anderen Bildungspfaden. Dies vor allem deshalb weil das schweizerische Bildungssystem recht durchlässig ist, auch wenn die Kombination von beruflichen und akademischen Ausbildungsinhalten durchaus noch mit Hürden verbunden sein mag. Backes-Gellner, Tuor, & Wettstein (2010) finden zudem, dass die Kombination von beruflichen und akademischen Ausbildungsinhalten für Unternehmer von Vorteil ist. In der vorliegenden Studie soll vor diesem Hintergrund für die Schweiz der Frage nach den Determinanten der verschiedenen eingeschlagenen Bildungspfade nachgegangen werden.
Theoretische Überlegungen lassen vermuten, dass bei der Wahl eines Bildungspfades insbesondere sozioökonomische, familiäre und politische Faktoren eine Rolle spielen dürften. Aufgrund der uns für die Schweiz derzeit zur Verfügung stehenden Datenbasis fokussieren wir uns auf familiäre Faktoren und analysieren den Zusammenhang zwischen dem Ausbildungsabschluss der Eltern und der Wahl eines bestimmten Bildungspfades. Zur Beantwortung dieser Frage unterscheiden wir zwischen Personen mit rein beruflichen Bildungspfaden, d.h. Personen, die ausschliesslich berufliche Ausbildungen absolviert haben, Personen mit rein akademischen Bildungspfaden, d.h. Personen, die ausschliesslich akademische Ausbildungen absolviert haben und Personen mit gemischten Bildungspfaden, d.h. Personen, die nach dem Start in einer Ausbildung auf dem beruflichen bzw. akademischen Bildungszweig in einem späteren Schritt auf den jeweils anderen Bildungszweig gewechselt haben. Hinsichtlich der elterlichen Bildungen wird neben dem Ausbildungsniveau ebenfalls der Ausbildungstyp (beruflich vs. akademisch) berücksichtigt. Wir vermuten, dass der Ausbildungsabschluss der Eltern, insbesondere für frühe Bildungsentscheidungen einen wesentlichen Einfluss auf den Bildungspfad ausübt. Mögliche Gründe hierfür sind die Erblichkeit intellektueller Fähigkeiten, die Investitionen hinsichtlich der Ausbildung und die Aktivitäten in Zusammenhang mit der Ausbildung.
Neben den familiären Faktoren werden in der vorliegenden Studie auch Sprachregion- und Kohorteneffekte kurz angeschnitten. Einerseits wird untersucht, ob sich die verschiedenen Bildungspfade und insbesondere die Häufigkeit von gemischten Bildungspfaden systematisch zwischen den verschiedenen Regionen in der Schweiz unterscheidet. So ist die Tradition der beruflichen Ausbildung in der deutschsprachigen Region deutlich stärker ausgeprägt als in den französischsowie italienischsprachigen Regionen. [2] Interessant ist dabei die Frage, in welchen Regionen eher vom ursprünglich eingeschlagenen Bildungspfad abgewichen wird.
Andererseits analysieren wir Kohorteneffekte. Dies deshalb, weil jüngere Bildungsreformen (Einführung Berufsmaturität und Passerelle Berufsmaturität – Universitäre Hochschulen) darauf abzielen die Durchlässigkeit und Flexibilität des Bildungssystems zu fördern. So können heute leistungsstarke Jugendliche ihre beruflichen Fähigkeiten mit vertieften Kenntnissen ergänzen (BBT, 2012, S. 3; Grob, Leu, & Kirchhoff, 2007). Somit ist grundsätzlich zu erwarten, dass Kombinationen von akademischen und beruflichen Ausbildungsinhalten für Jugendliche aus jüngeren Kohorten mit geringeren Hürden verbunden sind und deshalb gemischte Bildungspfade mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten dürften.