Hintergründe der Organisatoren
Während sich PEGIDA stets als Veranstaltung "normaler Bürgerinnen und Bürger" zu inszenieren versucht, sind daran mit Blick auf die Organisatoren erhebliche Zweifel anzumelden. Hinter PEGIDA steht ein Organisationsteam aus zwölf Personen. [1] Öffentlich bekannt sind dabei durch ihre Reden auf den PEGIDA-Demonstrationen in erster Linie Lutz Bachmann sowie Kathrin Oertel. Bereits recht frühzeitig wurde das kriminelle Vorleben von Lutz Bachmann in Medienberichten thematisiert. Dazu gehörten Eigentumsdelikte, Fahren ohne Führerschein, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Auftragseinbrüche für das Dresdner Rotlichmilieu und nicht zuletzt eine Flucht nach Südafrika, mit der er sich einer dreijährigen Haftstrafe zu entziehen versuchte (Hach 2014).
Aber auch inhaltlich fand eine Auseinandersetzung über die Vorgeschichte einzelner Mitglieder des PEGIDA-Organisationsteams statt. Der Spiegel berichtete beispielsweise über die massiven rassistischen Wortäußerungen des ehemaligen FDP-Mitglieds Siegfried Däbritz, der in einer internen Facebook-Gruppe der PEGIDA-Organisatoren Muslime als "mohammedanische Kamelwämser" und "Schluchtenscheißer" beschimpfte. Auch der ehemalige Meißener CDU-Stadtrat Thomas Tallacker war bereits zuvor durch rassistische Wortäußerungen aufgefallen. Beispielsweise hetzte er im Sommer 2013 auf Facebook gegen Asylbewerber und legte in der Folge auf Druck seiner Partei sein Stadtratsmandat nieder (Der Spiegel 2015a).
Von Lutz Bachmann tauchten schließlich Fotos auf, die ihn in einem T-Shirt der "Identitären Bewegung" zeigen (n-tv 2015), einer völkisch nationalistischen Gruppierung, die ursprünglich in Frankreich entstand und auch Nachahmer in der Bundesrepublik findet. Teil des Selbstverständnisses der Identitären Bewegung ist auch der Kampf gegen die vermeintliche Islamisierung Europas. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass achtzehn Anhänger der Identitären Bewegung am Rande der PEGIDA-Demonstration am 05. 01. 2015 unerlaubt in den Sächsischen Landtag eindrangen (Federl 2015). Da zeitgleich auch Fotos von Bachmann, die ihn mit Hitler-Frisur zeigen, und diverse von ihm getätigte rassistische Äußerungen auftauchten, trat Bachmann schließlich am 21. 01. 2015 als Organisator der PEGIDA-Demonstrationen zurück. Unter anderem hatte er Ausländer als "Viehzeug", "Gelumpe" und "Dreckspack" bezeichnet (Der Spiegel 2015b). Pikant daran war auch, dass die AfD Bachmanns Rücktritt bereits per Pressemitteilung verkündete, bevor dieser seinen Schritt selbst bekannt gegeben hatte. Die Pressemitteilung wurde nach wenigen Minuten von der AfD wieder zurückgezogen. Die Frage nach der politischen Verbandelung zwischen AfD und PEGIDA stellt sich damit jedoch umso deutlicher (Sächsische Zeitung online 2015).
Am 28. Januar 2015 traten schließlich Kathrin Oertel und vier weitere Mitglieder des PEGIDA-Organisationsteams zurück. Offenbar ging es dabei auch um die Rolle Bachmanns, der trotz des verkündeten Rücktritts im Organisationsteam verbleiben wollte (Der Spiegel 2015c). Die für den 2. Februar 2015 bereits angemeldete Demonstration wurde daraufhin wieder abgemeldet. Nur einen Tag nach Oertels Rücktritt wurde bereits über die Gründung eines neuen Bündnisses durch die zurückgetretenen PEGIDA-Organisatoren spekuliert, das sich politisch näher an der CDU orientieren wolle (Schlottmann/Saft 2015). Ex-PEGIDA-Organisator René Jahn trat am 29. 01. 2015 vor die Presse und kündigte an, dass auch das neue Bündnis gedenke, künftig montags demonstrieren zu gehen (mdr 2015). Bereits am 02. Februar 2015 waren diese Ankündigungen von Jahn hinfällig. In einer neuerlich einberufenen Pressekonferenz verkündete Kathrin Oertel, dass die Gründung eines neuen Vereins geplant sei, der den Namen "Direkte Demokratie für Europa" tragen soll. Zudem kündigte sie an, dass die geplanten Demonstrationen nicht in Konkurrenz zu den PEGIDA-Demonstrationen stattfinden sollen, und deshalb die eigenen Demonstrationen sonntags stattfinden sollen. Zur politischen Verortung kündigte sie an, der Verein liege rechts neben der CDU (Radau: 2015). Damit könnte ein Ziel des neuen Vereins sein, sich als eine Art Vorfeldorganisation der AfD zu etablieren.
Bereits zuvor hatte es Streit mit LEGIDA, dem Leipziger PEGIDA-Ableger gegeben. Im Vorfeld der LEGIDA-Demonstration am 21. Januar 2015 wurde von Kathrin Oertel öffentlich erwogen, gegen LEGIDA eine Unterlassungsklage anzustrengen, weil diese sich geweigert hätten, den Forderungskatalog von PEGIDA zu übernehmen (tagesschau.de 2015a). Bereits am 25. Januar 2015 demonstrierten PEGIDA und LEGIDA jedoch bereits wieder Einigkeit, trotz der deutlich offensichtlicheren Rechtslastigkeit von LEGIDA. Das LEGIDA-Organisationsmitglied Silvio Rösler trat als Gastredner bei PEGIDA auf und erklärte die Differenzen für beigelegt.
Es gibt noch weitere Hinweise auf Verbindungen in extrem rechte Kreise bzw. eine große politische Nähe von Mitgliedern des PEGIDA-Organisationsteams zu Akteuren der extremen Rechten. Die Medien werden von den Organisatoren während der Demonstrationen und den Demonstrationsteilnehmern regelmäßig pauschal als "Lügenpresse" diffamiert. In der Vergangenheit hat das Organisationsteam von PEGIDA den Kontakt zu seriösen Medien deshalb weitgehend gemieden. Ausnahmen bildeten bislang im Wesentlichen die Teilnahme von Kathrin Oertel an der TalkSendung von Günther Jauch am 18. 01. 2015 und die Durchführung einer Pressekonferenz am 19. 01. 2015.
Vor diesem Hintergrund ist es auffallend, gegenüber welchen Presseorganen der faktische Medienboykott der PEGIDA-Organisatoren nicht galt. Bereits am 31. 10. 2014 gab Lutz Bachmann der Zeitschrift "Blaue Narzisse" ein Interview (Schüller 2014). Am 05. 12. 2014 folgte ein Bachmann-Interview in der Wochenzeitung "Junge Freiheit" (Schwarz 2014), am 11. 01. 2015 standen Kathrin Oertel und René Jahn "bluNews" (blu-News 2015) Rede und Antwort. Das Interview wurde in der PEGIDAFacebook-Gruppe mit den Worten beworben "Es gibt in unseren ›Breitengraden‹ auch noch wahrheitsgetreuen Journalismus! Unser Dank geht an ›BLU NEWS‹ für dieses Interview!!! BITTE TEILEN TEILEN TEILEN!!! Euer ORGA TEAM" (PEGIDA 2015).
Alle drei Medienorgane können der so genannten Neuen Rechten und somit einer im Kern antidemokratischen politischen Strömung zugerechnet werden. Vorsitzender des "blu e. V.", dem Betreiber von blu-News, ist Christian Jung, ehemaliger Landesvorsitzender in Bayern der extrem rechten Partei "Die Freiheit". Jahn und Oertel hatten zuvor lediglich dem mdr am 08. 12. 2014 ein Interview gegeben (mdr 2014a), Bachmann der Dresdner Regionalausgabe der BILD-Zeitung am 01. 12. 2014 (Fischer 2014). Weshalb gerade gegenüber dem mdr und der BILD-Zeitung Ausnahmen gemacht wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit klären. Im Falle der BILD-Zeitung fällt jedoch schon eine gewisse Distanzlosigkeit in der Interviewführung auf. Darüber hinaus hatte die BILD-Zeitung ein Thema, das von PEGIDA bei den Demonstrationen gespielt wurde, maßgeblich mit vorbereitet [2]. Zudem hatte sich Lutz Bachmann in der Vergangenheit gelegentlich als BILD-Leserreporter betätigt, einen Umstand, den der Verlag bei Bekanntwerden herunterspielte (Meisner 2014).
- [1] Eine vollständige Übersicht über die zum Organisationsteam gehörenden Personen hat kürzlich die Facebook-Seite von PEGIDA#watch gegeben, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, über die Hintergründe von PEGIDA zu informieren. Die ursprünglich mitveröffentlichten Informationen über das Beziehungsgefl ht der Organisatoren von PEGIDA ins extrem rechte Spektrum wurden wieder entfernt mit Verweis auf reale Bedrohungssituationen, die sich seit der Veröffentlichung eingestellt hätten. Die Übersicht des Organisatorenteams von PEGIDA kann hier abgerufen werden: https:// facebook.com/pegidawatch/photos/a.656696554439972.1073741828.656545977788363/69332282 4110678/?type=1&theater.
- [2] Mehr dazu im Abschnitt 2.3 Ideologische Grundlagen und Versatzstücke von PEGIDA.