Kulturpolitische Rahmenbedingungen des Kulturmanagements
Kultur dient nicht nur der Unterhaltung, der Verschönerung des öffentlichen Raumes und der Befriedigung individueller ästhetischer Bedürfnisse. Sie eröffnet der Gesellschaft auch die Möglichkeit der Orientierung und der Weiterentwicklung und bietet dem Individuum die Chance zur gerechten Teilhabe an den aktuellen Debatten. Kultur ist damit notwendig, um ein funktionsfähiges Gemeinwesen zu organisieren und lebendig zu halten. Daraus kann grundsätzlich die Förderung von Kunst und Kultur als wesentliche Aufgabe staatlichen Handelns abgeleitet werden.
Vertrag von Lissabon, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und Verfassungen der Länder
Der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene so genannte Vertrag von Lissabon (Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) vermeidet wie seine Vorgängerdokumente eine Begriffsdefinition von Kultur. Dadurch soll vor allem sichergestellt werden, dass die europäischen Förderprogramme mit einem weit reichenden Kulturverständnis arbeiten können. Der Vertrag von Lissabon wertet aber die Kultur als Element des europäischen Einigungsprozesses nachhaltig auf. Insbesondere fügt er in die die Werte und Ziele der EU enthaltende Präambel des Vertrags über die Europäische Union folgenden Wortlaut als zweiten so genannten Erwägungsgrund ein: „schöpfend aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben …“. Außerdem werden der Reichtum der „kulturellen und sprachlichen Vielfalt“ und der „Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas“ (Artikel 2) explizit unter die Ziele der Europäischen Union aufgenommen.
Darüber hinaus behält der frühere EG-Vertrag, der mit dem Vertrag von Lissabon in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ umbenannt wurde, seine Gültigkeit. Dessen Kulturartikel (Artikel 151) trifft zur europäischen Politik auf dem Kultursektor wesentliche Aussagen:
• Die nationale und regionale Vielfalt und das gemeinsame kulturelle Erbe sind die wichtigsten Grundlagen der europäischen Kulturpolitik. Auf dieser Basis soll sowohl die Vielfalt bewahrt und gefördert als auch die gemeinsame Kultur gestärkt werden. Die Kulturpolitik der Mitgliedsstaaten hat gegenüber gemeinsamen Aktivitäten den Vorrang, weshalb der Text auch die Pluralform „Kulturen“ benutzt und die Bemühungen der EU mit der Formulierung „einen Beitrag leisten“ umschreibt.
• Die Gemeinschaft fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten (vor allem durch Austausch-, Kooperationsund Informationsprogramme) und unterstützt und ergänzt deren Tätigkeit in den Bereichen Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker, Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung, nichtkommerzieller Kulturaustausch sowie künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich des audiovisuellen Bereichs.
• Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere mit dem Europarat. Damit wird der Europäischen Union die Möglichkeit einer gemeinsamen auswärtigen Kulturpolitik eröffnet.
• Mit der so genannten Kulturverträglichkeitsklausel („Die Gemeinschaft trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen dieses Vertrages den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt der Kulturen“) verpflichtet sich die Europäische Union, kulturelle Belange auf allen Feldern ihrer Politik zu berücksichtigen. Praktische Bedeutung erlangt diese explizite Festlegung des Stellenwerts der Kultur als Querschnittsaufgabe vor allem durch die Möglichkeit der Einschränkung des freien Warenverkehrs mit dem Ziel des Schutzes der Vielfalt der Kulturen.
• Kulturpolitische Fördermaßnahmen werden nur nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten erlassen. Das Prinzip der Subsidiarität wird damit als verbindlich betont.
Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) kommt der Begriff der Kultur lediglich an vier Stellen – in den Artikeln 23, 29, 73 und 89 – im Rahmen von Aufzählungen zur Festlegung von Zuständigkeiten vor. Eine inhaltliche Aussage zur Kultur als öffentlicher Aufgabe erfolgt im Grundgesetz nicht.
Allerdings postuliert Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Dieses Grundrecht sichert unter anderem der Kunst und der Wissenschaft die Freiheit der Entfaltung zu und verpflichtet den Staat zur Abwehr von Freiheitsstörungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und der allgemeinen Expertenmeinung wird damit jedoch nur das individuelle Freiheitsrecht jedes einzelnen in Kunst und Wissenschaft Tätigen gewährleistet. Eine explizite allgemeine Schutzund Förderverpflichtung für die Kunst ist damit nicht gegeben.
Vor diesem Hintergrund befasste sich die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (2005–2009) erneut mit der Forderung, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Im Ergebnis wiederholte und bekräftigte sie auf der Grundlage eines wiederum einstimmigen Beschlusses der Fraktionen die Empfehlung ihrer Vorgängerinstitution aus der vorangegangenen Wahlperiode, in das Grundgesetz einen Artikel 20b mit der Formulierung „Der Staat schützt und fördert die Kultur“ (Deutscher Bundestag 2007, S. 68) aufzunehmen.
Diesen einstimmigen und wiederholten Appell aller Fraktionen brachte die FDP-Fraktion im Januar 2006 als Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag ein. Dessen Begründung nimmt ausdrücklich auf die Arbeit der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ und die in diesem Rahmen erfolgte Auswertung der mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen namhafter Staatsrechtslehrer Bezug.
Darüber hinaus führte die Begründung des Gesetzentwurfs aus: „Die Kultur in allen ihren Erscheinungsformen bildet die Grundlage für die geistigen und ideellen Dimensionen menschlichen Daseins. Ohne den Schutz und die Förderung des Staates ist es unmöglich, das kulturelle Angebot in Deutschland in seiner ganzen, historisch gewachsenen Breite und Vielfalt zu erhalten. Eine verlässliche staatliche Finanzierung der Kultur bildet zugleich die Grundlage dafür, dass sich die Zivilgesellschaft für eine zusätzliche Förderung von Kunst und Kultur engagieren kann. In zunehmendem Maße gerät die öffentliche Finanzierung der Kultur jedoch unter Druck. Dies schlägt sich nicht zuletzt in zurückgehenden Kulturausgaben insbesondere der Länder und Kommunen nieder. Wurden 2002 noch 8,3 Mrd. € für die Kultur von staatlicher Seite ausgegeben, waren es 2004 nur mehr 8,0 Mrd. €. Die Ergänzung des Grundgesetzes um das Staatsziel Kultur ist ein wichtiges rechtliches und politisches Signal dafür, welchen besonderen Stellenwert der Staat der Kultur einräumt. Insbesondere auf kommunaler Ebene ist das Staatsziel Kultur bei Ermessensund Abwägungsentscheidungen ein gewichtiges Argument, angesichts knapper werdender Haushaltsmittel neben den Pflichtaufgaben zu bestehen. Wenngleich sich aus dem Staatsziel Kultur keine unmittelbaren Ansprüche ableiten lassen, ist es doch vom Gesetzgeber zu beachten und bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzen, insbesondere bei solchen mit Ermessensspielräumen, zu berücksichtigen. Mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 1 GG und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere in Artikel 20a enthält das Grundgesetz bereits einige Staatszielbestimmungen. Der Tierschutz wurde erst in der 14. Wahlperiode ergänzt. … Der Begriff des ‚Staates' bezieht sich in diesem Zusammenhang auf alle Träger öffentlicher Gewalt, sei es auf Bundes-, auf Landesoder auf kommunaler Ebene. Auf das Kompetenzgefüge von Bund und Ländern ist die Ergänzung des Grundgesetzes ohne Auswirkung. Die Kulturhoheit der Länder wird dadurch nicht berührt und es werden keine ungeschriebenen Gesetzgebungsoder Verwaltungskompetenzen geschaffen“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/387, S. 3).
Die mit diesem Gesetzentwurf angestoßene Debatte – und nicht zuletzt deren Dauer – spiegeln das gesamte Spektrum der Positionen zu dieser Thematik wider. Der federführende Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages kam nach drei Beratungen über den Gesetzentwurf zwischen April 2006 und April 2009 zu dem Ergebnis, dem Bundestag die Ablehnung vorzuschlagen. Der mitberatende Sportausschuss und der mitberatende Ausschuss für Kultur und Medien empfahlen mehrheitlich ebenfalls eine Ablehnung des Antrages. Während die Fraktion der FDP die Begründung ihres Antrages wiederholte, wies die Fraktion der SPD darauf hin, dass in ihrem Wahlprogramm nicht nur die Förderung des Staatsziels Kultur enthalten sei, sondern auch die Forderung nach dem Staatsziel Sport und nach Kinderrechten. Sie strebe deshalb eine Verankerung der genannten Staatsziele „aus einem Guss“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 16/12843, S. 3) an. Der Gesetzentwurf sei daher in seiner Reichweite zu begrenzt und werde sich für die Verwirklichung der übrigen Staatsziele eher als hinderlich erweisen, weshalb er abzulehnen sei. Innerhalb der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen sorgte das Thema für eine rege Debatte. Vor allem die Rechtspolitiker äußerten sich zurückhaltend gegenüber jeglicher Benennung neuer Staatsziele. Eine einheitliche Position konnte nicht erreicht werden, weshalb die Fraktion ankündigte, sich im Deutschen Bundestag bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf zu enthalten. Die Fraktion der CDU/CSU hob ihre ausgeprägte Skepsis gegenüber jeglichen Staatszielerwägungen hervor. Vor dem Hintergrund des anstehenden 60. Jahrestages der Einführung des Grundgesetzes warnte sie vor einer Verwässerung der Verfassung durch die Aufnahme von weiteren Staatszielen. Selbst bei Anlegung eines differenzierten Maßstabs und einer individuellen Abwägung in Bezug auf jedes einzelne Staatsziel sprächen keine starken Argumente für die Verankerung des Staatsziels Kultur, da die Verfassungen der Länder dieses formulierten. Bei den Ländern lägen auch die entsprechenden Kompetenzen.
Unter diesen Umständen erwartungsgemäß lehnte der Deutsche Bundestag am 19. Juni 2009 den Gesetzentwurf für eine Verankerung des Schutzes und der Förderung der Kultur als Staatsziel im Grundgesetz mit den Stimmen der die Regierungskoalition bildenden Fraktionen der CDU/CSU und der SPD ab. Die Fraktion der FDP und Die Linke sowie eine Abgeordnete der Grünen stimmten für den Antrag, die überwiegende Mehrheit von Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.
Dr. Jürgen Gehb (CDU) begründete die Ablehnung des Antrags durch seine Fraktion damit, dass das praktische Handeln besser sei als das Aufnehmen symbolischer Formulierungen in Gesetzestexte: „Die Kultur wird auch weiterhin gefördert, es kommt nicht darauf an, ob es im Grundgesetz steht.“ Zudem warnte der Abgeordnete vor einer Überfrachtung des Grundgesetzes mit Staatszielen: „Finger weg vom Grundgesetz, wenn es nicht zwingend erforderlich ist“ (Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 228. Sitzung, Berlin, Freitag, den 19. Juni 2009, Plenarprotokoll 16/228, S. 25473).
Die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Dr. Lukrezia Jochimsen, betonte mit Verweis auf andere europäische Staaten die Wichtigkeit des Staatsziels Kultur: „Spanien, Polen und die Schweiz geben der Kultur in der Präambel ihrer Verfassungen einen herausragenden Platz.“ Aus Krisenzeiten, sagte Jochimsen, könne man zudem lernen, dass es auf einen Wertewandel ankomme: „Mit dem Staatsziel Kultur würde ein solcher existenzieller Wertewandel manifest“ (Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 228. Sitzung, Berlin, Freitag, den 19. Juni 2009, Plenarprotokoll 16/228, S. 25476).
Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen für die 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, die im September und Oktober 2013 zwischen CDU, CSU und SPD geführt wurden, wurde die Frage der Verankerung der Kultur als Staatsziel im Grundgesetz seitens der SPD nochmals thematisiert. Allerdings blieb auch diese Initiative ungeachtet von zwischenzeitlich bereits lancierten Erfolgsmeldungen letztlich erfolglos.
Im europäischen Vergleich wird deutlich, dass diejenigen Verfassungen, die jünger sind als das deutsche Grundgesetz, die Kultur von Anfang an in den Kanon der Staatsziele aufgenommen haben. Beispielsweise erwähnen die Verfassung des Königreiches Spanien vom 29. Dezember 1978 und die Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997 die Kultur bereits in der Präambel. In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 wird die Kultur zwar erst im Anschluss an die Präambel genannt, wie auch in der spanischen Verfassung wird dort aber dem Staat ausdrücklich aufgetragen, Kultur zu fördern. Mit der Verfassung des Königreiches Schweden vom 28. Februar 1974 gibt es in Europa auch ein Beispiel für eine Verfassung, in der die Kultur erst durch später eingefügte Normen ihren Platz gefunden hat. Als einzige europäische Verfassung benennt die schwedische auch die Sicherstellung der kulturellen Wohlfahrt des Einzelnen als Aufgabe des Staates.
Dass die Verankerung eines staatlichen Zieles in der Verfassung noch keineswegs dessen angemessene Realisierung im konkreten staatlichen Handeln sicherstellt, zeigt das Beispiel des portugiesischen Gesundheitssystems. Gemäß Artikel 64 der portugiesischen Verfassung wird das Recht auf Schutz der Gesundheit durch einen allgemeinen nationalen Gesundheitsdienst, der zumindest grundsätzlich unentgeltlich und unabhängig vom Sozialversicherungssystem arbeiten soll, erfüllt. Dennoch ist das Gesundheitssystem in Portugal deutlich unterfinanziert und funktioniert so unzureichend, dass alle Bürger, die finanziell dazu in der Lage sind, auf die privaten Arztpraxen und Krankenhäuser ausweichen. „Eigentlich hat jeder Mensch, der auf Dauer in Portugal lebt, das verbriefte Recht auf kostenlose medizinische Versorgung. Tatsächlich herrscht in den staatlichen Gesundheitszentren und Krankenhäusern seit Jahren vor allem eines: der Mangel“ (Deutschlandradio Kultur 14.6.2010).
Einen neuen Themenbereich der Fixierung von Grundrechten eröffnete im Juni 2010 Finnland: Als erstes Land der Welt erklärte Finnland eine schnelle InternetVerbindung zum Grundrecht. Die dortigen Telekommunikations-Unternehmen sind damit verpflichtet, jeden Einwohner mit einem Anschluss mit einer Geschwindigkeit von mindestens einem Megabit pro Sekunde zu versorgen.
In nahezu allen deutschen Ländern sind der Schutz, die Pflege und die Förderung von Kunst und Kultur eine staatliche Aufgabe von Verfassungsrang (Eine Zusammenstellung der einschlägigen Aussagen der Landesverfassungen findet sich in Deutscher Bundestag 2007, S. 80 f.). Allerdings weichen die Formulierungen in den Landesverfassungen erheblich voneinander ab. In manchen Verfassungen ist die Verpflichtung zu Kulturförderung nur knapp und allgemein erwähnt. Andere Landesverfassungen beinhalten genauere Festlegungen. Dies gilt in besonderem Maße für die Verfassungen des Freistaats Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt, die unter anderem auch konkret den Unterhalt von Theatern als staatliche Aufgabe benennen. Als Akteure der Kulturpflegeund Kulturförderpflicht verstehen die Landesverfassungen der meisten Flächenstaaten neben dem „Staat“ auch ausdrücklich die kommunalen Gebietskörperschaften.
Allerdings ergeben sich ebenso wenig wie aus dem vom Bundesverfassungsgericht formulierten objektiven Gehalt des Artikels 5 Absatz 3 des Grundgesetzes aus den landesverfassungsrechtlichen Staatszielbestimmungen individuell einklagbare Rechte auf Kulturförderung. Damit lassen sich aus den Verfassungen grundsätzlich keine Ansprüche auf Erhaltung oder Errichtung bestimmter kultureller Einrichtungen herleiten. Gleichwohl stellen die Staatszielbestimmungen in den Landesverfassungen ein verbindliches Recht dar. Sie verpflichten die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften, die Belange der Kultur zu berücksichtigen. Sie enthalten aber keine Aussagen darüber, wie die Länder und Gemeinden ihre Kulturpolitik im Einzelnen zu gestalten und wie viel Geld sie dafür zur Verfügung zu stellen haben. Auch zum Verhältnis der kulturpolitischen Verantwortung der Länder einerseits und der Gemeinden andererseits enthalten die Länderverfassungen keine Festlegungen.
Nach den Regelungen der Artikel 30, 70–74 und 83–85 des Grundgesetzes liegt die Zuständigkeit für Kultur in der Bundesrepublik Deutschland – die so genannte Kulturhoheit – mit wenigen Ausnahmen bei den Ländern.
Die Zuständigkeiten des Bundes im Kulturbereich konzentrieren sich damit im Wesentlichen auf folgende Aufgaben:
• Gesamtstaatliche Repräsentation
• Ordnungspolitische Rahmensetzung für die Entfaltung von Kunst und Kultur
• Förderung gesamtstaatlich relevanter kultureller Einrichtungen und Projekte (z. B. Villa Massimo in Rom)
• Bewahrung und Schutz des kulturellen Erbes (z. B. Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland)
• Auswärtige Kulturpolitik (z. B. Goethe-Institute)
• Pflege des Geschichtsbewusstseins (z. B. Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn)
• Förderung der Hauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn
Aufgrund der Kulturhoheit der Länder gibt es in allen deutschen Ländern in unterschiedlichen Kombinationen mit anderen Zuständigkeitsbereichen – zumeist mit Bildung und/oder Wissenschaft – ein für die Kultur verantwortliches Ministerium. Für die Bundesrepublik trägt die bzw. der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) die Verantwortung für die Kulturund Medienpolitik. Obwohl für dieses Amt umgangssprachlich auch die Bezeichnung „Kulturstaatsminister“ und für dessen Behörde sogar in der Fachliteratur der Terminus „Bundeskulturministerium“ (Höhne 2009, S. 271) verwendet wird, handelt es sich nicht um einen Minister im eigentlichen Sinn, sondern um einen Staatsminister beim Bundeskanzler. Diese Hilfskonstruktion, die einerseits auf die Kulturhoheit der Länder Rücksicht nimmt und gleichzeitig die Bedeutung der Kultur auch als Aufgabe des Bundes unterstreicht, wurde mit der Regierungsbildung des Jahres 1998 eingeführt. Bis dahin lagen die Zuständigkeiten des Bundes für Kultur je nach ihrem thematischen Zusammenhang bei verschiedenen Bundesministerien mit einem Schwerpunkt im Innenministerium. Gleichzeitig wurde im Deutschen Bundestag ein eigener Ausschuss für Kultur und Medien zur Kontrolle und Unterstützung der Arbeit der bzw. des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Parlament eingerichtet.
Zu den Aufgaben der bzw. des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der einer Abteilung des Bundeskanzleramtes mit knapp 200 Mitarbeitern vorsteht, gehören neben der Förderung von kulturellen Einrichtungen und Projekten von überregionaler und nationaler Bedeutung die Weiterentwicklung und Modernisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen künstlerischen Arbeitens sowie die Sicherung einer freien und pluralen Medienlandschaft. Darüber hinaus fällt es in die Zuständigkeit der bzw. des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die öffentliche Diskussion über Kunst und Kultur anzuregen und dazu aus der Sicht des Bundes einen Beitrag zu leisten. Außerdem haben sich – teilweise in Konkurrenz zu den Bemühungen des jeweils betroffenen Landes – die Förderung von Kulturprojekten in der Hauptstadt Berlin, die Förderung von Gedenkstättenprojekten und die Filmförderung zu Schwerpunkten entwickelt.