Von der Reaktion zur Aktion
Naturgemäß handeln sich neu findende Fraktionen zunächst einmal überwiegend reaktiv gegenüber der NPD; so auch in den ersten Monaten in der BVV Treptow-Köpenick. Mit zunehmender Dauer der Legislaturperiode entwickelte sich unter den Demokraten aber auch ein Gespür für Möglichkeiten, selbst zu agieren und die NPD zu Reaktionen zu bewegen. Mitunter kann auch das Schweigen der NPD als beredtes Zeugnis gewertet werden. Allerdings wäre die Behauptung übertrieben, die BVV habe gezielt nach Anträgen gesucht, die die Nazis in eine schwierige Situation bringen. Oberste Maxime des Handelns der demokratischen Fraktionen bleibt die Ausrichtung an dem, was für die Kommune gut und sinnvoll erscheint.
Es ist aufschlussreich zu sehen, wie schwer sich die NPD bei demokratischen Aktivitäten zuweilen tut. Als Beispiele hierfür mögen folgende Anträge dienen:
• Gedenkstele für Otto Wels (Drucksache VI/0620),
• Charta der Vielfalt (Drucksache VI/0531) und
• Bauvorhaben Kanyon – modern Istanbul (Drucksache VI/0534).
Bei dieser Art von Anträgen wird der innere Widerspruch im vermeintlich demokratischen Auftreten der NPD und der Bedienung von Erwartungen ihrer Klientel deutlich. Wie will man sich als Demokrat gerieren und gleichzeitig eine Ehrung des von den Nazis verfolgten und vor ihnen geflohenen Otto Wels ablehnen? Otto Wels ist ein gutes Beispiel, weil er im Ortsteil Friedrichshagen des Bezirks Treptow-Köpenick lebte. Seine Rede am 23. März 1933 gegen das so genannte Ermächtigungsgesetz hat von ihrer Aktualität nichts verloren. Es ist eine der wichtigsten Reden, die je für die Demokratie gehalten wurden. Einige Zitate hieraus können noch heute so manche kommunalpolitische Debatte befruchten.
Es lohnt sich für Demokraten, über kommunalpolitisch sinnvolle Anträge nachzudenken, mit denen der beschriebene Widerspruch der Rechtsextremen offen zu Tage tritt und dann öffentlich dokumentiert wird. Daneben ist ganz grundsätzlich ein offener und offensiver Umgang mit den Anträgen der Rechten anzustreben. Die antidemokratischen und menschenverachtenden Zielrichtungen sind ebenso wie die Widersprüche zu entlarven, und wo immer nötig und möglich, kann auch die Herstellung von Öffentlichkeit zur Demaskierung der Rechtsextremen beitragen.
Grundsätzlich sollte sich jede Fraktion bewusst mit den Verhaltensweisen der Rechtsextremen und deren Vertretern auseinandersetzen. Eine Expertin bzw. ein Experte pro Fraktion, der sich besonders einarbeiten kann, erscheint hilfreich und externer Sachverstand ist reichlich vorhanden und sollte auch in Anspruch genommen werden.