Perspektiven
Der NSU-Untersuchungsausschuss hat 20 Monate intensiv das weitgehende Versagen unserer Sicherheitsbehörden analysiert. Es bleiben weiterhin offene Fragen, die der Ausschuss nicht beantworten konnte. Wie erfolgte die Auswahl der Opfer? War Michelle Kiesewetter tatsächlich ein Zufalls-Opfer, wie immer behauptet wird? Gab es mehr V-Leute, die zur Aufklärung beitragen könnten? Und auf welches rechtsextreme Netzwerk stützte sich die Terrorgruppe NSU?
Untersuchungsausschüsse in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg arbeiten weiterhin intensiv an den noch offenen Fragen. Auch das weitere Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt des Generalbundesanwalts ist eine Möglichkeit, Hintergründe, Zusammenhänge und weitere Beteiligte zu ermitteln. Es gibt noch viel zu tun!
Dringend erforderlich ist eine umfassende und sehr grundsätzliche Reform der Sicherheitsbehörden. Diese Reform in ganz Deutschland muss ressortübergreifend eine der dringendsten Prioritäten der zuständigen Regierungen und Parlamente im Bund wie in den Bundesländern werden. Der Deutsche Bundestag hat am 19. Februar 2014 die Empfehlungen des Untersuchungsausschuss nochmal bekräftigt. Ein gutes und wichtiges Signal. Und in einigen Bundesländern wurden die gesetzlichen Grundlagen und die Arbeitsweise von Polizei und Verfassungsschutz verbessert.
Die Verfassungsschutzberichte von Bund und den Ländern zeigen, dass rechtsextreme Straftaten in Deutschland nach wie vor an der Tagesordnung sind. Sowohl der Bund als auch einige Bundesländer haben in der Zwischenzeit bereits einige Konsequenzen aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden bei der NSU-Mordserie gezogen. Es gilt, die Empfehlungen des Ausschusses umfassend und wirkungsvoll umzusetzen, um die schweren Fehler der Sicherheitsbehörden nicht zu wiederholen und Rechtsextremismus effektiv und nachhaltig zu bekämpfen. Dabei müssen Bund und Länder in einen noch engeren Dialog eintreten und an einem Strang ziehen. Nur so wird es gemeinsam möglich sein, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und auch verlorengegangenes Vertrauen der Sicherheitsbehörden bei den Opferfamilien und der gesamten Gesellschaft wieder zurückzugewinnen. Das halten wir für eine der prioritären Aufgaben.
Verbrechen wie die NSU-Mordund Anschlagsserie dürfen sich niemals wiederholen. Rechtsextremismus ist keine Einstellung einzelner durchgeknallter Krawallbrüder am rechten Rand. Rechtes Gedankengut existiert in der Mitte der Gesellschaft. Das Erstarken der Rechtsextremen und Rechtspopulisten in ganz Europa bei der Wahl zum Europäischen Parlament sollte uns alle besorgen. Diesen letzten Tendenzen müssen wir uns mehr als zuvor entgegenstellen. Parteien wie der NPD sollte der Mantel der politischen und demokratischen Legitimität genommen werden.
Rassismus, Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit gehören nicht in unsere Gesellschaft. Wir kämpfen dafür, dass wir unsere Gesellschaft stark gegen Demokratiefeinde machen. Kein Mensch darf verfolgt und ausgegrenzt werden – von niemandem.Eine tolerante und offene Gesellschaft kommt nicht von alleine. Wir sind dabei gefragt und gefordert.