Diskussionen zum Programm

Seit der Gründung wurde immer wieder kritisch hinterfragt, ob ein Aussteigerprogramm bei der Polizei richtig angesiedelt sei. Seit 2001 wurden (Stand Ende 2014) durch das Programm mehr als 2 500 Personen angesprochen, was zu 545 Ausstiegen führte (171 Aussteiger wurden alleine von der BIG Rex betreut). Auch wenn die Abschlusszahlen für die Bewertung von Aussteigerprogrammen keinen hinreichenden Indikator darstellen, zeigt sich das Programm "Ausstiegshilfen Rechtsextremismus" doch gut aufgestellt.

Auch die interdisziplinäre Besetzung der BIG Rex wurde anfangs häufig hinterfragt: Wie kann es überhaupt funktionieren, wenn Polizeibeamte und Pädagogen in einem Team zusammen arbeiten? Wo immer Menschen in Teams zusammen arbeiten, entstehen Reibungen: Zwischen Berufsgruppen, innerhalb hierarchischer Ordnungen, zwischen Generationen, Männern und Frauen sowie vielen anderen möglichen Trennungslinien – an denen die sprichwörtliche "Chemie" manchmal mehr und manchmal weniger stimmt. Die Mehrzahl der tendenziell seltenen Konflikte machte sich dabei nicht an den Professionen fest [1].

Das bereits in Beratungskontexten angedeutete "Problem" des Legalitätsprinzips stellte sich in Beratungen bis auf wenige Ausnahmen nicht, sondern konnte als klare Position genutzt werden:

In einem Fall bemerkte ein Mitarbeiter der BIG Rex die neuen Turnschuhe eines Aussteigers, vor allem, da es sich um eine in rechten Kreisen beliebte Marke handelte. Im Gespräch stellte sich heraus, dass der Aussteiger die Schuhe vor wenigen Tagen gestohlen hatte. Durch den Polizisten wurde hierauf zum einen die Straftat zur Anzeige gebracht, zum anderen wurde der Aussteiger aufgefordert, sich bei dem Händler zu entschuldigen und die Schuhe zu bezahlen, um den Schaden zu begleichen. Aufgrund der bereits erfolgten Schadenswiedergutmachung wurde das Strafverfahren von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingestellt. Das Betreuungsverhältnis erlitt durch den Vorfall keinen Schaden.

Eine Schwierigkeit entspringt eher der Betreuung von Aussteigern, bei der es aus organisatorischen Gründen zu Abbrüchen von Vertrauensverhältnissen kommt, die nicht 1:1 an andere Kollegen übertragbar sind. Hier setzen beispielsweise Maßnahmen zur Qualitätssicherung an, die in der BIG Rex praktiziert werden.

Im Kontext der Ergebnisse des "NSU-Untersuchungsausschusses" (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600) musste eine Polarisierung zwischen einigen Akteuren der Zivilgesellschaft und einigen staatlichen Behörden festgestellt werden, was zuweilen die gute Zusammenarbeit gefährdete. Es besteht die Hoffnung, berechtigten Zweifeln, aber auch Ressentiments, mit Transparenz begegnen zu können, um wieder zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure zu gelangen.

  • [1] Vgl. dazu Buchheit/Maier (2010).
 
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