Verantwortlichkeiten im Web – wer haftet wofür?

Grundsatz: Wer Inhalte einstellt, ist verantwortlich

Grundsätzlich haftet zuvorderst der Autor für die von ihm verfassten und ins Netz eingestellten Inhalte. Dies betrifft Anbieter, die auf ihren Websites strafbare Propaganda oder volksverhetzende Inhalte einstellen. Dies gilt aber auch für denjenigen, der in einem Gästebuch, einem Blog oder einem Forum strafbare Texte verfasst, auf einer Videoplattform ein volksverhetzendes Video hochlädt oder in einem sozialen Netzwerk gegen Ausländer hetzt und zu Gewaltmaßnahmen gegen sie aufruft.

Haftung für Links, Einträge in Gästebüchern und Foren

Wenn User strafbare Einträge hinterlassen – zum Beispiel nach § 86a StGB strafbare Grußformeln wie "Sieg Heil" – stellt sich die Frage, ob der Betreiber eines Gästebuchs für solche Einträge verantwortlich gemacht werden kann. Da die Einträge von Dritten stammen, liegt hier eine Verantwortlichkeit grundsätzlich nur dann vor, wenn ein Betreiber Kenntnis von den strafbaren Einträgen hat und er sie dennoch nicht unverzüglich löscht. Von einer Kenntnis kann zum Beispiel dann ausgegangen werden, wenn strafrechtlich relevante Einträge vom Betreiber selbst kommentiert werden – etwa durch Sätze wie "Danke für deinen tollen Eintrag" oder "Sehe ich genauso wie du". Dies gilt regelmäßig auch, wenn der Betreiber direkt nach dem unzulässigen Beitrag einen eigenen Text verfasst hat. In vielen Fällen müssen Einträge vor der Online-Publikation freigeschaltet werden, so dass auch hier von einer Kenntnis auszugehen ist.

Die Frage der Verantwortlichkeit für strafbare Inhalte, die zwar nicht auf der eigenen Website stehen, aber mit Hilfe eines Links auf eine andere Website zugänglich gemacht werden, beschäftigt Juristen schon seit Jahren, da sie gesetzlich nicht geregelt ist. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu gibt es bisher nicht. Der BGH hat sich bisher nur zur Frage der zivilrechtlichen Linkhaftung geäußert. Hinsichtlich der strafrechtlichen Haftung haben jedoch zumindest einige erstinstanzliche Gerichte diese grundsätzlich bejaht: So hat das Amtsgericht Tübingen rechtskräftig mit Urteil vom 21. 03. 2005 einen Angeklagten wegen der Verlinkung auf eine neonazistische, ausländische Website mit strafbaren rechtsextremen Kennzeichen nach § 86a StGB verurteilt.

Auch das OLG Stuttgart hat in einem Urteil aus dem Jahre 2006 klargestellt, dass im Grundsatz ein Seitenbetreiber für die Inhalte der mittels Link aufrufbaren Seiten sowie für die von dort über weitere Links erreichbaren Unterseiten rechtlich verantwortlich ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 24. 04. 2006, AZ 1 Ss 449/05).

Entscheidend ist, ob der Anbieter sich die verlinkten Inhalte zu Eigen macht. Ist dies zu bejahen, ist er für verlinkte Inhalte genauso verantwortlich wie für solche, die er selbst auf seiner Website platziert hat. Folgende Kriterien können dabei entscheidend sein:

Steht die Website in einem rechtsextremen Kontext und verlinkt der Betreiber auf strafbare Angebote aus dem rechtsextremen Bereich, spricht dies dafür, dass er von den verlinkten Inhalten Kenntnis hat. Kommentare wie "Super Seite, die mit den Lügen über die Judenvernichtung aufräumt" bei einem Link zu volksverhetzenden Inhalten sprechen eindeutig für eine Verantwortlichkeit des Website-Betreibers. Oft werden verlinkte Inhalte auch im eigenen Frameset zugänglich gemacht. Damit ist gemeint, dass die verlinkten Inhalte im Rahmen der eigenen Website dargestellt werden, so dass für den Laien nicht erkennbar ist, dass es sich um fremde Inhalte handelt. Diese technische Ausgestaltung spricht ebenfalls dafür, dass sich ein Seitenbetreiber fremde Inhalte zu Eigen macht.

Viele rechtsextreme Websites haben einen Haftungsausschluss, einen sog. Disclaimer in ihr Angebot integriert. Damit versuchen die Autoren jegliche Verantwortlichkeit für Inhalte auszuschließen, die nicht von ihnen stammen. Zumeist wird darauf verwiesen, dass man sich generell von den Inhalten der verlinkten Websites und den Texten, die Dritte zum Beispiel ins Gästebuch oder Forum schreiben, distanziere. Vor einer Bestrafung schützen kann ein solcher Haftungsausschluss aber nicht, da ihm keine rechtliche Relevanz zukommt. Man kann sich seiner Verantwortlichkeit nicht dadurch entledigen, dass man sich pauschal von Inhalten distanziert, wenn man sich gleichzeitig bewusst für die Verlinkung von Web-Inhalten Dritter entscheidet. Einige Staatsanwälte sehen in einem Disclaimer sogar ein Indiz dafür, dass der Betreiber einer Website weiß, dass er auf strafbare Inhalte verlinkt, da er sonst keinen Disclaimer vorschalten würde.

 
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