Weltweiter internationaler Vergleich

Das Wirtschaftswachstum in den fortgeschrittenen Ländern traf in den letzten Jahrzehnten auf eine kaum noch wachsende Bevölkerung. Der auf jedes Individuum entfallende durchschnittliche Wohlstand hat sich daher auch dann vermehrt, wenn das Bruttoinlandsprodukt nur noch langsam wuchs. In vielen Entwicklungsländern musste dagegen jedes Wirtschaftswachstum aufgrund der noch hohen Geburtenraten auf viele zusätzliche Personen aufgeteilt werden. Das Wirtschaftswachstum musste oft für grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung und Wohnung aufgewendet werden und konnte nicht der Wohlstandssteigerung sowie Zukunftsinvestitionen zugutekommen (Andorka 2001, S. 107). So ist trotz zahlreicher Verbesserungen in vielen Ländern Afrikas und Südamerikas insgesamt nicht genügend vorhanden, um einen Teil der Bevölkerung aus der physischen Armut zu führen. Hinzu kommt in einigen Staaten ein hohes Ausmaß an einer Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen, die es vor allem wenigen Menschen und Familien ermöglicht, in Wohlstand zu leben.

Für weltweite Vergleiche ist es wenig hilfreich, Begriffe soziokultureller Armut zu verwenden, da die soziokulturellen Standards der einzelnen Gesellschaften viel zu unterschiedlich sind. Globale Armutsvergleiche sollten vielmehr physische Armut untersuchen. Armutsgrenzen in weltweiten internationalen Studien können auch nicht relativ (Prozentabstände von den jeweiligen Durchschnittseinkommen), sondern sollten vielmehr absolut angelegt sein. Vor allem die Weltbank bemüht sich, das Ausmaß globaler Armut einzuschätzen. Dementsprechend geht die Weltbank davon aus, dass ab einer Kaufkraft von weniger als US$ 1,25 pro Tag ein Mensch in extremer Armut lebt. Ab einem Einkommen von weniger als US$ 2 werden Menschen von der Weltbank als arm bezeichnet (siehe hierfür und auch für die Probleme solcher Messungen Freistein und Koch 2014).

In den letzten Jahrzehnten hat sich die physische Armut weltweit unterschiedlich entwickelt. Von 1981 bis 2010 hat sich der Anteil der Menschen, die von weniger als US$ 1,25 leben, im östlichen Teil Asien von 77 % auf 12 % reduziert. Im südlichen Teil Asiens ging im gleichen Zeitraum der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, von 61 % auf 31 % zurück. Im Unterschied zu der vor allem aufgrund des hohen wirtschaftlichen Wachstums in Südund Ostasien reduzierten Armut sank der Anteil extremer Armut in weiten Teilen Afrikas seit 1981 nur geringfügig. So lag in Afrika südlich der Sahara der Anteil, der Menschen mit einer Kaufkraft von weniger als US$ 1,25, im Jahr 1981 bei etwa 52 % und im Jahr 2010 bei 48 %. Gemessen in absoluten Zahlen lebten 2010 507 Mio. Menschen in Südasien und etwa 414 Mio. in Afrika südlich der Sahara in extremer Armut. Das sind weltweit etwa Dreiviertel der Menschen, die von weniger als US$ 1,25 leben. In den östlichen Teilen Asien waren es 2010 ungefähr 251 Mio. Menschen und ungefähr 50 Mio. Menschen insgesamt in Lateinamerika, Nordafrika, Osteuropa und Zentral Asien. Trotz eines Anstiegs der Weltbevölkerung hat sich damit die Zahl der Menschen in extremer Armut von 1,91 Mrd. Menschen im Jahr 1981 auf weniger als 1,22 Mrd. Menschen im Jahr 2010 reduziert (World Bank 2014b; World Bank 2014c).

 
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