Sozial nachhaltiges Bauen als Handlungsfeld der Sozialen Arbeit
Stephanie Weiss und Daniel Blumer
Das Soziale im Planungsprozess
Soziale Nachhaltigkeit – eine der drei proklamierten Dimensionen von Nachhaltigkeit – nimmt bei der Umsetzung von Bauprojekten im Siedlungsund Städtebau eine nach wie vor untergeordnete Rolle ein. Auch wenn in der Vielzahl von neuen Bewertungssystemen Indikatoren für soziale Nachhaltigkeit geprüft und erarbeitet worden sind, wird nachhaltiges Bauen immer noch primär mit einer ökologischen (energieeffizienten) und einer ökonomischen (kosteneffizienten, Immobilien wertschöpfenden) Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Nicht zuletzt aufgrund des technologischen Selbstverständnisses der dominanten Akteur/innen hat sich bis dato noch keine Planungskultur etabliert, welche der Gleichwertigkeit aller Dimensionen von Nachhaltigkeit in der Praxis gerecht wird (vgl. Drilling & Blumer 2009; Drilling & Weiss 2012).
Sozial nachhaltiges Bauen verlangt, dass die Frage nach dem Sozialen von Beginn an als eigenständige, unerlässliche Kategorie in den Planungsund Umsetzungsprozess integriert wird – auf der Ebene von Gebäuden, in der sozialräumlichen Einbettung in das Quartier und im Kontext eines städtebaulichen Entwicklungsanspruchs. Sozial nachhaltig Bauen umfasst in einem handlungsorientierten, sozialräumlichen Verständnis nicht nur die nachhaltige Planung der physisch-materiellen gebauten Umwelt, sondern vor allem die damit einhergehenden sozialräumlichen Strukturen, Beteiligungsprozesse verantwortlicher Akteur/innen und (zukünftiger) Bewohner/innen sowie Aneignungsmöglichkeiten durch Begegnungsorte, soziale Infrastrukturen, öffentliche Räume, Naturund Freiräume und deren vielfältige Nutzungsmöglichkeiten (vgl. Drilling & Weiss 2011; Weiss 2011; Blumer et. al. 2010; Steffen et. al. 2004; Programme Projets Urbains 2011).[1]
Doch handelt es sich bei sozialer Nachhaltigkeit auf der Planungsebene nicht um eine gesellschaftspolitische Utopie, sozusagen um ein formal etablier-tes, aber inhaltsleeres Leitbild, weil deren Umsetzungen für unterschiedliche Akteur/innen kaum fassbar und einlösbar sind?
Was sind die Bedingungen, damit ein neues und gemeinsames Handlungsfeld in der Planung sozial nachhaltiger Siedlungen, Stadtteile, Agglomerationsräume und ihrer Strukturen für Akteur/innen aus der (Sozial-)Politik, der Stadtplanung, der Bauherrschaft, der Sozialen Arbeit, der Architektur und – nicht zuletzt – für (zukünftige) Bewohnerinnen und Bewohner entstehen kann?
Welche Kompetenzen und Handlungsverständnisse in der Planung und Gestaltung von Quartierund Siedlungsprojekten benötigen die beteiligten Akteur/innen, um ihre Interessen gleichgewichtig (oder stellvertretend für soziale Belange) in den Prozess und die Umsetzung einfließen zu lassen und dauerhaft zu implementieren?
- [1] Für Verhandlungsthemen sozialer Nachhaltigkeit auf der Siedlungsebene vgl. ausführlich Drilling & Weiss 2012