Einschränkungen kommunaler Selbstverwaltung
Die verfassten Rechte kommunaler Selbstverwaltung werden durch unterschiedliche Entwicklungen zunehmend eingeschränkt. Zum einen werden durch Bundesund Landesgesetze bzw. Programme den Kommunen immer mehr Aufgaben zugewiesen, ohne dass dafür auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Kostenbelastung der Kommunen steigt, ohne dass sie ihre Einnahmesituation entsprechend anpassen können. Gleichzeitig warden die Eigenanteile der Kommunen an Bundesprogrammen, wie z.B. das BundLänder-Programm für „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die Soziale Stadt“, erhöht und/oder deren Förderrahmen gekürzt, wie zuletzt die Förderung „nichtinvestiver Maßnahmen“ und „Modellprojekte“ (vgl. sozialestadt.de).
Kommunen geraten durch ihre Einnahmeausfälle bei steigender Kostenbelastung in die Verschuldung. Davon sind, wie oben beschrieben, vorwiegend die Kommunen in strukturschwachen Regionen betroffen, weil diese einerseits erhöhte Belastungen durch Sozialund Umweltkosten zu tragen haben und andererseits wegen der wirtschaftlichen Probleme von Firmen und Einwohnern mit sinkenden Steuereinnahmen auskommen müssen. Diese Situation versuchen die Kommunen durch die Auslagerung öffentlicher Aufgaben an Privatfirmen („Outsourcing“) zu bewältigen. So werden städtische Versorgungsbetriebe veräußert, Bäder und Kultureinrichtungen privatisiert oder es wird versucht, durch Partnerschaften mit Privatunternehmen („Public-Private-Partnership“) den Kapitalaufwand zu reduzieren. Auch Verkäufe städtischer Grundstücke und Wohnungsbestände gehören zum Repertoire der Kommunen beim Versuch, die Schuldenlast zu drücken. Neben der Einschränkung der kommunalen Einflussmöglichkeiten auf privatisierte Dienstleistungen, wie Grünpflege, Kultur, Energieversorgung und Müllentsorgung, wird durch die Abhängigkeit von privaten Investoren auch im Bereich der Stadtplanung und -entwicklung die verfassungsmäßig garantierte kommunale Selbstverwaltung vermindert (Naßmacher 2011).
Wenn sich die Verschuldungssituation so zuspitzt, dass die Stadt ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen kann, verliert sie weiter an Gestaltungskraft, denn dann kommt es zum Eingriff der Kommunalaufsichtsbehörde in die kommunale Selbstverwaltung. Solche „Nothaushaltskommunen“ dürfen nur noch sogenannte Kassenkredite zur Liquiditätssicherung aufnehmen und ohne Genehmigung von der Kommunalaufsicht keine weiteren Ausgaben vornehmen (Holtkamp 2011). Wenn eine Stadt nur noch Kassenkredite zur Liquiditätssicherung aufnehmen kann bzw. darf, bedeutet dies das Ende für freiwillige Leistungen, also Maßnahmen wie Quartiersarbeit, offene Jugendarbeit, Kunst und Kultur, für die es keine direkt gesetzliche Verpflichtung gibt. Für die BürgerInnen einer solchen Nothaushaltskommune reduzieren sich die Mitwirkungsund Entscheidungsmöglichkeiten ebenso wie nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt. Sowohl aufgrund der Privatisierung öffentlicher Aufgaben als auch aufgrund einer durch Verschuldung verursachten „Zwangverwaltung“ verlieren die Bürger also in der Tendenz das Mandat für die Selbstverwaltung ihrer Stadt.[1]
- [1] Zum Ausmaß der kommunalen Verschuldungssituation siehe den Artikel von Lars Holtkamp in APuZ 7-8/2011, S. 13-19