Die Landesregierung
Die Landesregierung besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern (Art. 28 Abs. 2 NV).
Die Kabinettsbildung
Die Regierungsbildung vollzieht sich auch in Niedersachsen zunächst in der Weise, dass der Ministerpräsident vom Landtag mit der absoluten Mitgliedermehrheit ohne Aussprache und in geheimer Abstimmung gewählt wird (Art. 29 Abs. 1 NV). Er beruft dann die übrigen Mitglieder der Landesregierung und bestimmt einen Stellvertreter (Art. 29 Abs. 2 NV). Im nächsten Schritt bedarf die Landesregierung zur Amtsübernahme der Bestätigung des Parlaments (Art. 29 Abs. 3 NV), die mit einfacher Mehrheit erfolgt (Art. 21 Abs. 4 NV). Auch die fernere Berufung und Entlassung einzelner Minister – auch der bloße Ressortwechsel114 – bedarf der Bestätigung des Landtags (Art. 29 Abs. 4 NV). Rechtlich und formal werden damit die Mitwirkung und Stellung des Landtags bei der Kabinettsbildung gestärkt,115 faktisch und politisch dürfte der Unterschied zur Beteiligung des Bundestages bei der Regierungsbildung allenfalls marginal sein.116
Scheitert die Regierungsbildung innerhalb von 21 Tagen nach Zusammentritt des neugewählten Landtags oder dem Rücktritt einer Regierung, muss der Landtag über seine Auflösung Beschluss fassen (Art. 30 Abs. 1 NV). Im Fall der Auflösung finden innerhalb von zwei Monaten Neuwahlen statt (Art. 9 Abs. 2 NV). Beschließt der Landtag nicht die Auflösung, so findet eine neue Wahl des Ministerpräsidenten statt, bei der die relative Mehrheit ausreicht (Art. 30 Abs. 2 NV). Die Berufung der Minister bedarf in diesem Fall nicht der Bestätigung des Landtags (Art. 30 Abs. 2 Satz 3 und 4 NV). Auf diese Weise kann daher eine Minderheitsregierung gebildet werden. Da die Kabinettsbildung nach der Wahl des Ministerpräsidenten durch die Ablehnung oder Bestätigung der Regierung noch scheitern kann, beginnt das Amt des Ministerpräsidenten erst mit dieser Bestätigung nach Art. 29 Abs. 3 NV (§ 2 MinisterG), während die Amtszeit der Minister mit Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Ministerpräsidenten beginnt (§ 3 Satz 1 MinisterG).
Die Amtszeit des Ministerpräsidenten endet regulär durch fiktiven Rücktritt, sobald ein neu gewählter Landtag zusammentritt (Art. 33 Abs. 2 NV) und demzufolge auch die Amtszeit der gesamten Landesregierung (Art. 33 Abs. 3 NV). Allerdings sind die Mitglieder hier wie in allen anderen Konstellationen der Beendigung der Amtszeit verpflichtet, die Geschäfte bis zur Übernahme durch ihre Amtsnachfolger fortzuführen (Art. 33 Abs. 4 NV), sodass es zu keinem Interregnum kommen kann.117 Selbstverständlich ist auch ein (freiwilliger) Rücktritt des Ministerpräsidenten oder einzelner Minister jederzeit möglich (Art. 33 Abs. 1 NV). Ansonsten kann der Landtag nur dem Ministerpräsidenten, nicht aber einzelnen Ministern, das Vertrauen entziehen (Art. 32 Abs. 1 NV), indem er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt (Art. 32 Abs. 3 NV).118 Der Antrag kann nur von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages gestellt werden (Art. 32 Abs. 2 Satz 1 NV). Über den Antrag darf frühestens 21 Tage „nach Schluß der Besprechung“ abgestimmt werden (Art. 32 Abs. 2 Satz 2 NV). Die Niedersächsische Verfassung übernimmt damit das konstruktive Misstrauensvotum des Art. 67 GG mit leichten Modifikationen. Deren Problematik liegt darin, dass auch in diesem Fall die neu berufene Landesregierung der Bestätigung durch den Landtag nach Art. 29 Abs. 3 NV in offener Abstimmung im Gegensatz zur geheimen Abstimmung bei Art. 32 NV bedarf und folglich u.U. trotz erfolgreichen Misstrauensvotums ausbleiben kann. Die plausibelste Lösung ist, dass sich auch in diesem Fall das weitere Vorgehen nach Art. 30 NV richtet und der Landtag über seine Auflösung zu entscheiden hat. Erfolgt diese nicht, findet eine Wahl des Ministerpräsidenten mit relativer Mehrheit statt, bei der der gestürzte wie auch der nach Art. 32 Abs. 3 NV gewählte Ministerpräsident kandidieren können. Erst dann entfällt die Bestätigung der Landesregierung nach Art. 29 Abs. 3 NV aufgrund des Art. 30 Abs. 2 Satz 4 NV.119