Volksentscheid (Art. 49 NV)

Der Landtag kann den Gesetzentwurf innerhalb von sechs Monaten „im Wesentlichen unverändert“ annehmen. Dann entfällt ein Volksentscheid. Anderenfalls findet spätestens sechs Monate nach Ablauf der Frist oder des Beschlusses des Landtages, den Entwurf als Gesetz nicht anzunehmen, ein Volksentscheid über den Entwurf statt (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 NV). Der Landtag kann dem Volk daneben auch einen eigenen Gesetzentwurf – auch einen wesentlich geänderten Entwurf des Volksbegehrens (§ 24 Abs. 2 Satz 2 NVAbstG)

– zum Gegenstand des Volksbegehrens vorlegen (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 NV).

Das Gesetz ist beschlossen, wenn dem Entwurf des Volksbegehrens die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, jedoch mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten zustimmt (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 NV). Wenn der parallele Gesetzentwurf des Landtags (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 NV) in der Weise zur Abstimmung gestellt würde, dass alternativ das Volksbegehren oder der Landtagsentwurf zur Entscheidung stünde, könnte dadurch leicht verhindert werden, dass das Quorum eines Viertels der Wahlberechtigten erreicht würde. Deswegen kann bei mehreren Gesetzentwürfen die abstimmende Person zu jedem der Gesetzentwürfe eine Jaoder NeinStimme abgeben (§ 30 Abs. 2 Satz 1 NVAbstG). Außerdem ist der Entwurf beschlossen, auf den die meisten Ja-Stimmen entfallen, sofern das 25-Prozent-Quorum überschritten ist (§ 33 Abs. 2 Satz 1 NVAbstG).138 Im Fall einer Verfassungsänderung, bei der ansonsten die gleichen Regeln gelten, erhöht sich das Quorum auf die Hälfte der Wahlberechtigten (Art. 49 Abs. 2 Satz 2 NV).

Die praktische Bedeutung der Volksgesetzgebung in Niedersachsen ist bisher begrenzt. Allerdings sind zahlreiche Volksinitiativen und Volksbegehren eingeleitet worden, meist jedoch schon in der Phase der Antragstellung mangels Beteiligung erledigt worden. Ein Volksentscheid ist bisher nicht durchgeführt worden, jedoch sind einige Volksinitiativen und Volksbegehren vom Landtag aufgegriffen worden.139

Volksgesetzgebung und Parlamentsgesetzgebung

Das durch Volksentscheid beschlossene Gesetz hat den gleichen Rang wie ein Parlamentsgesetz und unterliegt den gleichen Regeln über Ausfertigung, Verkündung (§ 35 NV AbstG) und Änderungen von Gesetzen. Es kann daher formal auch jederzeit von einem Parlamentsgesetz modifiziert und aufgehoben werden,140 faktisch und politisch ist das jedoch für geraume Zeit kaum möglich.

Das durch Volksentscheid beschlossene Gesetz ist deshalb auch taugliches Gesetz einer abstrakten oder konkreten Normenkontrolle sowie von kommunalen Verfassungsbeschwerden. Auch das Staatsvolk ist als pouvoir constitué an die Verfassung gebunden. Änderungen der Verfassung durch Volksentscheid können daher vom Staatsgerichtshof auf Einhaltung der Ewigkeitsgarantie überprüft werden (Art. 46 Abs. 2 NV).

 
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