Die Landesverwaltung zu Beginn des Jahres 2015
Die Ministerialverwaltung
Die niedersächsische Ministerialverwaltung gliedert sich in die Staatskanzlei (StK) und folgende neun Ressorts98 mit ihren Geschäftsbereichen99:
• Ministerium für Inneres und Sport (MI)
• Finanzministerium (MF)
• Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (MS)
• Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)
• Kultusministerium (MK)
• Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW)
• Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML)
• Justizministerium (MJ)
• Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU).
Die Ministerien sind vom Grundsatz her gleich strukturiert. Den Häusern100 steht, mit Ausnahme der Staatskanzlei, ein Minister vor. Dem Minister unterstellt ist ein Staatssekretär.101 Sie bilden die oberste Führungsebene bzw. die sog. Hausleitung. Die Staatssekretäre sind politische Beamte gemäß § 30 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) in Verbindung mit § 39 Satz 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG). Anders als der Minister darf ein Staatssekretär als Beamter gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes (NAbgG) nicht Mitglied des Landtags sein. Weitere politische Beamte in der Ministerialverwaltung sind der Sprecher der Landesregierung, der Landespolizeipräsident und der Verfassungsschutzpräsident.102 Die Hausleitung kann direkt auf einen eigenen Stab zurückgreifen.103 Dieser besteht in der Regel aus dem Ministerbüro104 und der Pressestelle. Die „Linie“ bilden die Abteilungen105 mit ihren Referaten oder Referatsgruppen.106
3.1.1 Staatskanzlei
Die Staatskanzlei ist die Regierungszentrale der Landesregierung. Zu ihren Kernaufgaben gehören die Koordinierung der Ressorts107 sowie die Regierungsplanung. Der Ministerpräsident bedient sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen (GGO) der Staatskanzlei zur Erfüllung seiner Aufgaben und zur Leitung der Geschäfte der Landesregierung. Die Staatskanzlei wird vom Chef der Staatskanzlei geführt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GGO). Neben dem Chef der Staatskanzlei sind dort zurzeit drei weitere Staatssekretäre tätig.108 Außerdem ist die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, eine Landtagsabgeordnete, die diese Aufgabe ehrenamtlich wahrnimmt, verwaltungsorganisatorisch in der Staatskanzlei verortet. Direkt an die Hausleitung angebunden ist das Persönliche Büro sowie die Presseund Informationsstelle der Landesregierung (in Stabsorganisation). Die Staatskanzlei gliedert sich in fünf Abteilungen mit jeweils mehreren Referaten und zwei abteilungsfreie Referate, die sich mit Fragen von Migration und Teilhabe befassen (in Linienorganisation).109 Folgende Abteilungen bestehen in der Staatskanzlei:
• Abteilung 1: Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung
• Abteilung 2: Recht, Verwaltung, Medien
• Abteilung 3: Europa, Internationale Zusammenarbeit110
• Abteilung 4: Regionale Landesentwicklung, EU-Förderung
• Abteilung 5: Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
Die Aufgaben der Abteilung 1 und 2 finden sich in allen Staatskanzleien, jedoch in unterschiedlichen organisatorischen Strukturen, wieder. Im Vergleich zu anderen Flächenländern wie Bayern, Hessen oder Nordrhein-Westfalen fällt auf, dass die Niedersächsische Staatskanzlei über lediglich ein Referat zur Koordinierung von Landtag, Kabinett, Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) und Bundesrat sowie ein Referat für Regierungsplanung und Grundsatzfragen111 verfügt. In den zuvor erwähnten Ländern ist die koordinierende Tätigkeit in der Regel aufgeteilt nach Bundesrat/MPK und Landtag/Kabinett. Für den Bereich der politischen Planung stehen in diesen Ländern ebenfalls größere Einheiten zur Verfügung. Die Niedersächsische Staatskanzlei weist hier eher eine schlanke Struktur auf. Aus der Größe der Personalkörper kann jedoch kein direkter Rückschluss auf die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Ministerpräsidenten gezogen werden. Es kommt vielmehr auch auf dessen Person und ebenfalls den Chef der Staatskanzlei an. Der Ministerpräsident muss festlegen, in welchen Bereichen er politische Schwerpunkte setzen möchte und ob er seine Rolle eher als Moderator oder aktiver Gestalter sieht. So gibt es Ministerpräsidenten, die ihre Richtlinienkompetenz intensiv nutzen und die Ressorts eher enger führen. Neben den landespolitischen Kernthemen können sich Ministerpräsidenten in bundespolitische Diskussionen, bspw. über den Bundesrat, einbringen. Abhängig von den jeweiligen politischen Schwerpunkten und dem eigenen Rollenverständnis können durch entsprechend personalstarke Referate bzw. Abteilungen hierbei weitere, über das übliche Maß hinausgehende Handlungsspielräume gewonnen werden, da mehrere Themenfelder in größerer Tiefe durch den Apparat der Hausleitung aufbereitet werden können. Die in Niedersachsen bereits seit längerer Zeit bestehende eher schlanke Struktur der Referate, die sich mit Ressortkoordinierung und politscher Planung befassen, bieten aber im Gegensatz zu eher großen Einheiten die Chance, dass eine kleine, überschaubare Staatskanzlei schnell und schlagkräftig agieren kann, wenn zügiges Handeln geboten ist. Zugleich kann bei einem überschaubaren Personalkörper ein engeres Vertrauensverhältnis und Miteinander zwischen politischer Führung und den in der Linie tätigen Mitarbeitern bestehen. Während in Bayern und Nordrhein-Westfalen ein Referent auf dem Dienstweg zum Ministerpräsidenten vier Ebenen „überwinden“ muss, sind es in Niedersachsen lediglich drei.
Neben den „klassischen“ Aufgaben einer Staatskanzlei ressortieren in der Niedersächsischen Staatskanzlei auch Fachthemen. Die Abteilungen 3 und 4 sind insofern ausschließlich Fachabteilungen, ähnlich denen eines Ministeriums. Das ist im bundesweiten Vergleich nicht unüblich. So werden die Europaund die Medienpolitik in vielen Staatskanzleien gemanagt. Abhängig von Landesspezifika sind teilweise weitere Fachthemen in den Staatskanzleien durch größere Organisationseinheiten angesiedelt.112 Eine niedersächsische Besonderheit stellen jedoch die Abteilung 4 „Regionale Landesentwicklung, EU-Förderung“ und die mit ihr in Verbindung stehenden Strukturen dar.113 Diese Abteilung ist fachlich nicht dem Chef der Staatskanzlei, sondern der (Sonder-)Staatssekretärin für Europa und Regionale Landesentwicklung zugeordnet.114 Außerdem übt die Staats- kanzlei die Aufsicht gegenüber den Ämtern für regionale Landesentwicklung aus.115 Ihr kommt insofern die Funktion eines Ressorts gegenüber dem nachgeordneten Bereich zu. Durch die Aufnahme dieses Politikbereichs als eigene Abteilung mit einer übergeordneten Staatssekretärin und einem nachgeordneten Bereich sind die Regionalpolitik und die EUFörderung in Niedersachsen politisch deutlich aufgewertet worden. Das Thema wurde zur „Chefsache“ gemacht. Diese Konstruktion birgt das Risiko, dass der Ministerpräsident, ob der Zuordnung des Fachbereichs zu seinem Haus, bei möglichen Fehlentwicklungen in die „politische Haftung“ genommen werden kann. Die von ihm eingesetzte Sonderstaatssekretärin ist nicht Mitglied des Landtags und verfügt damit dort über kein Rederecht; daher muss ggf. der Ministerpräsident selbst dort zu diesen Themen Stellung beziehen.
3.1.2 Die Ministerien – zur Struktur
Wie in der Staatskanzlei gibt es in den Ministerien Organisationseinheiten116, die sich mit Koordinierung (Kabinett, Landtag, Bundesrat, Ministerkonferenzen) sowie ressortinterner politischer Planung und Steuerung befassen. Wie diese Organisationseinheiten und die Ministerbüros gestaltet werden, hängt von den Wünschen der jeweiligen Hausleitung ab. Beispielhaft seien hier zwei Häuser gegenübergestellt. Im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr gibt es ein an die Hausleitung in Stabsorganisation angebundenes Referat 01, das die klassischen Ministerbüroaufgaben (Organisation, Terminplanung etc.) und die Pressearbeit wahrnimmt, und in der Referatsgruppe Z (Zentrale Dienste)117, also in Linie, sind ein Koordinierungsreferat mit den bereits genannten Aufgaben sowie ein Referat, das sich mit Strategischer Planung und Koordinierung sowie EU-Angelegenheiten befasst, verortet. Das Ministerium für Inneres und Sport bildet dagegen diese Aufgaben vollständig in einem Leitungsstab ab, der in der Form einer Referatsgruppe organisiert ist. Diese ist ebenfalls direkt an den Minister und den Staatssekretär angebunden. Dort werden die Aufgaben wie folgt verteilt: Ein Referat bildet das Ministerbüro mit Strategie und ein Referat nimmt die Aufgaben der Presseund Öffentlichkeitsarbeit wahr. Außerdem gibt es ein Koordinierungsreferat, das sich mit Kabinett, Landtag, Europaund Bundesangelegenheiten beschäftigt. Komplettiert wird der Leitungsstab durch das Sportreferat.
Im Linienbereich bestehen ebenfalls Unterschiede zwischen den Ressorts. Das Ministerium für Inneres und Sport verfügt über die meisten Abteilungen (sechs)118, wohingegen das Ministerium für Wissenschaft und Kultur über lediglich drei Abteilungen und eine Referatsgruppe verfügt.
3.1.3 Aus dem Innenraum der Ministerialverwaltung119
Wie in der Grundlegung erläutert, bilden die Hausleitungen und ihr Stab das Scharnier zwischen Politik und Verwaltung. Dabei implementieren sie externe und eigene politische Vorgaben bzw. Ideen in den Verwaltungsapparat. Die Verwaltung legt der Hausleitung wiederum alle Vorgänge von Bedeutung zur Entscheidung vor und leistet die notwendige Unterstützung, damit die Hausleitung politisch agieren und reagieren kann.120 Inwieweit Anstöße zu neuen Vorhaben in der Landespolitik aus dem „politischen Raum“, also von den Hausleitungen selbst, Landtagsfraktionen und Parteien, oder aber aus der Ministerialverwaltung stammen, kann nicht beantwortet werden. Aus beiden Richtungen kommen entsprechende Initiativen. Die beiden Räume interagieren und ergänzen sich gegenseitig.121 Der Apparat muss die von der Hausleitung gebilligten Vorhaben in concreto umsetzen. So werden z.B. die Gesetzesentwürfe122 von der Fachebene entsprechend der politischen Leitentscheidungen erstellt.
Die Interaktion bzw. behördeninterne Koordinierung (Dienstweg123 und Mitzeichnungsverfahren124) in den Häusern, insbesondere auch zwischen der Hausleitung und der Linie, wird durch die fortschreitende Digitalisierung und den Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie z.B. der Email verstärkt. Das bietet für die Hausleitungen und die Ministerialverwaltung neue Möglichkeiten und wirkt sich zugleich auf hergebrachte interne Abläufe aus.125 So können die Entscheidungsträger via IT-Nutzung bspw. aus Terminen heraus konkrete Informationen sehr schnell bei den fachlich zuständigen Mitarbeitern abfragen. Aber nicht nur bei Eilsachen kann eine allgemeine Tendenz festgestellt werden, dass insbesondere Rückfragen zu Vorgängen oder allgemeine Informationsbitten anstelle über den „klassischen“ Dienstweg oder durch Anfrage an den Abteilungsleiter direkt an den zuständigen Bearbeiter gesteuert und teilweise auch beantwortet werden, ohne dass dabei immer der eigentlich hierarchisch vorgegebene Dienstweg eingehalten wird. Die Einhaltung des Dienstwegs erschöpft sich dann in der Regel darin, dass die weiteren „in der Kette stehenden“ Personen die Emails im (cc) erhalten. Der zügige Informationsaustausch gewinnt zwar insbesondere vor dem Hintergrund der immer schneller handelnden Medienlandschaft zunehmend an Bedeutung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Filterund Informationsfunktion des Dienstweges verloren geht. Die fortschreitende Digitalisierung drückt sich in § 18 Abs. 1 Satz 2 GGO aus. Danach sind in Arbeitsabläufen elektronische Verfahren so weit wie möglich zu nutzen. Man kann ohne weiteres konstatieren, dass die zunehmende Digitalisierung die Verwaltung, auch ohne die bisherige Einführung der E-Akte, bereits stark verändert hat.
3.1.4 Zur Personalstruktur und -gewinnung
Die Ministerialverwaltung zeichnet sich im Vergleich zum nachgeordneten Bereich durch einen anderen „Stellenkegel“ aus. Ein Merkmal ist, dass es einen ungleich höheren Anteil an Bediensteten der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt (ehemals höherer Dienst), gibt. Zudem sind die Dienstposten in der Laufbahngruppe 2 höher bewertet. Während etwa im nachgeordneten Bereich in der Regel nur die Spitzen größerer Behörden der B-Besoldung zugeordnet sind, können diese zumeist schon ab Referatsleiterebene in den Häusern angetroffen werden.
Durch die Reform 2003 ergab sich nicht nur ein Personalzuwachs für die Ministerien, sondern auch ihr Einfluss auf das Personal im nachgeordneten Bereich wurde gestärkt. Vor der Reform besaßen sie zwar die Fachaufsicht und die Verantwortung für das Fachpersonal in den Bezirksregierungen; allerdings oblag die Verantwortung für die Organisation der Bezirksregierungen und den Einsatz des Personals der allgemeinen Verwaltung dem Innenministerium.126 Um den Ministerien nach Abschaffung der Bezirksregierungen die vollständige Personalverantwortung über den ihnen fachlich nachgeordneten Bereich einzuräumen, wurde eine möglichst „ressortreine“ Aufteilung der neu zu verteilenden Aufgaben der Bezirksregierungen angestrebt.127
Bei der Gewinnung von Nachwuchskräften, die bedingt durch den demografischen Wandel immer schwieriger wird, kommt dem Ministerium für Inneres und Sport eine wichtige Rolle zu. Es organisiert sowohl die zentrale Einstellung von Juristen für die allgemeine Landesverwaltung als auch von Anwärtern für den Bereich der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Verwaltung (ehemals gehobener allgemeiner Verwaltungsdienst). Dazu finden Assessmentcenter statt, an denen als Teil der Auswahlkommission neben Vertretern des Ministeriums für Inneres und Sport Mitarbeiter anderer Ressorts teilnehmen. Darüber hinaus stellen die Ressorts Bedienstete für die unterschiedlichen Fachrichtungen direkt ein. Die zentral eingestellten Nachwuchskräfte durchlaufen in den ersten Jahren, oft auch geschäftsbereichsübergreifend, verschiedene Verwendungen. Vor der Verwaltungsmodernisierung 2003 bis 2005 dienten die Bezirksregierungen, die die unterschiedlichsten Fachbereiche bündelten, als „Ausbildungsstelle“ für junge Nachwuchskräfte. Sowohl im 1. als auch im 2. Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 mussten sich die Mitarbeiter in der Regel zunächst im operativen Geschäft der Bezirksregierungen bewähren, bevor sie in die eher strategisch und planend ausgerichteten Ministerien aufsteigen konnten. Nachdem die Nachwuchskräfte ihre erste Planstelle angetreten haben, sind ressortübergreifende Wechsel selten. In den Häusern gehört es allerdings im Rahmen der Laufbahn dazu, dass man verschiedenste Verwendungen durchläuft, um den ministeriellen Beamtentypus des „Allrounders“ zu erreichen.
Nicht nur in der Ministerialverwaltung, sondern auch der gesamten Landesverwaltung besteht im Bereich der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste, ein Fachkräftemangel, der durch den demografischen Wandel weiter zunehmen wird.128 Dieser Mangel hat sich dadurch zugespitzt, dass die Landesregierung im Jahr 2007 die landeseigene Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Hildesheim, die die angehenden Regierungsinspektoren als Anwärter im Rahmen eines Fachhochschulstudiums ausbildete, geschlossen hat. Die Landesregierung strebte mit der Schließung zum einen finanzielle Einsparungen an129, zum anderen ging sie davon aus, dass der „freie“ Markt genügend Nachwuchskräfte hergeben würde. Darüber hinaus wurde es als vorteilhaft angesehen, dass die späteren Inspektoren130 nicht bereits als Anwärter eingestellt wurden, sondern zunächst ein „freies“ Studium absolvierten. Nachdem erkannt wurde, dass die Schließung aufgrund nunmehr fehlenden, hinreichend qualifizierten Nachwuchses nicht von Vorteil war, hat die Landesregierung beschlossen, dass zum Studienjahr 2015 erstmals wieder für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste, Anwärter eingestellt werden. Diese studieren an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Hannover. Im Haushaltsplan 2015 sind im Zuge der Bemühungen um eine bessere Nachwuchsgewinnung Mittel in Höhe von 1,6 Mio. Euro aufwachsend auf rund vier Mio. Euro in 2018 vorgesehen.131
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Landesregierung aktuell Personaleinsparungen plant. Für den Haushaltsplanentwurf 2016 wird sie ein Konzept zur Stellenbegrenzung in der Landesverwaltung vorlegen.132 Dieser Ansatz verdeutlicht, dass das Personal der Landesverwaltung zurückgefahren wird und der Handlungsspielraum der Landesregierung in diesem Bereich begrenzt bleibt.133
3.1.5 Zur Steuerung des nachgeordneten Bereichs – Aufsicht
Eine Besonderheit in Niedersachsen ist im Vergleich zu den Ländern, deren Verwaltung dreistufig aufgebaut ist, die durch die Reform 2003 weitgehend auf Ebene der Ministerien konzentrierte Rechtsund Fachaufsicht über den nachgeordneten Bereich sowie die kommunale Ebene. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Konzentration, der veränderten Bedeutung von verwaltungsinterner Aufsicht, Kontrolle und Beratung Rechnung zu tragen und eine deutliche Reduzierung der Aufsicht zu erreichen.134 Zugleich war die Reduzierung der Aufsicht in fachlicher und personeller Hinsicht gewollt, um zu verhindern, dass die Personalapparate der Ministerien nicht über Gebühr „aufgebläht“ wurden.135
Die aufsichtliche Steuerung erfolgt in der Praxis durch Verordnungen136 und Erlasse.137 Daneben stehen den Ministerien weitere Aufsichtsbefugnisse zu. Allerdings wird zwischen den Ebenen selten mit konkreten Einzelweisungen gearbeitet, sondern vielmehr auf Kommunikation und Kooperation gesetzt. In der Regel bestehen stetige Kommunikationsbeziehungen zwischen den Ministerien und ihren nachgeordneten Bereichen.138 Mit Blick auf die niedersächsische Ministerialverwaltung können keine allgemeingültigen Aussagen über die Steuerung des jeweils nachgeordneten Bereichs getroffen werden. Es zeigt sich vielmehr, dass es stark vom einzelnen Ministerium und innerhalb der Ministerien von den dort gerade gesetzten thematischen Schwerpunkten sowie den handelnden Personen abhängig ist, wie engmaschig die Aufsicht geführt wird. Diese Einflüsse befinden sich auch im Laufe einer Legislaturperiode in einem ständigen Fluss und hängen häufig vom konkreten Einzelfall ab.
Die alleinige Konzentration der Aufsicht auf Ministerialebene ist zugleich Chance und Risiko, vor allem für die politisch Verantwortlichen. Die Aufsicht ist der Politik näher ge- rückt. Ein Minister erhält einen einfacheren Zugriff auf die Aufsicht und kann diese innerhalb der rechtlichen Rahmen „politisch“ beeinflussen und damit die von Ministeriumsseite gewünschte Politik leichter durchsetzen. Gleichzeitig besteht eine höhere Gefahr, dass der Minister in die politische Haftung genommen wird, sollte es in seinem Haus zu Mängeln im Rahmen der Aufsichtsführung kommen.139 Insgesamt kann konstatiert werden, dass die Ministerien durch den Wegfall der Bündelungsfunktion der Bezirksregierungen mehr Freiräume erhalten haben, in ihrem Geschäftsbereich zu agieren.140 Zugleich bietet sich durch die Ansiedlung von Aufsicht und rechtsetzungsvorbereitenden Organisationseinheiten die Chance, auf bestimmte Entwicklungen schneller reagieren zu können, indem etwa ein Gesetzgebungsprozess angeschoben wird. Allerdings müssen sich die Ministerien mit deutlich mehr Einzelfällen als bisher befassen.
Mit der Konzentration der Aufsicht auf Ebene der Ministerien erhielten diese in nicht zu unterschätzendem Umfang operative Aufgaben. Dadurch hat sich der ursprüngliche Charakter der Ministerien als oberste Landesbehörden, die sich primär mit Strategie und Planung befassen141, verändert. Diese Tendenz verstärkt sich, weil sich die politischen Gestaltungsspielräume der Länder verengen. Gründe dafür sind die fortschreitende europäische Integration, die ein immer engeres Normenkorsett mit sich bringt, eine stärkere Zentralisierung auf Bundesebene sowie zahlreiche Selbstbindungen durch Vereinbarungen der Fachministerkonferenzen der Länder, um Verfahren etc. zu vereinheitlichen.142