Interessengruppen im Bereich Umwelt, Natur und Tierschutz
Im Jahr 1971 verabschiedete die Bundesregierung das erste Umweltprogramm44, dem u.a. die Einrichtung des Umweltbundesamtes45 folgte. Im Verlauf der Ölund Wirtschaftskrise Anfang der 1980er Jahre entwickelten sich parlamentarisches und außerparlamentarisches Umweltengagement in konträre Richtungen. Während die parlamentarischen Aktivitäten zurückgingen, gewann die bis dahin relativ unbedeutende Umweltbewegung – zuvor war der Umweltschutz auf klassischen Naturschutz begrenzt – an Bedeutung.46 Das Feld der Interessenorganisationen, die im Bereich des Umweltund Naturschutzes tätig sind, kann dahingehend strukturiert werden, ob es sich um Organisationen handelt, die vorwiegend im lokalen Raum tätig sind, bzw. um Organisationen mit einem überregionalen Zuschnitt, aber ohne spezielle Organisationsstrukturen auf Länderebene. Ausgehend von dieser Abgrenzung können die verbleibenden Organisationen mit Landesbezug hinsichtlich der sachlichen Hauptschwerpunktbereiche ihrer Tätigkeit, ihrer internen Organisationsstruktur sowie schließlich hinsichtlich ihrer privilegierten Rolle im System politischer Interessenvermittlung unterschieden werden.
Eine besondere sichtbare Form der „Inkorporierung“ der Verbände in den Bereich staatlichen Handelns bietet das Naturund Landschaftsschutzrecht. In Niedersachsen gibt es nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) derzeit 14 anerkannte Naturschutzverbände. Durch die Anerkennung ist diesen Verbänden die Wahrnehmung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege anvertraut worden.47 Mit der gesetzlichen Verankerung der Beteiligung der Naturschutzverbände und der Einführung der Verbandsklage im Naturschutz hat sich ein stark institutionalisiertes Interaktionsnetzwerk zwischen Landesebene und Verbänden entwickelt.48
Naturschutzverbände unterstützen Behörden bei der Betreuung für den Naturschutz wertvoller Gebiete. Zudem tragen sie zur Information, zur Akzeptanzförderung und zum Monitoring bei.
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Niedersachsen
Der BUND hat in Deutschland über 330.000 Mitglieder. Er gliedert sich in 16 Landesverbände und über 2.000 Kreisund Ortsgruppen.49 Bundesund Landesverbände sind selbstständige Vereine, die Kreisund Ortsgruppen sind alle einem Landesverband angeschlossen. In Niedersachsen wurde im April 1961 in Hannover der gemeinnützige Verein „Bund für Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen e.V.“ gegründet. Er wollte aktiven Naturschutz als Daueraufgabe entwickeln. Öffentlichkeitsarbeit und Ortsbegehungen in zu schützendem Gelände standen zunächst im Mittelpunkt der Vereinsarbeit. 1975 wurde in Marktheidenfeld auf Bundesebene der „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND) gegründet. Zunächst fungierte der „Bund für Naturschutz und Landschaftspflege“ als BUND-Landesverband in Niedersachsen. Im Laufe der Jahre entstand dann in jedem Bundesland ein eigener Landesverband. In Niedersachsen wird dieser von rund hundert Kreisund Ortsgruppen sowie Regionalverbänden getragen und besitzt inzwischen etwa 33.000 Mitglieder und Förderer.50 Über fest angestellte Mitarbeiter verfügen die Bundesgeschäftsstelle und die Landesgeschäftsstellen des BUND.
Der BUND sieht sich in der Rolle des kritischen Mahners und Beobachters, der umweltpolitische Defizite aufdeckt, politische Lobbyarbeit leistet und eine wichtige Öffentlichkeitsfunktion erfüllt. Sein Handlungsraum erstreckt sich über das gesamte Feld der Energie-, Naturschutz-, Umweltschutz-, Agrarund Tierschutzpolitik. Aktionen und Kampagnen werden auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene geführt. Ihr inhaltliches Spektrum umfasst z.B. die Erhaltung von Moorgebieten, die Mobilmachung gegen die Atomkraft und die Werbung für umweltund gesundheitsverträgliche Produkte.