Diskussion der Ergebnisse

Die an der Umfrage teilnehmenden Clusterorganisationen decken sich von ihren Charakteristika her weitgehend mit den Erkenntnissen zu Clusterorganisationen, wie sie auch aus vorhergehenden Studien schon deutlich wurden (vgl. Lindqvist et al. 2013; Kind/Meier zu Köcker 2013; Meier zu Köcker/Buhl 2008; Sölvell et al. 2003). Im Folgenden sollen die Ergebnisse zu den Rahmenbedingungen der Clusterorganisationen daher in den Gesamtkontext eingebettet und davon ausgehend interpretiert werden.

Die befragten Clusterorganisationen sind zumeist jünger als zehn Jahre. Lediglich ein Fünftel der befragten Organisationen hat ein Gründungsdatum vor dem Jahr 2000. Dafür lassen sich mehrere Gründe annehmen: So hat überhaupt erst seit dem Jahr 2000 eine verstärkte Gründungswelle von Clusterorganisationen eingesetzt, im selben Zuge, in dem Clusterpolitik ein beliebtes Werkzeug der Wirtschaftspolitik europaund weltweit geworden ist. Diese Tendenz deckt sich auch mit den Zahlen des Global Cluster Initiative Survey (Sölvell et al. 2003: 34). Zudem ist zu bedenken, dass viele Organisationen, die bereits in den 1990ern gegründet worden sind, vielfach auch schon wieder eingestellt worden sind, so dass notwendigerweise die Anzahl heute noch aktiver Organisationen, die älter sind als zehn Jahre und damit außergewöhnlich erfolgreich sind, geringer ist als die vor kurzem erst gegründeter Organisationen. Interessanterweise sind auch im Global Cluster Initiative Survey von 2013 die teilnehmenden Clusterorganisationen in der Mehrzahl nicht älter als 5 Jahre (vgl. Lindqvist et al. 2013: 14). Dies kann als Beleg für die hohe Gründungsaber auch Beendigungsdynamik von Clusterorganisationen gesehen werden.

Zudem unterscheiden sich die Gründerzeiten in Europa: Unter den teilnehmenden Clusterorganisationen im hier durchgeführten Survey sind die aus Westeuropa älter als die aus Ostund Südeuropa. Diese unterschiedlichen Phasen machen deutlich, dass das Clusterkonzept zeitversetzt in den verschiedenen europäischen Regionen zur Entfaltung gekommen ist – in Westeuropa findet Clusterpolitik schon länger Niederschlag in Clusterorganisationen als in Ostoder Südeuropa (vgl. Kap. 3.3.2: 98ff..).

Vom Organisationstyp her sind die befragten Clusterorganisationen höchst unterschiedlich – auch dies deckt sich mit den Erfahrungen aus vorhergehenden Studien (vgl. insb. Meier zu Köcker/Buhl 2008: 37ff.) . Dabei zeigt sich auch, dass die Wandlungsdynamik der Organisationsform der Clusterorganisation eher gering ausgeprägt ist – vier von fünf Organisationen haben noch nie in ihrem bisherigen Leben den Organisationstyp gewechselt. Die jedoch, bei denen ein Wechsel stattgefunden hat, haben zumeist eine stärkere Formalisierung durchlaufen. Es ist anzunehmen, dass dieser Fall insbesondere bei Organisationen der Fall ist, die „bottom-up“ entstanden sind (vgl. Kap. 3.3.2: 122), d.h. aus einem zunächst informellen Netzwerk von Firmen und Forschungspartnern, die sich an einem bestimmten Punkt in ihrem Leben zu einer Vereinsgründung entschieden haben oder aufgrund einer Förderung eine stabilere rechtliche Verfasstheit benötigten.

Bei der Mitgliederzahl von Clusterorganisationen sind keine klaren Muster erkennbar, sie existieren in allen Größen. Jedoch sind Clusterorganisationen mit mehr als 100 Mitgliedern relativ selten zu finden – zwei Drittel aller befragten Organisationen haben unter 100 Mitglieder. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen aus dem Global Cluster Initiative Survey von 2013 (Lindqvist et al. 2013: 17), in dem die durchschnittliche Mitgliederzahl bei 80 Mitgliedern angegeben wird. Es gibt jedoch geographische Unterschiede: Clusterorganisationen aus Westeuropa haben deutlich häufiger als der Durchschnitt mehr als 100 Mitglieder. Wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass Clusterorganisationen in Westeuropa meist auch früher gegründet wurden als die Organisationen in den anderen Teilen Europas, mag diese höhere Mitgliederzahl auch mit der höheren Reife der westeuropäischen Organisationen zusammenhängen.

Hinsichtlich der Mitglieder ist der weitaus größte Teil der Clusterorganisationen durch KMU geprägt – diese sind bei fast drei von vier Clusterorganisationen die größte Mitgliedsgruppe. Dieses Ergebnis deckt sich mit bisherigen Umfrageergebnissen z.B. von Meier zu Köcker/Buhl (2008: 14). Nur eine von zehn Clusterorganisationen hat Ausbildungsund Forschungseinrichtungen als größte Mitgliedsgruppe. Bei mehr als einem Drittel der Clusterorganisationen jedoch sind Ausbildungsund Forschungseinrichtungen die zweitgrößte Mitgliedsgruppe. Damit bilden Ausbildungsund Forschungseinrichtungen die zweitwichtigste Mitgliedergruppe für Clusterorganisationen. Dies entspricht dem Verständnis von Clustertheorie und Clusterpolitik, bei dem ein verstärkter Forschungstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zentral für das Clusterkonzept ist (vgl. z.B. Howells 2002).

Großunternehmen sind nur sehr selten die größte Mitgliedsgruppe der befragten Clusterorganisationen – nur bei einer von zehn Organisationen ist dies der Fall. Jedoch gibt es hier branchenspezifische Unterschiede: In Clusterorganisationen der Automobilwirtschaft sind Großunternehmen dreimal häufiger als im Durchschnitt die größte Mitgliedsgruppe. Dieser Zusammenhang mag erklärbar im Sinne der oben beschriebenen Eigenschaften des Branchenkomplexes Automobilwirtschaft sein, der stark durch einige wenige, wirkungsmächtige Großkonzerne geprägt ist (vgl. Kap. 5.5.2: 155).

Der wesentliche geographische Bezugspunkt der befragten Clusterorganisationen ist die Region – knapp über der Hälfte aller Teilnehmer gab dies beim Gebietsbezug an. Zählt man auch die grenzüberschreitenden Regionen hinzu, haben 70 Prozent der teilnehmenden Organisationen einen regionalen Bezug. Dies deckt sich mit der Clustertheorie (vgl. Porter 1998, 2000). Da unter den Teilnehmern der Umfrage auch Technologieund Innovationsparks waren, jedoch die substädtische und städtische Bezugsebene der Clusterorganisationen mit 0,9 bzw. 3,6 Prozent nur sehr gering ausgeprägt ist, ist davon auszugehen, dass auch derartige Clusterorganisationen ihren Gebietsbezug eher regional als substädtisch verstehen.

Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit ist die Frage nach der Dynamik von Clusterorganisationen, d.h. wie sehr sich die Rahmenbedingungen der Organisation im Laufe ihrer Lebenszeit ändern und was dies für Auswirkungen auf die Kommunikation hat. Ein Wechsel des Branchenbezugs kommt bei den befragten Clusterorganisationen selten vor – bei zwei von drei Organisationen fand dies bisher noch gar nicht statt. Hat jedoch ein Wechsel stattgefunden, dann geht dieser vor allem in Richtung einer Erweiterung des Branchenbezugs. Eine Veränderung des Gebietsbezugs ist hingegen ein vergleichsweise häufiges Ereignis im Lebenszyklus von Clusterorganisationen: Zwei von fünf Organisationen haben diesen im Laufe ihres Lebens geändert und fast ausschließlich bedeutet dies, dass sie ihren Gebietsbezug vergrößert haben, d.h. sich für eine größere Region als zum Zeitpunkt ihrer Gründung zuständig sehen. Wachstum bei Clusterorganisation heißt damit auch häufig geographisches Wachstum.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Organisationen, die in einem Bereich einen Wandel durchlaufen haben – z.B. beim Gebietsbezug – sich häufig auch in einem oder mehreren anderen Bereichen verändert haben, etwa beim Branchenbezug. Es lässt sich annehmen, dass sich diese Organisationen an einem Punkt neu aufgestellt haben und dass Teil dieser Erneuerung sowohl eine Veränderung des Gebietsbezugs und des Branchenbezugs waren. Rund die Hälfte aller befragten Clusterorganisationen wird durch ein Mischmodell aus öffentlicher und privater Finanzierung getragen, die andere Hälfte unterteilt sich relativ gleichmäßig in eine rein öffentliche und eine rein private Finanzierung. Damit ist die Mischfinanzierung das häufigste Modell der Finanzierung. Diese Verteilung unterscheidet sich etwas von den Ergebnissen des Global Cluster Initiative Survey (vgl. Sölvell et al. 2003: 39). Dort werden 54 Prozent der Clusterorganisationen noch rein öffentlich finanziert, 25 Prozent folgen einem Mischmodell und 18 Prozent werden privat finanziert. Die Gründe dafür können mehrere sein. So umfasst der Global Cluster Initiative Survey Teilnehmer auf sehr vielen verschiedenen Branchen und aus aller Welt. Herkunft und Branchenbezug können damit zu diesem Unterschied führen. Es gibt jedoch einen weiteren Faktor, der diesen Unterschied ebenfalls erklären könnte: Der erste Global Cluster Initiative Survey fand bereits 2003 statt. Organisationen, die damals jung und rein öffentlich finanziert waren, mögen in der Zwischenzeit auch zu gemischten Finanzierungsmodellen übergegangen sein und sich damit der Verteilung unter den Teilnehmern dieser Umfrage angenähert haben. Es existieren dabei jedoch auch Unterschiede in Europa: Clusterorganisationen aus Westeuropa werden häufiger rein öffentlich und Clusterorganisationen aus Osteuropa häufiger rein privat finanziert werden. Dies mag durch höhere finanzielle Ressourcen im Bereich Clusterpolitik in Westeuropa zustande kommen.

Was die Organisationsform betrifft, setzen als Vereine konstituierte Clusterorganisationen deutlich seltener als der Durchschnitt auf eine rein öffentliche Finanzierung, während als Projekte oder Abteilungen konstituierte Clusterorganisationen deutlich häufiger öffentlich finanziert sind. Dies ist insofern erwartbar, als sich Vereine häufig zu einem Zeitpunkt im Lebenszyklus einer Clusterorganisation konstituieren, wenn öffentliche Förderungen auslaufen. Gleichzeitig sind Projekte oder Abteilungen größerer Organisationen in vielen Fällen rein öffentliche Förderinitiativen, z.B. einer Wirtschaftsförderung. Dies ist besonders in der frühen Phase einer Clusterentwicklung der Fall, wenn die relevanten Akteure erst sensibilisiert werden müssen für das Clusterthema. Knapp zwei Drittel aller befragten Clusterorganisationen haben jedoch noch keinen Wandel der Finanzierung erfahren, bei den anderen fand noch am häufigsten ein Wandel von rein öffentlicher zu gemischter Finanzierung statt.

Die Personalsituation in den befragten Clusterorganisationen kann eher als angespannt bezeichnet werden: rund zwei Drittel haben maximal fünf Mitarbeiter. Dieses Ergebnis bestätigt die auch aus früheren Umfragen stammenden Erkenntnisse (vgl. Lindqvist et al. 2013; S. 15; Sölvell et al. 2003). Auch der bei den PR-Verantwortlichen häufig fehlende PR-bezogene Ausbildungshintergrund deckt sich mit der Aussage von Blasini et al. (2014).

 
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