Ein Fazit – Analyse und Ausblick
Der Berufswunsch, Journalist zu werden, erfreut sich bei jungen Menschen steigender Attraktivität. Die vielen deutschen Journalistenschulen und Akademien, aber auch die Fakultäten Journalistik und Publizistik an den Universitäten sind weit überlaufen. Bei einigen Hochschulen wurde der Numerus Clausus eingeführt, um dem Ansturm Herr zu werden.
Wie erklärt sich diese magische Anziehungskraft eines Berufes, der – wie viele andere auch – ziemlich in der Krise steckt? Durch den wirtschaftlichen Niedergang vieler Verlagshäuser, dem Sparzwang der öffentlich-rechtlichen Medien, aber auch der privaten Medienunternehmen wird die Zahl der arbeitslosen Journalisten von Jahr zu Jahr größer. Und viele freie Journalisten schlagen sich mehr schlecht als recht mit geringem Einkommen durch. Das sollte man berücksichtigen, wenn man sich für diesen Beruf interessiert.
Viele junge Menschen sehen in diesem Beruf vor allem die erfolgreichen Kollegen, die vor der Kamera als Moderatoren, als Korrespondenten an den Brennpunkten dieser Welt arbeiten und dadurch oft selbst zu den prominenten Personen unserer Zeit gehören. Nicht selten werden Entertainer wie Thomas Gottschalk oder Günter Jauch, die vor allem im Unterhaltungsbereich Karriere gemacht haben und bekanntermaßen viel Geld verdienen, gleichgesetzt mit der journalistischen Arbeit. Dies ist ganz sicher falsch. Auch die „Edelfedern“ der großen Zeitungen und Zeitschriften, die über ihre Enthüllungsgeschichten oder Kommentare bekannt geworden sind, sollten keine falschen Erwartungen beim journalistischen Nachwuchs erwecken. Diese Journalisten sind nur ein Bruchteil der Branche und machen nicht einmal zwei Prozent aus. Das Heer der anderen Journalisten erledigt Alltagsarbeit: Meldungen sammeln, redigieren, recherchieren und korrigieren. Nur die Wenigsten reisen durch die Welt für große Reportagen oder Starportraits. Journalismus ist harte Arbeit, die mit dem, was vielen jungen Studenten in den Köpfen spukt, nichts zu tun hat.
Mit dieser Einsicht würde sich meines Erachtens die Zahl der Bewerber bereits deutlich verringern.
Hinzu kommt, dass nach einem Studium die Aussichten, einen attraktiven Arbeitsplatz in den Medien zu erhalten, nicht gerade rosig sind. Bei einer schrumpfenden Branche, die mehr und mehr arbeitslose Journalisten hinterlässt, ist das eine Binsenweisheit.
Bei dieser ernüchternden Bilanz greifen viele Medien auf Praktikanten zurück. Sie sind nach einem Studium vorgebildet, kosten nichts oder nicht viel und verstärken die Redaktionen ohne großes Risiko für die Arbeitgeber. Dies wird immer häufiger praktiziert, sodass die Branche schon von dem Berufbild „Praktikant“ spricht. Trotzdem lassen sich viele Studienabgänger auf zehn oder noch mehr Praktika ein, in der Hoffnung, irgendwo eine Festanstellung zu ergattern. Diese Entwicklung ist zu bedauern, aber sie entspricht ziemlich genau der Wirklichkeit.
Was tun, um diesem Teufelskreis zu entkommen und doch in seinem Traumberuf arbeiten zu können? Für den Journalismus gilt zunächst einmal wie für andere Berufe auch: die Chancen erhöhen sich mit einer guten Ausbildung. Ohne Abitur geht auch im Journalismus gar nichts mehr. Doch um Journalist zu werden, muss man nicht unbedingt ein Studium anhängen. Journalismus ist ein freier Beruf, den jeder ergreifen kann, auch ohne spezielle Ausbildung. Außergewöhnliche Begabungen sind selten und werden meist auch nicht in der Bewerbung erkannt. Deshalb verlassen sich die Chefredaktionen doch eher auf eine solide Ausbildung. Dem Abitur sollte deshalb dann auch noch ein Studium folgen. Wobei es nicht so sehr darauf ankommt für welches Studium man sich entscheidet. Wichtig ist konsequent und wissenschaftlich zu arbeiten, Nachhaltigkeit zu beweisen und Prüfungen zu bestehen. Es gibt Journalismusexperten, die diesen Weg für ausreichend halten. Nicht so der Hamburger Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg. Er rät zum Beispiel eindringlich zu einem Journalistikstudium.
Die Studenten lernen, so Weichenberg, im Journalistikstudium im weitesten Sinne auf Medien bezogene Kenntnisse wie Medienrecht, -ökonomie, -ethik sowie kommunikationswissenschaftliche Grundlagen über „die Wirkungszusammenhänge von Medien“. Außerdem, und das hält Prof. Weischenberg für besonders wichtig, erlernen sie, neben der journalistische Kernkompetenz, Themen zu vermitteln. Sie werden in die Lage versetzt, ihre Rolle als angehender Journalist zu reflektieren und über die Folgen ihres Handelns nachzudenken. Diesen Empfehlungen des Hamburger Wissenschaftlers kann ich voll und ganz beipflichten. Die Zeiten, in denen begabten jungen Menschen, die sich berufen fühlten, Journalist zu werden, eine Chance gegeben wurde, sind leider vorbei. Viele bekannte und erfolgreiche Journalisten der Vergangenheit waren sogenannte Quereinsteiger. Sie konnten durch ihre Arbeit beweisen, dass sie die richtige Wahl getroffen hatten. Nicht, dass es diese Begabungen heute nicht mehr gäbe, aber die Personalchefs setzen auf Sicherheit und die garantiert
ihnen eine solide Ausbildung.
Dabei braucht ein guter Journalist nicht nur eine gute Ausbildung, er braucht mehr. Er braucht natürlich auch die Begabung, ein gutes Sprachgefühl, eine spezifische Intelligenz und „Biss“.
Ich habe in den Redaktionen, in denen ich Verantwortung getragen habe, viele Studienabgänger, Praktikanten und Volontäre ausbilden dürfen. Schon nach den ersten Gesprächen konnte ich in der Regel sagen, wer in diesem Beruf richtig ist und wer sich besser gleich zu Beginn für etwas Anderes entscheiden sollte. Die nachfolgende praktische Arbeit im Redaktionsteam hat mich dann meist in meinem ersten Eindruck bestätigt.
Wachheit, Selbstbewusstsein, Neugier und ein natürliches Interesse an Menschen und der Welt, in der wir leben, sind Voraussetzungen, die ein angehender Journalist von vornherein mitbringen sollte. Aber auch Eigenantrieb, ein Gespür für Themen, Zuverlässigkeit und, wie anfangs beschrieben, die Leidenschaft, die bei jedem Berufsziel die Triebfeder zum Erfolg ist. Kam bei meinen Berufsanfängern die solide Ausbildung hinzu, gingen diese Anwärter ihren Weg. Das waren – muss ich gestehen – nicht viele.
Sollte bei diesen Anforderungen jemand der Mut verlassen, wäre das die falsche Message. Journalist zu sein – wie könnte ich es anders sehen – ist der schönste Beruf der Welt. Viele unterschiedliche Menschen zu treffen, Schicksale zu beobachten, dem Zeitgeist auf der Spur zu sein und vielleicht hin und wieder etwas zum Besseren verändern zu können, was könnte interessanter sein. Dafür lohnt es sich durch viele Täler zu gehen. Wer Glamour oder Abenteuer sucht, ist sicher auf der falschen Spur.
Journalismus ist harte Arbeit. Die solide Recherche ist dabei einer der wichtigsten Meilensteine zum gewünschten Erfolg.
„Schreib kurz – und sie werden es lesen
schreib klar – und sie werden es verstehen
schreib bildhaft – und sie werden es im Gedächtnis behalten“ Joseph Pulitzer