Auswirkungen auf die Transfer-Regelungen der Sportverbände
Wie oben ausgeführt, hat der EuGH Im konkreten Fall eine Rechtfertigung für das als Beschränkung anzusehende Transfersystem aufgrund der Vereinsinteressen für nicht gegeben angesehen. Die dargestellten Transferregelungen galten bis zur EuGH-Entscheidung auch in Deutschland. Die Entscheidung berührt allerdings nicht den Bereich des Amateurfußballs (siehe aber BGH unten) sowie Regelungen über den Vereinswechsel von Spielern aus Nicht-EU-Staaten. Aufgrund der Satzungsregelungen des Deutschen Fußballbundes (DFB) waren alle Mitgliedsvereine an die Transferregelungen gebunden. Dies führte bei den Vereinen zu der häufig sehr unglücklichen Situation, satzungsbzw. vereinsrechtlich zu etwas verpflichtet zu sein, was arbeitsbzw. europarechtlich unzulässig ist. nach dem EuGH-Urteil wurde die Transferpraxis aufgehoben. Mittlerweile gilt eine neue Transferregelung.
Anzumerken wäre noch, dass der BGH die Entscheidungsgründe aus dem Fall Bosman auf Teile des Amateursports ausgedehnt hat. Nach einer Entscheidung vom 27. September 1999 sind Verpflichtungen zur Zahlung von Ausbildungsbzw. Förderungsentschädigungen bei der Verpflichtung von Amateurspielern als sog. Vertragsamateure durch Vereine der Regionalliga wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG nichtig. Auch solche Regelungen seien geeignet, einen interessierten Verein davon abzuhalten, Amateure anderer Vereine als Vertragsamateure zu übernehmen. Hierin liege eine Verletzung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Art. 12 Abs. 1 GG.
Unterscheidung Diskriminierungsund Beschränkungsverbot
Der Fall Bosman veranschaulicht zudem den Unterschied zwischen einer Diskriminierung nach Art. 45 Abs. 2 AEUV und einer Beschränkung nach Art. 45 Abs. 1 AEUV. Die in den nationalen Fußballligen bis zur Bosman-Entscheidung üblichen Ausländerklauseln – Begrenzung der Anzahl der im Spiel eingesetzten EU-Ausländer – stellen eine unzulässige Diskriminierung wegen Staatsangehörigkeit dar. Dagegen haben die für alle Spieler geltenden Transferregelungen nur beschränkende Wirkung nach Art. 45 Abs. 1 AEUV und können auch durch übergeordnete Allgemeininteressen grundsätzlich gerechtfertigt sein, was der EuGH aber im konkreten Fall abgelehnt hat.
Im Gegensatz dazu hat der EuGH in der Graf-Entscheidung festgestellt, dass der gesetzlich vorgesehene Ausschluss eines Abfertigungsbzw. Abfindungsanspruchs aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers bereits tatbestandlich kein Beschränkungsverbot darstellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom EuGH genannten Kriterien „zu ungewiss“ oder „zu indirekt“ geeignet sind, um ein Beschränkungsverbot abzulehnen. Es dürfte rechtsdogmatisch entscheidend sein, dass Herr Graf bei Arbeitsaufnahme noch gar keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfertigung bzw. Abfindung hatte, da die Umstände zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich ungewiss sind. Dagegen war im Fall Bosman absehbar, dass die seinerzeit beschränkenden Transferregelungen für alle Spieler auch bei einem Wechsel zur Anwendung kommen würden. Dem Spieler war bekannt, dass er nur dann zu einem anderen Verein wechseln konnte, wenn dieser die entsprechenden Ablösezahlungen leistete bzw. die Voraussetzungen für eine Ablösefreiheit vorlagen.