Fall Echternach EuGH Slg. 1989, 723

M ist deutscher Staatsangehöriger. Sein Vater arbeitete zunächst in den Niederlanden und ließ sich dann aufgrund seiner Versetzung mit seinem Sohn in Deutschland nieder. Zuvor nahm M ein Studium an einer niederländischen Hochschule auf. Nachdem M in Deutschland keinen Studienplatz erhalten hat, kehrte er an eine niederländische Hochschule zurück und erhielt für die Dauer seines Studiums die Aufenthaltserlaubnis. Sein Begehren auf Studienfinanzierung lehnten die niederländischen Behörden mit der Begründung ab, dass er sich nur zum Zwecke des Studiums in den Niederlanden aufgehalten habe. M beruft sich auf die Gleichbehandlung nach Art. 45 Abs. 2 AEUV sowie die Freizügigkeits-VO. Der zuständige niederländische Streitsachenausschuss für Studienfinanzierung legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob ein Kind eines Arbeitnehmers eines anderen Mitgliedsstaates einen Anspruch auf Studienförderung hat, wenn sein Vater in sein Heimatland zurückgekehrt ist.

Der EuGH sah im vorliegenden Fall den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 45 Abs. 2 AEUV als verletzt an, der auch für Familienangehörige gilt. Diese Grundsätze kommen sowohl für das Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen als auch für Leistungen zur Studienfinanzierung zur Anwendung. M sei genauso zu behandeln, wie niederländische Studenten.

1. Nach Art. 12 der Freizügigkeits-Verordnung Nr. 1612/68 (nunmehr Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011) können die Kinder eines EG-Arbeitnehmers unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlingsund Berufsausbildung teilnehmen. (Rn. 28)

2. Da sich die Gleichbehandlung hinsichtlich der Kinder von EG-Arbeitnehmern somit auf jede Form von Unterricht sowohl berufsals auch allgemeinbildender Art erstreckt, bedarf es im vorliegenden Fall nicht der Prüfung, ob der bezeichnete Unterricht der Berufsausbildung dient oder nicht. (Rn. 29)

3. Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 (nunmehr Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011), wonach die Kinder von EG-Arbeitnehmern unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes zum Unterricht zugelassen sind, zielt nicht nur auf die Zulassungsbedingungen im eigentlichen Sinne, sondern auch auf die allgemeinen Maßnahmen ab, die die Teilnahme am Unterricht erleichtern sollen. (Rn. 33)

4. Außerdem ist eine Förderung, die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung an einer weiterführenden Schule oder das sich daran anschließende Studium gewährt wird, als eine soziale Vergünstigung im Sinne der FreizügigkeitsVerordnung anzusehen, die den Wanderarbeitnehmern unter den gleichen Bedingungen zusteht wie den eigenen Staatsangehörigen. Dieser Grundsatz muss auch für die Kinder dieser Arbeitnehmer gelten, wenn sie gemäß Art. 12 (nunmehr Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011) dieser Verordnung am Unterricht im Aufnahmelandteilnehmen, da diese Bestimmung bei jeder anderen Auslegung oft völlig wirkungslos würde. (Rn. 34)

 
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