Diskriminierungsschutz nach dem AGG und dem MuSchG
Die Antidiskriminierungs-Richtlinien hat der deutsche Gesetzgeber sodann durch die Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) umgesetzt. In § 1 AGG sind die in der EU-Richtlinie 2000/78/EG (vgl. Kapitel H u. I) sowie in Richtlinie 2006/54/EG genannten Diskriminierungs-merkmale übernommen worden. Den Anwendungsbereich und die entsprechenden Begriffsbestimmungen regeln die §§ 2, 3 AGG. Anders als in der Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie RL 2000/78/EG ist in § 1 AGG das Diskriminierungsmerkmal Geschlecht mit enthalten. Es gibt daher im deutschen Recht keine Spezialregelung für das Verbot einer Geschlechterdiskriminierung in Arbeitsund Beschäftigungsfragen, wie in der EU-Richtlinie 2006/54/EG.
Die Zulässigkeit unterschiedlicher Behandlungen ist in den §§ 8 10 AGG geregelt. Fragen der Entschädigung und des Schadensersatzes enthält § 15 AGG, wobei dabei zwischen einem Schadensersatzanspruch nach Abs. 1, der ein Verschulden voraussetzt, und einem Entschädigungsanspruch nach Abs. 2, der kein Verschulden voraussetzt, unterschieden wird. Rechtsschutz und Beweislastfragen regeln die §§ 22 ff AGG.
Umstritten ist bei der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in das AGG insbesondere die Herausnahme der betrieblichen Altersversorgung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG sowie von Kündigungssachverhalten nach § 4 Abs. 2 AGG. Strittig ist auch, ob das Erfordernis eines Verschuldens für einen Schadenersatzanspruch bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 15 Abs. 1 AGG und die Gestaltung der Beweislast nach § 22 AGG mit der Diskriminierungs-Richtlinie vereinbar ist. Gerichte für Arbeitssachen sind gut beraten, die einzelnen Vorschriften des AGG europarechtskonform unter Berücksichtigung der einschlägigen EU-Diskriminierungs-Richtlinie auszulegen.
Schließlich sind Spezialregelungen im Zusammenhang mit der MutterschutzRichtlinie 92/85/EWG im Mutterschutzgesetz (MuSchG) enthalten. Das Kündigungsverbot ist in § 9 MuSchG verankert. Zudem führte die Dekker-Entscheidung zu einer Änderung der BAG-Rechtsprechung zum Fragerecht des Arbeitgebers nach der Schwangerschaft einer Bewerberin. Seit 1992 entscheidet das BAG, dass eine solche Frage grundsätzlich unzulässig sei. Konsequenterweise berechtigt daher die Täuschung bzw. Lüge über eine Schwangerschaft im Rahmen eines Bewerbungsgespräches nicht zur Anfechtung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Rechtsdogmatisch wird dies damit begründet, dass die Frage nach einer Schwangerschaft bereits unzulässig sei und die Bewerberin daher entsprechend wahrheitswidrig antworten darf.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auf die EU-Elternurlaubs-Richtlinie 2010/18/EU zu verweisen, die Eltern zum Zweck der Betreuung von Kindern bis zum 8. Lebensjahr ein Recht auf Elternzeit einräumt, Art. 2 RL 2010/18/EU. Wegen der Inanspruchnahme von Elternurlaub dürfen Arbeitnehmer dann nach Art. 5 Abs. 1 RL 2010/18/EU nicht benachteiligt werden, was allerdings den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung, die nicht im Zusammenhang mit dem Elternurlaub steht, nicht ausschließt. Entsprechende Regelungen sind in Deutschland im Bundeselterngeldund Elternzeitgesetz (BEEG) enthalten.
1. Primarrechtliche Kompetenznorm Art. 153 Abs. 1 u. 2 AEUV |
- Schutz der Gesundheit (a) - soziale Sicherheit der Arbeitnehmer (c) - sozialer Schutz der Arbeitnehmer (c) - Chancengleichheit von Mannern und Frauen auf dem Arbeitsplatz (i) |
2. Ziel (Art. 1) |
- MaBnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, - Mutterschutz darf Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht benachteiligen |
3. Anwendungsbereich/Definitionen (Art. 1, 2) |
- schwangere Arbeitnehmerinnen - wochnerinnen, - stillende Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz |
4. Beschaftigungsverbote (Art. 6, 7) |
- bei Gesundheitsgefahr, - Verbot der Exposition, - Verbot der Nachtarbeit |
5. Mutterschaftsurlaub (Art. 8) |
Mitgliedsstaaten haben sicherzustellen, dass Arbeitnehmerinnen mindestens ein Mutterschaftsurlaub von 14 wochen ohne Unterbrechung gewahrt wird. |
6. Verbot der Kilndigung (Art. 10) |
- Mitgliedsstaaten haben erforderliche MaBnahmen zu treffen, dass die Kilndigung wahrend der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs verboten ist. - Ausnahmen sind nur mit Zustimmung der zustandigen Behorden moglich. |
Abb. 7.1 RL 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen (Mutterschutz-Richtlinie)