Auswirkung auf die deutsche Rechtsordnung und die arbeitsrechtliche Praxis

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Gerichte für Arbeitssachen die Regelung des § 622 Abs. 2 Unterabs. 2 BGB aufgrund der Kücükdeveci-Entscheidung bei der Berechnung von Kündigungsfristen nicht mehr anwenden.

Höchstaltersregelungen als Voraussetzung für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Aus der Rosenbladtund Hörnfeldt-Entscheidung des EuGH lässt sich zudem der Schluss ziehen, dass Regelungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die an den Eintritt des gesetzlichen Rentenalters anknüpfen, grundsätzlich zulässig sind. Voraussetzung hierfür ist aber, dass Arbeitnehmer, die weiter arbeiten wollen, bei einer entsprechenden Bewerbung keine Diskriminierung wegen des Lebensalters befürchten müssen. Eine einzelvertragliche Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann, ist daher nach § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG zulässig. Gleiches gilt für entsprechende Regelungen in Betriebsvereinbarungen oder in Tarifverträgen. So hat das BAG die tarifvertragliche Regelung in § 33 Abs. 1 a TVöD-V für wirksam erklärt, wonach das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung endete, sobald der Beschäftigte das

65. Lebensjahr vollendet hatte. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch die zwangsweise Versetzung von Beamten auf Lebenszeit in den Ruhestand mit Erreichen des 65. Lebensjahrs mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar ist.

Allerdings ist – wie sich aus den Rosenbladt-Entscheid ergibt – zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Arbeitsoder Tarifverträgen und durch einseitige Kündigungsmaßnahmen des Arbeitgebers zu unterscheiden. So verweist der EuGH darauf, dass eine einseitige Kündigungsberechtigung des Arbeitgebers für den Fall, dass der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist, mit den Grundsätzen der Altersdiskriminierung nicht zu vereinbaren wäre. Diesen Grund Kündigungsverbot nach § 41 SGB VI Rechnung getragen. Danach darf der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters nicht als Grund angesehen werden, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann.

Höchstaltersregelungen als Voraussetzung für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses

Auch werden Höchstaltersregelungen für die Einstellung als altersdiskriminierend thematisiert. So hat das BAG ein tarifvertraglich vereinbartes Höchstalter von 32 Jahren für die Einstellung von Piloten für unwirksam angesehen. Die durch die Höchstaltersgrenze bewirkte Benachteiligung älterer Bewerber ist nicht durch § 10 Satz 1 Nr. 1 AGG gerechtfertigt. Nach Auffassung des BAG ist nicht erkennbar, dass durch ein Höchstalter für die Einstellung legitime Zwecke verfolgt werden. Der Hinweis, ältere Co-Piloten gefährden die Hierarchie im Cockpit, stellt nach Auffassung des BAG eine bloße Vermutung dar. Dagegen war der EuGH bei einer Entscheidung über die Höchstaltersgrenze von 45 Jahren für die Einstellung in den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst bei entsprechenden Nachweisen bereit, sog. belastungsspezifische Altersgrenzen anzuerkennen.

 
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