Keine Ungleichbehandlung zwischen gegengeschlechtlicher Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft im Entgeltbereich
Spätestens seit den EuGH-Entscheidungen Römer und Hay dürfte feststehen, dass zusätzliche Leistungen aus einem Arbeitsverhältnis, die danach unterscheiden, ob eine gegengeschlechtliche Ehe oder eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft geschlossen wurde, unionsrechtlich eine Ungleichbehandlung wegen sexueller Ausrichtung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 10 AEUV bzw. Art. 21 GRCh darstellt. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die Eheschließung rechtlich nur zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts möglich ist. Einwände, dass weder die Eingehung der Ehe noch die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von Rechts wegen eine bestimmte sexuelle Ausrichtung erfordern, werden nicht durchgreifen. Vergünstigungen, Zusatzleistungen und sonstige Absicherungen, die gegengeschlechtlichen Ehepartnern aufgrund Gesetzes, Tarifvertrag oder sonstigen kollektivrechtlichen Regelungen gewährt werden, kommen daher auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner zur Anwendung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob nach den nationalen Rechtsordnungen die Partnerschaft nur gleichgeschlechtlichen oder auch gegengeschlechtlichen Paaren vorbehalten ist. Wenn eine Vergünstigung oder Leistung allein an das Bestehen einer Ehe als gegengeschlechtliche Partnerschaft anknüpft, liegt eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vor, die nicht zu rechtfertigen ist.
Dabei scheidet als Rechtfertigungsgrund der Wunsch einzelner Mitgliedsstaaten aus, bestimmte finanzielle Privilegien dem Bestand einer gegengeschlechtlichen Ehe vorzubehalten. Die Mitgliedsstaaten berufen sich in diesem Fall auf Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2000/78/EG. Danach lässt die Richtlinie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Der EuGH geht aber davon aus, dass es sich bei dem im Erwägungsgrund 22 genannten Tatbestandsmerkmal „davon abhängige Leistungen“ nicht um Entgeltansprüche, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehen, handeln kann. Der EuGH begründet seine Auffassung mit dem bereits bekannten Grundsatz der praktischen Wirksamkeit von EU-Recht, der es verbietet, dass nationale Rechtsordnungen bestimmte Privilegien im Bereich arbeitsrechtlicher Ansprüche dem Bestand einer gegengeschlechtlichen Ehe vorbehalten. Die Konsequenz dieser Rechtsprechung ist allerdings, dass der Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2000/78/EG, wonach einzelstaatliche Rechtsverordnungen über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt bleiben, für das EU-Arbeitsrecht ohne Bedeutung ist.