Auswirkung auf die deutsche Rechtsordnung und die arbeitsrechtliche Praxis

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 wurde aufgrund der damaligen Arbeitszeit-Richtlinie 93/104/EWG verabschiedet, die ihrerseits durch die Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG ersetzt wurde. Zweck des ArbZG ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten sowie die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern. Zudem soll der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe geschützt werden, § 1 ArbZG.

Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 ArbZG

Nach der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 ArbZG ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepause. Danach gehörte der Bereitschaftsdienst ohne tatsächlichen Einsatz grundsätzlich zur Ruhezeit. Arbeitszeit lag nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes auch tatsächlich gearbeitet hat. In Folge der Entscheidung des EuGH in Sachen Vorel kam es konsequenterweise zu juristischen Auseinandersetzungen um den Bereitschaftsdienst, insbesondere bei Rettungsdiensten, Feuerwehrleuten, Krankenhauspersonal und Hausmeistern. Aufgrund der EuGH-Rechtsprechung wird man nunmehr den Begriff Arbeitszeit in § 2 Abs. 1 ArbZG dahingehend auslegen, dass auch der Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit zählt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung Auswirkung auf einschlägige tarifvertragliche Regelungen, in denen der Bereitschaftsdienst nicht als Arbeitszeit angesehen wird. Dies hat auch Auswirkungen für den Vorbehalt abweichender Regelungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG.

Wie aber bereits ausgeführt, ergibt sich aus der Rechtsprechung kein Anspruch auf Bezahlung von Bereitschaftsdiensten. Die Folgen beschränken sich zunächst nur auf das, was öffentlich-rechtlich im Interesse des Arbeitnehmerschutzes an Arbeitszeit zulässig ist. Allerdings wird aus der Entscheidung Fuß II deutlich, dass insbesondere gegenüber staatlichen Arbeitgebern weitgehende Sekundäransprüche bestehen können. Insoweit dürfte es künftig für öffentliche Arbeitgeber bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise immer schwieriger werden, sich auf den oben genannten Grundsatz zu berufen, dass die Arbeitszeit-Richtlinie nach Art. 153 Abs. 5 AEUV keine Regelungen über das Arbeitsentgelt vorsieht. Rechtlich ist diese Auffassung zwar zutreffend, wirtschaftlich kann sie sich in Anbetracht von möglichen Sekundäransprüchen als falsch herausstellen.

 
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