Weite Auslegung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach
§ 7 Abs. 4 BUrlG
Gesetzliche Regelungen über einen Mindesturlaub gab es im BUrlG bereits vor Verabschiedung der Arbeitszeit-Richtlinie. Dieser beträgt Richtlinienkonform 24 Werktage, also mindestens 20 Arbeitstage, vgl. § 3 BUrlG. Die besonders strittigen Fragen der Urlaubsabgeltung sind in § 7 Abs. 4 BUrlG und die Unabdingbarkeit in § 13 BUrlG geregelt. Als richtlinienwidrig hatte sich die frühere Rechtsprechung des BAG zum Verfall des Urlaubs erwiesen, der krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommen werden konnte. Das BAG hat seine Rechtsprechung hierzu geändert. Urlaub stand Arbeitnehmern auch für Zeiten längerer Erkrankung zu. Nach der EuGH-Entscheidung KHS/Schulte wird allerdings § 7 Abs. 4 BUrlG nunmehr so ausgelegt, dass bei einer entsprechenden vertraglichen Regelung (z. B. Tarifvertrag) die Urlaubsansprüche bei Langzeiterkrankungen eingeschränkt werden können. Der Urlaub kann nur dann seine positive Wirkung für den Arbeitnehmer entfalten, wenn er spätestens 15 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, genommen wird. Dies gilt auch entsprechend für Abgeltungsansprüche nach § 7 Abs. 4 BUrlG.
Zudem hat der EuGH bereits mehrmals – zuletzt in der dargestellten NeidelEntscheidung – ausgeführt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie nur einen Jahresurlaub von vier Wochen vorgibt. Sofern nationale Regelungen den Wegfall von weitergehenden Urlaubsansprüchen vorsehen, ist dies mit Art. 7 der Richtlinie vereinbar, sofern hiervon nicht die vier Wochen Mindesturlaub betroffen sind. Schließlich werden die Gerichte für Arbeitssachen in Deutschland ihre Rechtsprechung zum Untergang von Urlaubsabgeltungsansprüchen beim Tod des Arbeitnehmers in Folge der Bollacke-Entscheidung des EuGH ändern müssen. Richtlinienkonform ist nur noch eine Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass der Abgeltungsanspruch bestehen bleibt und vererbbar ist. Insoweit dürften auch gegenteilige arbeitsvertragliche Vereinbarungen mit Art. 7 der Arbeitszeit-Richtlinie nicht vereinbar sein.
1. Primarrechtliche Kompetenznorm Art. 153 Abs. 1 u. 2 AEUV |
- Verbesserung der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit (a) - Arbeitsbedingungen (b) - soziale Sicherheit der Arbeitnehmer (c) - sozialer Schutz der Arbeitnehmer (c) |
2. Ziel (Erwagungsgrund 1) |
- Mindestvorschriften fir Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung, - im Hinblick auf tagliche Ruhezeiten, Ruhepausen, wochentliche Ruhezeiten, wochentliche Hochstarbeitszeiten, Jahresurlaub |
3. Anwendungsbereich (Art. 1) |
- Regelungen iber - die taglichen und wochentlichen Mindestruhezeiten, - den Mindestjahresurlaub, - die Ruhepausen und die wochentliche Hochstarbeitszeit, - bestimmte Aspekte der Nacht und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrythmus |
4. Begriffsbestimmungen Definition Arbeitszeit (Art. 2) |
Jede Zeitspanne, wahrend der ein Arbeitnehmer - nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften arbeitet, - dem Arbeitgeber zur Verfigung steht, - seine Tatigkeit ausibt oder Aufgaben wahrnimmt. |
5. Tagliche Ruhezeiten/Ruhepause (Art. 3, 4) |
- Jedem Arbeitnehmer muss pro 24 Stunden Zeitraum eine Mindestruhezeit von 11 zusammenhangenden Stunden gewahrt werden. - Bei einer taglichen Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden ist eine Ruhepause zu gewahren. |
6. Jahresurlaub (Art. 7) |
- Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen, - die lnanspruchnahme und Gewahrung erfolgt nach Maf3gabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften |
Abb. 13.1 RL 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeit-Richtlinie)