Kollektive Identität, Selbstbeschreibung und Ethnien

Mit der Selbstbeschreibung der chinesischen Identität wird in den Innengrenze des Gemeinschaftssystems markiert, die der Stabilisierung dient und zur Kompensation innerer Spannungen genutzt wird. Damit liegt eine Trennung zum Anderen, eine Markierung zum Fremden vor, das heißt, zu denjenigen, die keine Chinesen sind und auch keine Chinesen werden können. Die innere und äußere Grenzziehung ermöglicht es, Statuspositionen und Solidaritäten aufzubauen. Im Fall des chinesischen Gemeinschaftssystems führt die kollektive Identität nicht zu einer Institutionalisierung der askriptiven Solidarität wie im Westen durch die Einführung unterschiedlicher wohlfahrtsstaatlicher Systeme, sondern die Solidaritätskonzeption erfolgt durch die innere Differenzierung untereinander konkurrierender sozialer Netzwerke und Gruppen.

Die kollektive Identität auf der Gemeinschaftsebene ist als nationale Identität konstruiert worden, was die selektive Interpretation von Chinas kultureller Tradition (Konfuzianismus) beinhaltet. Das betrifft die Bindung von unterschiedlichen Mitgliedschaftsgruppen in einer multiethnischen Gesellschaft. Sie fingiert eine übergreifende kollektive Identität und Traditionen. Damit wird die Mitgliedschaftsgrenze in Chinas sozialen Systemen festgelegt. Es ist dies eine charismatische Bindung von Mitgliedschaft einschließlich der Definition von innen und außen als Unterscheidung der Collectivity einer Gesellschaft als Ganzes.

Die Konstruktion der kollektiven Identität basiert auf drei Ebenen, die ineinandergreifen. Auf der primären Ebene findet eine Unterscheidung zwischen Verwandtschaft, Territorium, Sprache, Ethnien, Generation, Geschlecht usw. statt. Die sekundäre Ebene ist die Grundlage der Integration und der Vertrautheit durch explizite Verhaltensregeln, Rituale, Traditionen und soziale Gewohnheiten, die in der Gruppe festgelegt sind. Die Unterscheidung von transzendent und profan erfolgt auf der tertiären Ebene. Sie zieht die Grenze zwischen dem Eigenen und dem Fremden als eine besondere Unterscheidung des Kollektiven und Heiligen zum Erhabenen und der Vernunft zum Fortschritt und der Rationalität. [1]

  • [1] Eisenstadt, Shmuel N. „Die Konstruktion von kollektiven Identitäten im modernen Nationalstaat,“ in Theorie und Moderne. Soziologische Essays. Wiesbaden: VS Verlag 2006, 193–206.
 
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