Kontinuierliche pädagogische Förderung der Lernkompetenz im Lebenslauf
Das Datenmaterial zeigt auf, dass die Akteurinnen und Akteure bei der Reflexion darüber, was eine bildungsbereichsübergreifende Umsetzung lebenslangen Lernens für ihren Bereich bedeuten könnte, den Fokus ihrer Definition auf eine kontinuierliche pädagogische Förderung von Lernmotivation und Lernkompetenz legen. Lernmotivation und Lernkompetenz werden als Voraussetzungen für lebenslanges Lernen betrachtet, deren Entwicklung es in den verschiedenen am Lebenslauf orientierten pädagogischen Einrichtungen zu unterstützen gilt. Dieser im Datensample am häufigsten rekonstruierte Definitionsversuch ist anschlussfähig an den erziehungswissenschaftlichen sowie bildungspolitischen Diskurs über die Kompetenzentwicklung im Lebenslauf (vgl. Tippelt 2003; Achtenhagen & Lempert 2000; Dohmen (2001); Brödel & Kreimeyer 2004), wenn auch hier sich der Fokus nicht nur auf den Erwerb von Lernkompetenz beschränkt, wie die nachfolgenden Ausführungen aufzeigen.
Trotz der weithin geteilten Meinung, dass der Kompetenzbegriff sich der Definierbarkeit und genauen Messbarkeit entzieht (vgl. Bolder 2010; Faulstich 1997; Edelmann & Tippelt 2004) existiert in der Fachliteratur der Konsens, dass
,Kompetenz' ein ganzheitliches Konstrukt „individuell geformter ‚Handlungskompetenz'“ (Vogel & Wörner 2002: 83) darstellt, das fachliche, soziale und persönliche Aspekte beinhaltet. Hof (2002) betrachtet Kompetenz als einen relationalen Begriff zwischen Person und Umwelt, der sich auf situationsbezogene Handlungsfähigkeit bezieht, die an konkrete Bedingungen und Erwartungen der Umwelt gebunden ist (vgl. Hof 2002: 85):
„Er [der Kompetenzbegriff, C.D] stellt eine Beziehung her zwischen den individuell vorhandenen Kenntnissen (deklaratives Wissen), den Fähigkeiten und Fertigkeiten (Können) und den Motiven und Interessen (Wollen) auf der einen Seite und den Möglichkeiten, Anforderungen und Restriktionen der Umwelt auf der anderen Seite.“ (a.a.O.:86)
Nach Tippelt (2003) haben sich die folgenden Kompetenzbegriffe im bildungspolitischen Diskurs etabliert, die im Rahmen einer Kompetenzentwicklung im Lebenslauf eine Rolle spielen können:
Abbildung 13: Übersicht Kompetenzbegriffe (Tippelt 2003: 36)
Bezüglich der Kompetenzentwicklung im Lebenslauf konstatiert Tippelt, dass das lebenslange Lernen die Verknüpfung von „Kompetenzen in ihren kognitiven, sensomotorischen und sozial-emotionalen Dimensionen in einem vertikal (altersbezogenen) gegliederten Bildungssystem in den verschiedenen Institutionen“ (Tippelt 2003: 36) voraussetzt. Bei der individuellen Kompetenzentwicklung bestünden Berührungspunkte zu dem Konzept der Kompetenzbiografie von Erpenbeck und Heyse (2007), die unter diesem Begriff die „qualitative und quantitative Entfaltung menschlicher Handlungskompetenz als komplexes, selbstorganisiertes Netzwerk fachlicher, methodischer, sozialer und personaler Einzelkompetenzen in der stets einzigartigen, lebenslangen real-biographischen Entwicklung“ (Erpenbeck & Heyse 2007: 22) verstehen. Auch wenn der Erwerb und die Weiterentwicklung von Kompetenzen im Verantwortungsbereich des individuellen Kompetenzmanagements eines jeden Einzelnen liegen, können Bildungseinrichtungen entsprechende Lernprozesse positiv wie auch negativ beeinflussen (vgl. Tippelt 2003: 38-39). Beispielsweise können im Sinne des interorganisationalen Kompetenzmanagements (vgl. a.a.O.: 36-37) durch eine engere Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen verschiedener Bildungsbereiche (siehe Aussage Interview ,Zimmermann', Interview-Nr. 13, bzgl. der Erarbeitung und Nutzung von Arbeitsmaterialien in Kindergarten und Grundschule) Synergien im Rahmen einer gezielten Förderung von Kompetenzen bei der Klientel erreicht werden. Bei dem Definitionsversuch einer kontinuierlichen pädagogischen Förderung der Lernkompetenz im Lebenslauf findet eine Verschiebung der pädagogischen Aufgabe statt: Anstelle der lehrzielorientierten Wissensvermittlung rückt die subjektorientierte Kompetenzentwicklung (vgl. Hof 2009: 83).