Charakteristika der Vorstellungen

Die Auswertung mittels zusammenfassender Inhaltsanalyse ist eine reduktive Analyse. Es erfolgt noch keine explikative Auseinandersetzung mit dem erhobenen Material. [1] Der Preis der systematischen Erfassung über zusammenfassende Kategorien ist, dass viel Information über die Vorstellungen der einzelnen Schüler verloren geht. Die Untersuchung sollte jedoch auch die individuellen Ausprägungen der Vorstellungen berücksichtigen. Die Darstellung der Vorstellungen erfolgt deshalb auf zwei Ebenen.

Es wird über die zusammenfassende Darstellung der Besetzungshäufigkeiten ein Überblick über die insgesamt in der Untersuchungspopulation vorhandenen Vorstellungen gegeben und gleichzeitig werden die individuellen Ausprägungen der Vorstellungen jeweils auf diese aggregierende Ebene rückbezogen. Die Darstellung der Befunde erfolgt im Sinne eines Perspektivenwechsels, bei dem die verschiedenen Vorstellungen in der Form von Kategorien und Kategorienhäufigkeiten präsentiert werden. Anschließend findet eine die Kategorien differenzierende und konkretisierende Darstellung statt, bei der die einzelnen Kategorien inhaltlich beschrieben und mit Zitaten von Schülern veranschaulicht werden. Die Ergebnisdarstellung changiert im Folgenden zwischen einer zusammenfassenden und einer eng am Material erfolgenden Dokumentation der Befunde.

Konsumvorteile

Einige Schüler verweisen auf die Vorteile der Globalisierung, indem sie individuelle Konsumvorteile herausstellen. Drei Schüler konstatieren, dass es durch die Globalisierung „eine größere Auswahl an Produkten weltweit gibt“ (Gym78) – ohne dabei den Denkrahmen der individuellen Konsumtion zu verlassen. So wäre für HS85 „Deutschland“ gar nicht mehr denkbar, „wenn wir nichts Ausländisches tragen, essen, benutzen würden. Das ist heutzutage gar nicht mehr möglich!“ Auch Gym94 denkt an den Konsum global gehandelter Produkte, wenn er feststellt: „[Globalisierung] Ist 'ne astreine Sache, ohne Bananen oder andere importierte Güter wär ich persönlich voll am Arsch!“ Die anderen fünf Aussagen stellen die Konsumvorteile stärker in einen marktwirtschaftlichen Denkrahmen. HS78 sieht dabei in dem Wunsch nach individuellen Konsumvorteilen sogar einen Grund für makropolitische Veränderungen: „Globalisierung ist das nicht mehr Länder die Märkte machen sondern große Firmen wie WV [VW, Anm. d. Autoren]. Und da man seine Ware in dem Fall Auto überall im Land bzw. Welt verkaufen darf. Das hat damit zu tun das wir auch mal Bananen essen wollen und irgendwo muss das ja her kommen deswegen Globalisierung damit jeder was bekommt. Ich finde Globalisierung perfekt das z. B. Leute in Frankreich auch das essen können was wir hier haben. Bei der EU ist es noch vereinbart das man kein Zoll zahlen muss etc.“ (HS78)

Dies vor allem aus folgendem Grund: Die individuelle Handlungsfigur wird nicht in ihrer spezifischen Ganzheit und singulärem Komplexität wissenschaftlich kontrolliert nachvollzogen, sondern durch analytische Kategorien unter verschiedenen Gesichtspunkten skaliert. (Lamnek 2005, S. 528).

Gym71 betrachtet die individuellen Konsumvorteile als eine Folgeerscheinung der Globalisierung liberalistischer Prinzipien und Strukturen. Er nimmt zwar auch die Verlierer der Globalisierung in den Blick, kann aber dennoch insgesamt ein positives Fazit ziehen: „Ich denke es ist eine gute Sache, da dadurch Produkte aus dem Ausland z. B. hier benutzt und konsumiert werden können. Der weltweite Handel wird angetrieben, der Konkurrenzkampf ist größer und es kommt mehr auf Qualität und so an, was dem Konsumenten zuvorkommt. Zwar gibt es auch Verlierer der Globalisierung, allerdings gibt es (soweit ich das beurteilen kann) mehr Gewinner. Also von daher find ich es gut.“ (Gym71)

Gym68 hat ebenfalls die Erweiterung der individuellen Konsumvorteile im Blick, sieht aber auch Schattenseiten des Globalisierungsprozesses: „Die Entwicklung einzelner Länder und/oder Gebiete. Zum Beispiel macht Globalisierung möglich das wir hier in Deutschland Bananen essen können. Durch Globalisierung wird die Welt und die Länder untereinander näher gebracht und es findet ein Austausch verschiedenster Güter statt. Europa verkauft z. B. Sachen nach Afrika. Bis zu einem gewissen Maße hab ich nichts groß dagegen aber ich finde das die Globalisierung zu weit gegangen ist und vieles einfach nicht nötig ist. Wir brauchen das was wir heute alles möglich gemacht bekommen gar nicht alles wirklich. Außerdem funktioniert die Wirtschaft in den ärmeren Teilen Afrikas oder auch in anderen Teilen nicht besser dadurch. Uns wird zwar eine große Palette an Möglichkeiten geboten aber irgendwo hat das auch eine Grenze.“ (Gym68) Hier wird zwar die Erweiterung der Konsummöglichkeiten genannt, gleichzeitig aber auch die Produktion von Überfluss kritisiert.

  • [1] Lamnek beschreibt Mayrings Ansatz folgendermaßen: Insgesamt kann man dieses inhaltsanalytische Verfahren nur als beschränkt den, aus Implikationen des interpretativen Paradigmas abgeleiteten, Merkmalen qualitativer Sozialforschung entsprechend betrachten.
 
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