Arbeit im Globalen Süden und der eigene Konsum
An dieser Stelle werden einige Beispiele vorgestellt, um ein Bild von der Vorstellungswelt der Schüler zu geben und die Diskussion der Schüler darzustellen, in der sie den eigenen Konsum und ethische Überlegungen gegeneinander abwägen. Dogan (HS10) hebt beispielsweise hervor, dass es einfach normal geworden sei, Produkte zu kaufen, die unter schlechten Arbeitsbedingungen und für niedrige Löhne produziert wurden. Ihm fällt zu Globalisierung zuallererst der internationale Warenhandel der „großen, sehr großen, Firmen miteinander“ (13–14) ein. Außerdem gebe es beispielsweise in Afrika sehr viel Kinderarbeit und „dann kriegt man das auch viel billiger als wenn man das vielleicht hier machen lässt“ (33–34). Dogan weiß nicht, ob es richtig ist, aber das sei für „viele Leute einfach normal geworden“ (42–47). Auf so einer Bananenplantage würden die Menschen vielleicht acht Stunden am Tag schwere Arbeit verrichten, müssten mit giftigen Stoffen hantieren und bekämen dann „einen Dollar oder so“. Für die Menschen dort sei das „schade“, aber „hier kriegen wir das dann aber viel günstiger“ (61–70).
Antonia (Gym03) findet, man solle einen „Kompromiss“ finden, bei dem man aber seinen Lebensstil beibehalten könne. Sie glaubt, dass die Klamotten zunächst in Deutschland entworfen, dann aber in „China oder Thailand oder so“ produziert würden, da wo es halt billig sei für die Leute, die das produzieren wollen. Dort gebe es dann „auch Hungerlöhne […], weil man halt immer darauf schaut, wo man selber am meisten Gewinn machen kann“. Vor diesem Hintergrund solle man „einen Kompromiss finden“. Einerseits solle man „schon auf seinen Gewinnachten“ und andererseits „auch darauf, dass andere Leute ein Gehalt bekommen, mit dem sie leben können und nicht in mini-kleinen Wohnungen mit fast nichts zu Essen oder so“. Sie sollten auch „ihre eigene Familie […] ernähren können“. Der„Kompromiss“ sehe dann so aus, „dass man halt selber noch leben kann auch mit seinem Lebensstil den man hat, aber trotzdem den anderen etwas geben kann“. Es wäre zwar am Anfang etwas „blöd“, wenn man überall die Preise erhöhen müsste, aber es „wäre halt für alle Leute etwas gerechter, wenn man so allen Leuten etwas Geld zum Leben gibt“. (298–312)
Kim (Gym22) versucht hingegen, sich beim Einkaufen nicht zu viele Gedanken zu machen. Auf die Frage, ob sie wisse, wo ihre Klamotten herkämen, antwortet sie, dass ja auf den Schildern immer „Made in China“ stehe und es auch aus „Kinderarbeit aus der Dritten Welt“ sein könne. (187–198) Die Arbeitsbedingungen dort seien „halt ziemlich schlecht“: „Sind halt viele in einem Raum und machen diese Sachen, nähen diese Sachen. Und da sind auch viele Aufseher, glaub' ich, die die kontrollieren. Und falls die was falsch machen oder eine Pause wollen, hab' ich sogar gehört, dass die dafür geschlagen werden.“ Das sei zwar schockierend für sie, aber „dagegen kann man ja auch nicht so wirklich was machen“, außer „die Länder dort selber“ (213–224). Deswegen denkt sie beim Einkaufen oder in Bezug auf ihre Klamotten „da nicht so viel drüber nach. Also wenn es mir gefällt, dann kauf' ich es einfach. Und dann versuche ich auch nicht wirklich darüber zu denken, woher das kommt.“ Sie ergänzt: „Ja, irgendwas muss man ja anhaben. Von daher.“ (207–209). Ähnlich sieht es auch Jan (Gym20), der „zwar nicht unmoralisch wirken“ wolle, aber Klamotten aus Kinderarbeit trage, auch wenn er es wisse, weil er „knapp bei Kasse“ sei und es ja nichts ändere, wenn eine Person von „einer Million“ (500–515), das nicht kauft.
Oktay (HS19) zieht für den eigenen Konsum hingegen die Schlussfolgerung, dass er mehr bezahlen würde. Er stellt heraus, dass in „Indien, China oder so […] die Produkte billiger hergestellt“ würden. Dadurch gingen die „Arbeitsbedingungen runter“. Und dadurch ginge es auch insgesamt für die Leute runter, also „dadurch, dass es billiger ist“. Aber „die Leute wollen ja billig einkaufen“. Deswegen denkt er, dass sich daran nichts ändern werde. (150–154) Als Beispiel führt er H&M an, wo man kein T-Shirt für 4,95 kriegen könnte, wenn „man da anständige Arbeitsbedingungen hätte“ oder genug verdienen würde. Vor diesem Hintergrund könne dann H&M auch einfach den Preis bestimmen und das T-Shirt, das „eigentlich in der Produktion 0,99 Cent“ kostet, „anstatt für 2,00 Euro für 5,00 Euro“ (159–165) verkaufen. Die Arbeiter würden „1,00 Euro oder so was“ (175) am Tag verdienen. Oktay findet es „schon ziemlich krass“ und „ja eigentlich nicht menschlich, wie die da leben“ (181–182). Er wünscht sich, dass sich Löhne und Arbeitsbedingungen verbessern würden. Dadurch würde nicht nur die Qualität der Produkte besser werden, sondern es könne sich auch „ziemlich viel verändern in der Welt“. Dafür würde er auch „halt irgendwie drei Euro mehr für ein T-Shirt“ (186–190) bezahlen.