Kontext der Offenen Kinder- und Jugendarbeit

Anders als im schulischen Kontext gibt es für die Jugendlichen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit weniger rigide und starre Regeln. Der pädagogische Ansatz in diesen Einrichtungen ist auf eine unverbindliche und freie Besucherstruktur angelegt: Die Jugendlichen können diese Einrichtungen nach individuellen Wünschen besuchen, sie können an den Freizeitmaßnahmen teilnehmen oder gehen, ohne sich dafür zu entschuldigen und zu rechtfertigen. Diese „unverbindliche“ Struktur stellt die pädagogischen Fachkräfte vor große Herausforderungen. Wie sollen sie mit den Jugendlichen gute pädagogische Arbeit leisten, aber gleichzeitig den Jugendlichen Grenzen setzen und diese mit Regelbrüchen konfrontieren? Werden die Jugendlichen die Einrichtung weiterhin besuchen, wenn man zu konfrontativ vorgeht? Die Erfahrungen zeigen, dass in bestimmten Kontexten Grenzen aufgezeigt werden müssen, weil die meisten Jugendlichen die pädagogische Arbeit in diesem Bereich falsch einschätzen. Die Befürchtung, sie würden nach der Konfrontation von der Einrichtung fernbleiben, ist unbegründet. Gespräche mit Jugendlichen und Fachkräften, die in solchen Einrichtungen konfrontativ arbeiten, belegen, dass die Jugendlichen die Konfrontation annehmen und schätzen. Aus Sicht der Betroffenen bewirken Konfrontation und Konsequenz Verbindlichkeit und die wird von den Jugendlichen geschätzt. Dies soll anhand von einigen Beispielen konkretisiert werden.

Vorbemerkungen

Der Sozialarbeiter Dietmar Hommberger arbeitet seit drei Jahren in einem Jugendzentrum im Münchner Westen. Seit er dort angefangen hat, ist er bei den Besuchern des Jugendzentrums sehr beliebt. Er ist immer ansprechbar und erreichbar, auch außerhalb der Dienstzeit. Seit über drei Jahren betreut Herr Hommberger den 17-jährigen Aykut besonders intensiv, der mit all seinen Problemen zu ihm kommt. Seit ca. zwei Jahren ist die Arbeit jedoch unbefriedigend, weil Aykut sich nicht an die Vereinbarungen hält. In dringenden Fällen möchte Aykut sofort und ohne Terminvereinbarung beraten werden, an die erarbeiteten Lösungsvorschläge hält er sich aber nicht. Aykut kommt in die Beratung, wann er will, und wenn er die Lust verliert, geht er, ohne sich zu entschuldigen. Die Gespräche konzentrieren sich auf zwei Problembereiche: Probleme mit der Polizei und Justiz aufgrund von Schlägereien und Probleme mit dem streng religiösen Elternhaus. Der Vater verlangt, dass Aykut bald heiraten soll, und möchte die Besuche im Jugendhaus unterbinden. Deshalb möchte der Junge von zu Hause ausziehen und auf eigenen Beinen stehen lernen. Auch im folgenden Fall werden die Standards der Konfrontativen Gesprächsführung befolgt. Herr Hommberger konfrontiert Aykut mit seinem Verhalten und zeigt ihm Grenzen auf.

 
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