Ansatzpunkte einer diversitätssensiblen Bildung

Während viele Schüler detailreiche Vorstellungen über die Situation von Geflüchteten vortragen, sprechen sie kaum Aspekte des EU-Grenzregimes an, die oftmals als ursächlich für riskante Fluchtwege anzusehen sind. Viele Schüler gehen davon aus, dass ein Pass oder das Geld für ein Ticket ausreichend sei, um in die EU einzureisen. Dabei wird oftmals nicht die hierarchische Struktur gesehen, die globale Bewegungsfreiheit zu einem Privileg derjenigen mit bestimmten Pässen werden lässt. Insbesondere bei den Gymnasiasten wurde dies in der Nicht-Thematisierung der Diskrepanz des Sprechens über eigene Auslandsaufenthalte und der Situation von Geflüchteten deutlich. Eine Didaktik, die darauf zielt, die Schüler in die Lage zu versetzen, sich innerhalb der gesellschaftlichen Zusammenhänge zu verorten, muss dieses Phänomen ernst nehmen.

Eine Didaktik, die auch eine rassismuskritische Perspektive beinhalten will, muss den Schülern Deutungsmuster zur Verfügung stellen, mit denen Privilegien und strukturelle Hierarchien denkbar gemacht werden. Diese Deutungsmuster müssen dabei in der Lage sein, das Politische der mit Migration verbundenen Phänomene zu fassen. Trotz verbreiteter Kenntnisse über die Situation von Geflüchteten und den zum Teil als tödlich benannten Fluchtwegen, verweisen nur sehr wenige auf migrationspolitische Instrumentarien der Grenzregulation und Flüchtlingsabwehr. Statt diese Realitäten als Folge politischer Entscheidung zu sehen, erscheinen sie lediglich als menschliche Tragödien. Eine auf Pluralität und Kontroversität zielende Bildung muss neben dem herrschenden Deutungsmuster migrationspolitischer Realitäten ebenfalls Perspektiven zur Verfügung stellen, die diese den Schülern bekannten humanitären Probleme auch in ihrer politischen Dimension bewusst macht.

 
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