Mehrjährige Verpflichtungen
Hängt die Verpflichtung mit über mehrere Steuerjahre andauernden Tätigkeiten und Transaktionen zusammen, sind die Aufwendungen in Form einer Verteilungsrückstellung den Einnahmen entsprechend auf den geschätzten Zeitraum zu verteilen, Art. 25 Nr. 1 S. 2 RL-E. Zwar schweigt sich der Richtlinienentwurf über die Behandlung von Ansammlungsrückstellungen aus, aufgrund der jährlichen Überprüfung der Rückstellungsbewertung gem. Art. 25 Nr. 1 S. 3 RL-E ist jedoch anzunehmen, dass sich der Rückstellungswert jährlich entsprechend der Zunahme der (wirtschaftlichen) Belastung erhöht. Insoweit wird von der eindeutig formalrechtlichen Ausrichtung der abstrakten Bilanzierungsfähigkeit bei der Rückstellungsbewertung wieder Abstand genommen, sodass Verteilungsals auch Ansammlungsrückstellungen in der GKB Anwendung finden.
Gleiches gilt für den Einzelabschluss. Basierend auf dem Passivierungsgrundsatz liegt auch hier eine Rückstellung am Abschlussstichtag nur im Umfang ihrer bis dato wirtschaftlichen Verursachung vor. Beide Gewinnermittlungswerke sehen bei mehrjährigen Verpflichtungen eine der wirtschaftlichen Verursachung entsprechende zeitanteilige Bildung der Rückstellungen vor, sodass latente Steuern entfallen.
Besonderheiten bei Pensionsrückstellungen
Pensionsrückstellungen erfüllen als rechtliche Verpflichtung den Rückstellungsbegriff des Art. 25 Nr.1 S. 1 RL-E, weshalb für diese eine Passivierungspflicht anzunehmen ist. Anderenfalls wären die in Art. 26 RL-E geregelten speziellen Bewertungsvorschriften überflüssig. Das Handelsrecht sieht nur für unmittelbare Pensionsverpflichtungen, die nach dem 31.12.1986 eingegangen wurden (sog. Neuzusagen), nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB i.V.m. Art. 28 Abs. 1
S. 1 EGHGB eine Passivierungspflicht vor. Für unmittelbare Pensionsverpflichtungen, die bereits vor dem 1.1.1987 begründet wurden (sog. Altzusagen) sowie für mittelbare Pensionsverpflichtungen und ähnliche mittelbare oder unmittelbare Verpflichtungen besteht nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB i.V.m. Art. 28 Abs. 1
S. 1, 2 EGHGB lediglich ein Passivierungswahlrecht. Unterlässt der Kaufmann eine Passivierung der Pensionsrückstellung im Einzelabschluss, ergeben sich aus der umfassenderen Passivierungsverpflichtung in der GKB passive latente Steuern.
Gem. Art. 26 Abs. 1 RL-E sind Pensionsrückstellungen anhand versicherungsmathematischer Methoden zuverlässig zu schätzen. Eine Konkretisierung der zulässigen Bewertungsmethoden unterbleibt, was angesichts der großen materiellen Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung verwundert. Auch im Einzelabschluss wird kein bestimmtes Bewertungsverfahren gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings ist nach § 264 Abs. 2 S. 1 HGB das versicherungsmathematische Verfahren anzuwenden, welches die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens in der Weise darstellt, dass es den tatsächlichen Verhältnissen am besten entspricht. Als Bewertungsmethoden kommen im Einzelabschluss das Teilwertverfahren, das Gegenwartswertverfahren sowie die Methode der laufenden Einmalprämien (englisch kurz PUCM) in Frage. Offen bleibt, ob bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen in der GKB alle handelsrechtlichen Verfahren weiterhin zum Tragen kommen oder die Anwendung auf ein bestimmtes Verfahren beschränkt wird.
Zusätzlich sieht das Handelsrecht spezielle Bewertungsregeln für Pensionsrückstellungen vor (Abzinsung, wertpapiergebundene Pensionszusagen und eine Saldierungspflicht), die ebenfalls Grundlage latenter Steuern sein können.
Als langfristige Verpflichtungen unterliegen Pensionsrückstellungen grundsätzlich der Abzinsung. Diese bemisst sich wie bei allen anderen Rückstellungsarten gem. Art. 25 Nr. 2 S. 2 Buchst. b RL-E nach dem durchschnittlichen jährlichen Euribor-Zinssatz für Schuldtitel mit einer Restlaufzeit von 12 Monaten; Art. 26 Abs. 2 RL-E hat demnach nur eine klarstellende Bedeutung. Die Abzinsung hat unter Beachtung des Einzelbewertungsgrundsatzes des Art. 9 Nr. 2 RL-E zu erfolgen, eine Pauschalierung ist in der GKB nicht vorgesehen. Für Pensionsrückstellungen und vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen gewährt § 253 Abs. 2 S. 2 HGB, als Ausnahme zu der in § 253 Abs. 2 S. 1 HGB für langfristige Rückstellung grundsätzlich geltenden Einzelbewertung, deren
pauschale Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Im Vergleich der Zinssätze des Jahres 2012 zeigt sich, dass der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Marktzinssatz in aller Regel höher ist als der Euribor-Zinssatz, welchen die GKB bei der Abzinsung unterstellt. Die pauschale Abzinsung führt wie die individuelle Abzinsung zu einer niedrigeren Rückstellungsbewertung im Einzelabschluss und demzufolge zu passiven latenten Steuern.
Altersversorgungsverpflichtungen, deren Höhe ausschließlich auf dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren beruht, werden als wertpapiergebundene Pensionszusagen bezeichnet. Die Bewertung dieser Pensionsrückstellungen hat nach § 253 Abs. 1 S. 3, 4, § 246 Abs. 2 S. 2, 3 HGB mit dem beizulegenden Zeitwert der Wertpapiere zu erfolgen, soweit ein garantierter Mindestbetrag überschritten wird. Der Richtlinienentwurf sieht keine vergleichbare Regelung vor, sodass der Wert dieser Pensionsrückstellungen nach Art. 26 RL-E weiterhin mittels versicherungsmathematischer Verfahren zu bestimmen ist. Welche Auswirkungen sich aus der unterschiedlichen Bewertung ergeben, kann nur einzelfallbezogen bestimmt werden. Ein beizulegender Zeitwert, der über dem nach versicherungsmathematischen Methoden berechneten Rückstellungswert in der GKB liegt, führt zu einer höheren handelsrechtlichen Rückstellungsbewertung, die mit aktiven latenten Steuern verbunden ist. Umgekehrt entstehen passive latente Steuern, wenn der beizulegende Zeitwert des Deckungsvermögens und somit der handelsrechtliche Wertansatz der Rückstellung hinter der Rückstellungsbewertung in der GKB zurück bleibt.
Soweit die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, besteht für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbar langfristig fälligen Verpflichtungen nach
§ 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB die Verrechnungspflicht mit den ihnen gegenüberstehenden Wirtschaftsgütern, dem sog. Deckungsvermögen, welches zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten ist. Sofern sich aus der Saldierung des Deckungsvermögens mit den entsprechenden Schulden ein positiver Nettobetrag ergibt, ist dieser nach § 246 Abs. 2 S. 3 HGB als Verrechnungsposten zu aktivieren und unterliegt nach § 268 Abs. 8 HGB einem Ausschüttungsverbot. Eine entsprechende Saldierungsmöglichkeit ist im Richtlinienentwurf nicht vorgesehen, sodass die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter getrennt anzusetzen sind.
Aus der handelsrechtlichen Saldierung ergibt sich folgende Auswirkung auf die Steuerlatenzen: den zwei steuerlichen Wertansätzen (Deckungsvermögen und Pensionsrückstellung) steht nur ein saldierter handelsrechtlicher Wertansatz gegenüber (Pensionsrückstellung oder aktiver Verrechnungsposten). Die mit der Paarbildung verbundene Beeinträchtigung des Aussagegehalts der latenten Steuerabgrenzung kann dadurch behoben werden, dass für Zwecke der Steuerabgrenzung die Saldierung aufgehoben wird. Sinkt der beizulegende Zeitwert des Deckungsvermögens unter die (fortgeführten) Anschaffungskosten, entstehen aktive latente Steuern, sofern nicht vom Abschreibungswahlrecht des Art. 41 Nr. 1 RL-E Gebrauch gemacht wird; anderenfalls unterbleibt der Ansatz latenter Steuern mangels temporärer Differenzen. Übersteigt der beizulegende Zeitwert die (fortgeführten) Anschaffungskosten, verbietet das Anschaffungskostenprinzip des Art. 33 Nr. 1 RL-E eine über die (fortgeführten) Anschaffungskosten hinausgehende Bewertung des Anlagevermögens, unabhängig von dessen Abschreibungsfähigkeit. Die hieraus resultierenden temporären Differenzen zum vergleichsweise höheren handelsrechtlichen Wertansatz begründen passive latente Steuern. Die sich aus der Rückstellungsbewertung ergebenden Auswirkungen sind den eben dargestellten Ausführungen zu entnehmen.