Die beiden Initiativen im Vergleich: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Wie kam es dazu, dass zwei Initiativen, die sich beide den Schutz von Grünraum in der Stadt zum Ziel gesetzt hatten, zu unterschiedlichen Ergebnissen führten, nämlich im Fall Landhof zum Verwerfen des Bauprojektes, im Fall der Familiengärten zur Annahme der Kompromisslösung einer Teilüberbauung?
Bei beiden Initiativen war der Auslöser ein geplantes Bauprojekt, welches der Logis Bâle Strategie entsprungen war. In beiden Fällen wurde der Protest zunächst von der Zivilgesellschaft initiiert, und zwar von betroffenen Anwohnern und Anwohnerinnen und Nutzern/Nutzerinnen, die zur Gründung von Widerstandsvereinen führten (IG Landhof, Verein zum Erhalt des Landhof Areals) bzw. auch bestehende Vereinsstrukturen nutzten (Zentralverband der Familiengärtner); zudem erhielten sie bald die Unterstützung von politischen Akteuren und Akteurinnen und Naturschutzgruppen.
Beide Initiativen hatten das gleiche Ziel – den Schutz der Grünfläche vor Überbauung –, allerdings war bei beiden der Protestverlauf unterschiedlich. Bei dem Familiengartenprotest kam es nach Verhandlung mit städtischen Stakeholdern zu einem Gegenentwurf und der Aufsplitterung in drei Lager: jene, die pro Überbauung waren, jene, die contra Überbauung waren, und jene, welche sich für den Gegenentwurf und damit einer Teilüberbauung aussprachen. Bei dem Landhofprotest hingegen waren die Fronten gewissermassen verhärtet: jener, welche eine Überbauung komplett ablehnten, standen jene Akteuren und Akteurinnen gegenüber, welche für die Wohnüberbauung waren. Somit waren die Positionen bei dem Landhofprotest auf zwei gegensätzliche Seiten zugespitzter als dies bei dem Protest der Familiengarten der Fall war, was das Ergebnis möglicherweise beeinflusst haben dürfte.
Ein weiterer möglicher Einflussfaktor dürfte die Vielfalt an verschiedenen Nutzungsarten gewesen sein, die sich auf dem Landhof Areal etabliert haben. Dadurch konnten nämlich verschiedenste Gruppen angesprochen werden. Als Austragungsort des legendären siegreichen Fussballspiels gegen Deutschland konnten zum Beispiel zahlreiche FCB Fans für die Initiative gewonnen werden, und als Ort des Gemeinschaftsgartens konnten Personen angesprochen werden, die sich für neue Freiräume in der Stadt einsetzen. Schliesslich bietet das Areal aufgrund der etwas wilden und chaotischen Ästhetik verschiedene Lesarten: weder ist es als öffentlicher durchgestalteter Park ersichtlich noch ist es ein reiner Sportplatz. Vielmehr ist es als unterschiedlich genutzte Frei- und Grünfläche ersichtlich, anhand dessen die Frage gut diskutiert werden kann, welche Rolle Räume wie diese in einer unternehmerisch ausgerichteten Stadtpolitik spielen.
Diese Frage wurde auch im Zusammenhang mit den Familiengärten von den Protestgruppen gestellt, jedoch ist die Art der Nutzung und Ästhetik hier eine andere. Die Nutzung ist bei Familiengärten klar vorgegeben, nämlich bewirtschaften die Pächter und Pächterinnen hier ihre Gartenparzellen und sind die Areale durch Zäune von ihrer Umgebung abgetrennt und dadurch für andere nicht zugänglich. Auch sind Familiengärten im Gegensatz zu den als modern und offen geltenden Gemeinschaftsgärten im Ruf, reaktionär und konservativ zu sein. Die Tatsache, dass es beim Landhof keine Zutrittsschwellen in Form eines Zaunes gibt, verschiedene Zwischennutzungen darauf stattfinden und dadurch auch unterschiedliche Personengruppen ihn nutzen, dürfte mit ein Einfluss gewesen sein, warum es dem Landhof in der Abstimmung besser gelang, sich von dem Argument, es handle sich um Partikularinteressen, besser zu distanzieren.
Unterschiede gab es auch in der Zusammensetzung der Protestgruppe. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass beide Initiativen den Schutz von Grünraum zum Ziel hatten und mit ähnlichen Argumenten gegen die Überbauung mobilisierten. Allerdings positionierten sich die involvierten politischen Parteien und Naturschutzgruppen bei beiden Fällen unterschiedlich: waren beim Landhof die grüne Partei und Naturschutzgruppen ausschlaggebende Widerstandskraft, waren diese im Fall der Familiengärten für den Kompromiss und damit für die Teilüberbauung. Einzig die rechte und linke Randpartei (SVP, Basta!) traten in beiden Fällen kohärent gegen jegliche Überbauung auf.
Somit verlief in beiden Fällen der Protest und Widerstand nicht nach einem klassischen links/rechts Muster, sondern hatte Koalitionen von politisch entgegengesetzten Gruppen zur Folge. Somit sind die Grünraumbewegungen von Basel ein gutes Beispiel für die neuen Bezugspunkte von aktuellen urbanen sozialen Bewegungen, die verschiedene Gruppen anzusprechen vermögen.