Risiken und Auswirkungen von Korruptionshandlungen

Risiken und Auswirkungen für Unternehmen

Die Feststellung, dass ein Unternehmen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe Mittel der Korruption angewandt hat, kann für dieses vielfältige Auswirkungen haben. Die Folgen einer Entdeckung können das Unternehmen auf verschiedenste Art und Weise treffen, angefangen von lediglich minimalen fiskalischen und „Marketing“-perspektivisch negativen Konsequenzen, bis hin zur Existenzbedrohung.

Strafrechtliche Folgen

Eine mögliche und gewichtige Auswirkung betrifft die strafrechtliche Konsequenz. Zwar existiert in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht, jedoch zeigen Urteile in jüngster Vergangenheit, dass Aufsichtspflichtverletzungen von Führungskräften zu ernsthaften finanziellen Schäden im Unternehmen führen. Im Ordnungswidrigkeitenrecht besagt der §30 OWiG, dass gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen Geldbußen verhängt werden können, wenn deren Führungskräfte, insbesondere Vorstände, Mitglieder des Aufsichtsrates, Generalbevollmächtigte, Prokuristen, Mitarbeiter in leitender Funktion bzw. solche, die in leitender Funktion mit der Überwachung des Geschäftsbetriebs beauftragt sind sowie jene, die Kontrollfunktionen ausüben, in ihrer Stellung Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen und damit der Organisation Vorteile verschaffen. Um Führungskräfte somit in die Pflicht zu nehmen, ist es nötig, diesen eine besagte Straftat oder Ordnungswidrigkeit vorzuwerfen. In der Praxis erweist es sich oft als schwierig, Führungskräfte direkt mit Korruptionshandlungen in Verbindung zu bringen. Daher setzt der §130 OWiG an anderer Stelle an: Er bestraft vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen durch den Inhaber. Dieser muss erforderliche Maßnahmen treffen, dass Zuwiderhandlungen gegen Pflichten des Inhabers erschwert oder verhindert werden. Dazu zählt auch die Bestellung, Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen. Mit diesen beiden Tatbeständen ist in der Gesetzgebung eine Unternehmenshaftung für rechtswidrige Taten von Mitarbeitern eines Betriebes bzw. eines Unternehmens verankert, welche Korruption durch Unternehmen sanktioniert. Weiterhin sagen die §§30, 130 OWiG aus, dass die Geldbuße, welche gegen die Organisation verhängt werden kann, in diesem Fall bis zu einer Millionen Euro betragen kann. Diese Summe aufzubringen stellt für ein größeres Unternehmen meist kein Problem dar und zeigt so keine Wirkung. Daher wurde in jüngster Zeit eine weitere Vorschrift aus dem OWiG herangezogen. Der §17 IV OWiG schreibt vor, dass die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil aus der Tat übersteigen soll. Diese rechtliche Konstellation kann erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben.

Darüber hinaus kann die Securities and Exchange Commission (SEC), als Börsenaufsicht der USA, wegen Verstöße gegen den Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) ermitteln. Folgende Beispiele zeigen, dass seitens dieser Behörde, welche den Zugang zur amerikanischen Börse kontrolliert, drastischere Strafen verhängt werden, als durch deutsche Justizbehörden.

Die gemeinsame Anwendung dieser benannten Vorschriften hat zu aufsehenerregenden Bußgeldbescheiden geführt. So musste Siemens abschließend 395 Millionen Euro Bußgeld bezahlen, um die über Jahre anhängige Korruptionsaffäre zu beenden. Die Summe wurde an die ermittelten Profite von 394 750 000 Euro angelehnt. Der Nutzfahrzeughersteller MAN musste 2009 insgesamt 150 Millionen Euro Bußgeld bezahlen. Gegen die ehemalige Tochtergesellschaft von MAN, Ferrostaal, wurde 2011 wegen Bestechung im Rahmen des Verkaufs von U-Booten an Griechenland und Portugal, ein Bußgeld in Höhe von 139,8 Millionen Euro verhängt. Weiterhin plant die Bundesregierung das Bußgeld aus §§30, 130 OWiG auf 10 Millionen Euro zu erhöhen. Zu den Kosten des Strafverfahrens zählen aber nicht nur die Bußgelder, sondern auch die damit verbundenen Verfahrenskosten. Hier treten zusätzliche Kosten für Strafverteidiger, Strafverfahrens- und Gerichtskosten, die Beschlagnahme von Vermögenswerten, Pfändung von Firmenkonten, Sicherstellung von Beweismitteln und vielem mehr, auf. Die Siemens AG beschäftigte während den Korruptionsuntersuchungen durch die SEC in den USA ca. 100 Anwälte, was Kosten von ca. 1 Millionen Euro pro Tag verursachte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass zudem nicht nur im Inland Strafverfahren drohen, sondern auch im Ausland, insbesondere den USA, mit einer Strafverfolgung zu rechnen ist. So musste, wie bereits im Abschnitt über Ziele von Unternehmen zuvor erläutert wurde, Siemens an die SEC sowie an das US-Justizministerium insgesamt 800 Millionen US-Dollar Bußgeld entrichten. Die deutsche Telekom musste 2011 70 Millionen Euro zur Beilegung eines Korruptionsverfahrens zahlen, Daimler insgesamt 138 Millionen Euro.

Man kann an dieser Stelle zusammenfassen, dass bei der Entdeckung von Korruption, welche durch ein Unternehmen ausgeübt wird, allein durch strafrechtliche Konsequenzen, erhebliche finanzielle Einbußen hinzunehmen sind. Profite, welche durch „gekaufte“ Aufträge entstanden sind, werden abgeschöpft und stehen dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung. Juristische Folgen für beschuldigte Mitarbeiter des Unternehmens können auch unternehmensweite Wellen schlagen. Durch die Inhaftierung von Personal können wichtige Managementoder Schlüsselpositionen nicht mehr verwendet werden, was die Handlungsfähigkeit des Unternehmens deutlich einschränkt. Eine Rekrutierung von neuem Personal in kürzester Zeit ist mit weiteren Kosten verbunden. Darüber hinaus werden im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen der Ermittlungsbehörden in großen Mengen Beweismittel sichergestellt. Die Sicherstellung von Beweismitteln betrifft meist infrastrukturelle Endgeräte, wie Computer, Server, Telefone, Handys oder Router aber auch Unterlagen, Archive, Datenbanken, Bilanzen, Geschäftsberichte, letztlich alles, was einerseits für das Strafverfahren relevant sein könnte, andererseits die Funktionsfähigkeit des Unternehmens erheblich einschränkt.

Darüber hinaus treten auch Behörden anderer Zuständigkeiten auf, die im Zusammenhang mit Korruption Verstöße gegen weitere Rechtsvorschriften vermuten. In erster Linie kommen dabei durch das Finanzamt weitere Nachzahlungsaufforderungen durch Steuerhinterziehung auf, aber auch die damit verbundene fehlerhafte Bilanzierung führt zu Rechtsfolgen, welche durch Aufsichtsbehörden der Börsen bzw. Handelsministerien durchgesetzt werden. Allein die strafrechtlichen Auswirkungen, welche bei einer Entdeckung von Korruption drohen, können die Existenz des Unternehmens gefährden. Dies ist insbesondere für KMU gültig, da inhabergeführte oder familiäre Betriebe nicht nur die Folgen der Unternehmenssanktion verkraften, sondern auch die Konsequenzen für Einzelpersonen kompensieren müssen. Diese sollen an späterer Stelle in diesem Kapitel erläutert werden.

 
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