Durchführung einer empirischen Erhebung über Ziele und Auswirkungen von Korruption

Durch Literaturrecherche und die Auswertung von bestehender Quellen konnten bereits Ziele und Auswirkungen von Korruption herausgearbeitet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden in acht Hypothesen formuliert. Diese sollen nun durch zwei Datenerhebungen bestätigt oder widerlegt werden. Dabei wurden einerseits Experteninterviews durchgeführt, andererseits Mitarbeiter einer Wirtschaftsberatungs- und Prüfgesellschaft befragt, um so eine aktuelle Einschätzung zu Zielen und Auswirkungen von Korruption auf die beteiligten Akteure zu erhalten. In diesem Kapitel werden die Methodik der Befragungen und die Ergebnisse vorgestellt. Im Anschluss werden die gewonnenen Erkenntnisse zur Diskussion gestellt und Zusammenhänge bzw. Widersprüche diskutiert.

Methodik und Vorgehensweise in der Erhebung

Befragung von Experten und Expertinnen durch Interviews

Ausschlaggebend für diese Art der Datenerhebung war die Möglichkeit, einen Ersteindruck über Ziele und Auswirkungen von Korruption zu erhalten, um die ergänzende Mitarbeiterbefragung inhaltlich zu konkretisieren und geeignete Antwortmöglichkeiten geben zu können.

Insgesamt wurden sechs Personen befragt. Ziel bei der Zusammensetzung der Interviewgruppe war es, eine möglichst umfassende Abdeckung des Themas „Korruption im öffentlichen Sektor“ aus verschiedenen Perspektiven zu erreichen. Somit konnte eine Gruppe erstellt werden, die sich aus drei Personen der Privatwirtschaft, einem Mitglied von Transparency International und zwei Polizeibeamten aus Korruptionsermittlungsdienststellen zusammensetzt. Die Demografie der Interviewgruppe leitet sich aus den Elementen der Auftragsvergabe ab: Drei Vertreter der Privatwirtschaft haben Erfahrung in der Bewerbung auf öffentliche Aufträge, wobei davon eine Person eine Zwischenstellung einnimmt. Sie ist in der Wirtschaftsforensik tätig und bewirbt sich somit auf öffentliche Aufträge, untersucht aber im Auftrag von Klienten auch selbst Korruption. Beide Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gehören Dienststellen der Korruptionsbekämpfung an, wobei eine davon zusätzlich die Auftragsvergabe im eigenen Haus berät. Um beide Seiten neutral betrachten zu können, wurde darüber eine Person des AntiKorruptionsvereins Transparency International, Regionalbüro Frankfurt am Main, Schwerpunkt Auftragsvergabe, befragt.

Allen Beteiligten wurden die gleichen Fragen in derselben Reihenfolge gestellt, insgesamt wurden drei offen formulierte Frageblöcke zur Diskussion gestellt:

Jedes Interview wurde handschriftlich festgehalten, da Tonbandaufnahmen durch die Interviewpartner mehrheitlich abgelehnt wurden. Im Nachgang wurden die handschriftlichen Notizen digitalisiert. Allen befragten Teilnehmern wurde eine Anonymisierung angeboten, dies wurde in zwei Fällen in Anspruch genommen. Aus diesem Kontext heraus wird deutlich, dass im Rahmen einer wissenschaftlichen Datenerhebung zum Thema Korruption eine besondere Herausforderung in der Datengewinnung liegt. Es muss eine aktuelle Erkenntnisgewinnung gelingen, ohne dabei auf strafrechtlich relevante Inhalte zu stoßen, die sowohl den Interviewpartner, als auch den Wissenschaftler in eine juristische Zwangslage bringen können. In diesem Zusammenhang besteht das Dilemma der Aktualität der Daten, da die Befragten folgenlos über strafrechtlich verjährte Delikte berichten können und dies auch tun; solche Geschehnisse liegen jedoch meist Jahre zurück und tragen somit nicht zur Aktualisierung bei. Berichte über aktuelle Ereignisse dagegen sind aus Furcht vor den Konsequenzen oftmals nicht zu erlangen. Daher wurde in den Interviews, insbesondere bei den Befragten der Privatwirtschaft, gezielt nach einer eigenen, vergangenen Erfahrung mit Korruption bzw. einer aktuellen Einschätzung von Korruption in ihrer Branche, im Wettbewerb oder im eigenen Unternehmen gefragt, jedoch nicht nach einer möglichen eigennützige Anwendung korruptiver Mittel. Die Problematik der empirischen Erhebung im Umfeld der Korruption, welche RABL bereits erläuterte, konnte somit auch hier festgestellt werden. Insgesamt konnte durch die Interviewpartner eine sehr hohe Bereitschaft zur Mitwirkung sowie ein starkes Interesse an den Interviews sowie der Thematik festgestellt werden. Dies wurde auch an der Länge der Interviews deutlich, die für 1,5 Stunden angesetzt waren, jedoch in allen Fällen mindestens zwei bzw. bis zu 3 Stunden andauerten. Neben der eigentlichen Befragung wurde dabei mehrheitlich auch über Nebeneffekte der Korruption gesprochen. Sämtliche Interviews wurden lokal bei den Befragten durchgeführt.

Insgesamt konnte durch die Interviews für den schwer zu strukturierenden Themenbereich der Korruption eine gute Einschätzung zu den Forschungsfragen gewonnen werden. Um die nun vorliegenden Aussagen der Interviewpartner verlässlich einzuordnen, wurden diese durch eine Mitarbeiterbefragung ergänzt, welche im folgenden Kapitel vorgestellt wird.

 
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