Drogentherapie (stationär oder ambulant)

Die Drogentherapie als Alternative zum Freiheitsentzug muss von der Suchtbehandlung als eine zum Strafvollzug alternative Form der freiheitsentziehenden Sanktion und einer bloßen Ergänzung zu einer freiheitsentziehenden Sanktion unterschieden werden. Zudem variieren die nationalen Ansätze schon hinsichtlich der Frage, welche Fälle der Drogenkriminalität in den Bereich der strafrechtlichen Verfolgung fallen: einerseits dadurch, dass der Besitz bestimmter Mengen zum Eigenkonsum die Schwelle strafbaren Unrechts z. T. erst gar nicht überschreitet, andererseits durch die regelmäßige Einstellung von Verfahren oder durch die Unterscheidung zwischen sogenannten leichten und harten Drogen mit an diese anknüpfenden unterschiedlichen Verfahrensweisen.

In Bulgarien und Litauen stellen Drogentherapien offensichtlich nur eine Ergänzungsmaßnahme zu daneben angeordneten Strafen dar, d. h. dass eine Drogentherapie als Bewährungsauflage erteilt werden kann.[1]

In Spanien führt die Teilnahme an einer Drogentherapie (oder zumindest an einer Entgiftung) zu zusätzlichen Möglichkeiten der Strafaussetzung, sodass auch Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren (und nicht nur bis zu zwei Jahren) ausgesetzt werden können.

In Belgien werden Drogenabhängigkeit und ihre Behandlung auf verschiedenen Ebenen des Strafverfahrens berücksichtigt – entweder als ein Faktor im Rahmen einer Mediation oder als Grund für eine Strafaussetzung. Um von Letzterer zu profitieren, sollen Drogenabhängige zusichern, ihr Verhalten zu verändern (d. h. keine Drogen mehr zu nehmen, Urinproben nicht zu verweigern, sich auf die Suche nach einer Arbeit zu begeben, aktiv ihre Freizeit zu gestalten, sich einer Behandlung zu unterziehen, die auf endgültige Drogenabstinenz gerichtet ist etc.). Auf der Ebene der Strafverfolgung führt der Abschluss einer Drogentherapie zur Vernichtung der Justizakte nach sechs Monaten. Beachtet man die Reihe der dafür gesetzten Bedingungen, ist es schwer vorstellbar, dass ein langjähriger Drogenkonsument alle diese Auflagen erfüllen kann, weil dies eine komplette Lebensumstellung bedeuten würde. In Gent wurde ein spezielles Drogentherapie-Gericht eingerichtet, welches die verschiedenen Beteiligten, d. h. Richter oder Richterinnen, Staatsanwaltschaft und eine Kontaktperson der verschiedenen Einrichtungen für Drogenabhängige mit speziellem Fachwissen an einen Tisch bringen soll.

In Deutschland gibt es diverse Ansätze, die Drogentherapien bzw. die Bereitschaft, sich einer solchen zu unterziehen, als Alternativen zum Freiheitsentzug vorsehen.[2] Sie können im Rahmen der Entscheidung über die Einstellung des Strafverfahrens berücksichtigt werden, an die Stelle eines Strafverfahrens treten (§ 37 BtMG), als Bewährungsauflage fungieren, als Ersatz für eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder bei einem verbleibenden Strafrest von bis zu zwei Jahren als Alternative auch für eine bereits begonnene Vollstreckung von Freiheitsstrafen in Anspruch genommen werden (§§ 35, 36 BtMG). Hierbei werden nicht nur Drogendelikte berücksichtigt, sondern auch Straftaten, die unter dem Einfluss oder in Verbindung mit Entzugserscheinungen verübt wurden bzw. der Beschaffung von Drogen dienten (z. B. Diebstahl). Die Anrechnung auf die Haftstrafe erfolgt zudem unabhängig von einem Erfolg der Therapie und auch teilweise. [3]

  • [1] In Bulgarien empfahl Frau Tankova, die Leiterin der regionalen Dienststelle “Strafvollstreckung” die häufigere Anwendung einer verpflichtenden Drogentherapie im Rahmen der Bewährung, M. TaHKoBa (2012), I1po6.reMoT HapKoTmJ,m, KaTo pecj.reKcmsr rr m ocogeHmTe Ha rr o6aJ,msr [M. Tankova (2012), The Problem of Drugs as a Reflection in Persons Sentenced to Probation]. Burgas
  • [2] Es gibt eine strafrechtliche Sanktion (Maßregel der Besserung und Sicherung), die der verurteilten Person auferlegt, sich einer Drogentherapie zu unterziehen, aber diese stellt nur eine andere Form des Strafvollzugs dar – wenngleich bis zu einer Dauer von zwei Dritteln der angeordneten Freiheitsstrafe jeder Tag in einer solchen Maßnahme auf die Haftstrafe angerechnet wird (§ 64 StGB)
  • [3] Für weitere Informationen siehe “Bemerkenswerte Praxen”
 
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