Wie steht es um die psychischen Aspekte des Alterns?
Wie bereits erwähnt gehören Krisen zu den psychischen Aspekten des Alterns. Krisen sind meist seelischer Natur, wobei Seele und Psyche nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, genauso wenig wie Körper und Psyche. Körper, Psyche und Seele sind untrennbar miteinander verbunden. Zu den klassischen Krisen im Alter gehört daher die berühmte Midlife-Crisis.
Die Midlife-Crisis – nur ein Begriff?
Die Midlife-Crisis geht mit der Frage einher, ob das Leben nach den eigenen Vorstellungen verlaufen ist – oder eher nicht. Es ist die Zeit der Reflexion. Weltweite Studien belegen, dass die Zeit des Wandels zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr stattfindet (Schäfer 2012). So sinkt das Wohlbefinden bis Mitte 40 im Schnitt immer weiter ab und steigt danach wieder an. Die Menschen realisieren in dem Alter, dass in Bezug auf Beruf und Familie nicht mehr allzu viele Möglichkeiten offen sind. Im Idealfall sind berufliche Rolle und persönliche Identität zu dem Zeitpunkt gefunden. Die Gelassenheit wächst. Dennoch haben Forscher nachgewiesen, dass die Unzufriedenheit ab Mitte 30 beginnt und mit 45 ihren Tiefpunkt erreicht. Ist die Talsohle erst durchschritten, dann geht es wieder bergauf. Die psychischen Veränderungen gehen mit körperlichen Veränderungen einher. Bei Männern sinkt der Testosteronspiegel. Bei Frauen nimmt der Östrogenspiegel ab. Sie kommen in die Wechseljahre. Zudem schwinden die Muskeln. Es zeigen sich graue Haare, Falten und zunehmend Fett. Auch das Gedächtnis lässt nach. Diese Veränderungen fallen umso schwerer in einer Gesellschaft, die von Leistungsdenken und Jugendwahn gesteuert wird. Da ist es ganz normal, dass der Gedanke, nicht mehr zu genügen, dominiert.
Zudem verändert sich die Rolle gegenüber den eigenen Eltern. Die Eltern sind nicht mehr in der Lage, ihren Kindern Kraft zugeben. Stattdessen benötigen sie selbst Hilfe. Für die erwachsenen, mittelalten Kinder ist es oft schwer, den physischen und körperlichen Verfall der Eltern zu begleiten. Mehr als einmal werden sie dabei mit der eigenen Hilflosigkeit konfrontiert. Besonders schwer ist dabei das Krankheitsbild der Demenz. Die alten Eltern erkennen ihre Angehörigen dann nur noch selten. Wenn die alten Eltern sterben, ändert sich der Blick auf das Leben, weil die Kinder nun als Nächstes an der Reihe sind. Es gibt niemanden mehr, der zwischen ihnen selbst und dem Tod steht (Schäfer 2012).
Die eigene Beziehung (Ehe) ist häufig ebenfalls in die Jahre gekommen, und die Kinder haben sich längst abgenabelt. Nun werden die Lebensentwürfe überprüft. Was wurde umgesetzt, und was blieb auf der Strecke? Dabei ist es längst nicht zu spät für alles. Viele Dinge lassen sich auch im Alter noch realisieren.
Bereits in Kap. 8 wurde herausgestellt, dass sich die Folgen des Alters bekämpfen lassen. Dabei wurde das Trio Nichtrauchen, Bewegung und gesunde Ernährung mehrfach erwähnt. Auch die geistige Fitness lässt sich beeinflussen. Und überhaupt wird die mangelnde Schnelligkeit mit Wissen und Erfahrung ausgeglichen. Bewegung an der frischen Luft erhöht die Leistungsfähigkeit des Gehirns zusätzlich. Nüchtern betrachtet stehen der heutigen Generation – um die 40 – noch viele Wege offen.
Wer sich beruflich selbst verwirklichen möchte, für den sind die Vierziger das ideale Alter zum Sprung in die Selbstständigkeit. „Sprung“ ist hier das richtige Wort, denn der Sprung in das Wasser ist die Voraussetzung zum Schwimmenlernen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Erfahrungsberichte von Rentnern, die sich nach der Pensionierung selbstständig machten und sich damit einen Traum erfüllten. Auch für das Auswandern in den sonnigen Süden ist es nie zu spät:
All diese Menschen haben eine Fähigkeit, die in der Lebensmitte viel wert ist: Sie übernehmen Verantwortung für sich selbst. Wer sich mit unangenehmen Erfahrungen auseinandersetzt, Lösungen sucht, sich mit anderen austauscht und zuversichtlich bleibt, ist zufriedener als jemand, der sich als Opfer des Schicksals betrachtet. (Schäfer 2012)
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diejenigen, die sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen, auf der Stelle treten. Durch die mangelnde Selbstreflexion bleibt ihnen die Reife verwehrt. Sie wundern sich nur, warum sie immer unzufriedener werden. Dabei finden sich immer Wege, die zum Ziel führen. Forscher fanden heraus, dass Menschen am zufriedensten sind, wenn sie ihr Leben vorausplanen (Schäfer 2012). Das bedeutet, dass sich die älter werdenden Menschen beispielsweise damit auseinandersetzen sollten, dass die Kinder irgendwann ausziehen und die alten Menschen Pflege benötigen.
Zufrieden sind auch diejenigen, die von ihrem Wissen etwas an Jüngere weitergeben. Bei vielen besteht der Wunsch, der Nachwelt etwas zu hinterlassen, denn:
Je mehr sich Menschen für die nachfolgende Generation einsetzen, desto selbstbewusster sind sie und desto wohler fühlen sie sich psychisch und körperlich. (Schäfer 2012)
Bei der Weitergabe kann es sich z. B: um Wissen handeln (Nachhilfeunterricht, Kurse). Auch ein Trainer kann seine Techniken an die jüngere Generation vermitteln (z. B. Fußball). Einige ältere Menschen nehmen Pflegekinder auf und geben ihnen dadurch eine bessere Zukunft.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die MidlifeCrisis längst nicht nur Männer betrifft, wenngleich diese bei Männern stärker in Erscheinung tritt. Die Krise hängt mit dem Eindruck zusammen, dass es von nun an nur noch bergab geht. Die Krise geht mit den Gefühlen Gereiztheit, Unzufriedenheit, Wut, Trauer, Zukunftsangst und innerer Leere einher. Gegen alte Zwänge und Einschränkungen wird rebelliert. Stattdessen wird nach dem Abenteuer gesucht. Die Hobbys und Interessen ändern sich. Der oder die Betroffene will sich und anderen seine noch bestehende Jugend beweisen.