Politikbereiche
Rechts- und Innenpolitik im Zeichen der Globalisierung
Michael Dreyer
Zur Komplexitat einfacher Politikfelder
Als im Jahr 1808 in Berlin im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen das kollegiale General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domainen-Directorium aufgehoben wurde, ersetzten es die funf spater als klassisch bezeichneten Ministerien fur A¨ ußeres, Krieg, Finanzen, Inneres und Justiz mit direkt verantwortlichen Ministern an der Spitze der Hauser. Diese Aufteilung, die es in England schon langer gab, sollte sich als grundsatzliche Gliederung der Exekutive auch in anderen Landern durchsetzen. Und auf den ersten Blick sieht es so aus, als folgten auch die USA in ihrer ministeriellen Struktur dem europaischen Ansatz. Die Departments fur State (ursprunglich als Department of Foreign Affairs bezeichnet), War (seit 1947: Defense), Treasury und die Position des Attorney General wurden bereits 1789 mit der Verfassung geschaffen. Und als erste Neuscho¨pfung trat zu den ursprunglichen exekutiven Bereichen 1849 noch Interior hinzu. Dabei beließ man es zunachst; im ganzen 19. Jahrhundert wurde die exekutive Struktur nur noch um das Department of Agriculture (1862) erweitert, dessen Kompetenzen aus dem Bereich des Innenministeriums herausgelo¨st wurden. Heute gibt es in den USA 15 Ministerien bzw. Departments, deren jungstes das 2002 gegrundet Department of Homeland Security ist. Theoretische Bedeutung hat dies fur die Nachfolge des Prasidenten. Die Erbfolge, wenn man es so bezeichnen will, geht nach dem Vizeprasidenten und dem Sprecher des Reprasentantenhauses sowie dem President pro tempore des Senates auf die jeweiligen Minister in der Reihenfolge der Entstehung der Departments uber, beginnend mit State, Treasury, Defense und Justice. Dazu allerdings ist es bislang noch nie gekommen.
Aber die vermeintliche U¨ bereinstimmung im Zuschnitt europaischer Ministerien
und amerikanischer Politikfelder ist bei naherer Betrachtung eben doch nicht so eng, wie es den Anschein erweckt. Das beginnt bereits bei der Amtsfuhrung der Minister bzw. Secretaries. Nach Art. 65 GG (praktisch identisch mit Art. 56 WRV) „leitet jeder Bundesminister seinen Geschaftsbereich selbstandig und unter eigener Verantwortung“. In der Praxis ist dies bei amerikanischen Secretaries oftmals ahnlich, aber letzten Endes dienen sie alle „at the pleasure of the President“ und ko¨nnen jederzeit ihr Amt verlieren (Bennett 1996; Rudalevige 2006). Auch die Politikfelder und die Aufgabenbereiche fur die Minister erweisen sich bei naherer Betrachtung als recht unterschiedlich. Im Folgenden soll dies fur beide Bereiche dargestellt werden, wobei sich an die Betrachtung von Minister und Ministerium auch noch die Abgrenzung zur fo¨derativen Ordnung der USA und zum Kongress anschließen wird.