Energiepolitik zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit

Stormy-Annika Mildner, Kirsten Westphal und Julia Howald

Einleitung: Das energiepolitische Zieldreieck

„Es gibt keine Uneinigkeit daruber, ob unsere Abhangigkeit von auslandischem O¨ l unsere Sicherheit gefahrdet; wir wissen es. Es gibt keine Debatte mehr daruber, ob Treibhausgasemissionen unseren Planeten gefahrden; es passiert bereits. Und es ist keine Frage mehr, dass die Arbeitsplatze und Industrien des 21. Jahrhunderts um saubere, erneuerbare Energien herum entstehen werden“, betonte Prasident Barack Obama im Sommer 2009 (The White House 2009). Grundsatzlich bewegt sich die US-amerikanische Energiepolitik im Spannungsfeld des energiepolitischen Zieldreiecks aus Energiesicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Nachhaltigkeit (Klima- und Umweltvertraglichkeit). Energiepolitik ist Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Klima- und Umweltpolitik zugleich – dies gilt fur die Energiepolitik der Obama-Administration ebenso wie die ihrer Vorganger, wenngleich es deutliche Unterschiede in der Gewichtung der drei energiepolitischen Ziele gibt. Legte Prasident Obama beispielsweise einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, hatte fur Prasident George W. Bush Versorgungssicherheit gro¨ ßte Prioritat. Wie kein Prasident vor ihm warnte George W. Bush vor den energiepolitischen (Sicherheits-)Risiken fur die Energieversorgung. In seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2006 kritisierte er: „Amerika ist suchtig nach O¨ l, das gro¨ßtenteils aus instabilen Regionen der Welt importiert wird.“ Die Energiedebatte konzentrierte sich dabei auf zwei Aspekte: erstens den wachsenden Energieverbrauch in den USA und international sowie die hohen Energiepreise und zweitens die zunehmende Importabhangigkeit und Konzentration der verbleibenden O¨ lreserven auf wenige und politisch instabile Regionen. Energiepolitik wurde in erster Linie als Sicherheitspolitik konzipiert; Klimapolitik war ein Teil der Energiepolitik, hatte aber unter der Bush-Administration keinerlei Prioritat. Obama hingegen gab der Energiepolitik eine neue Richtung: Im energiepolitischen Zieldreieck gewann Nachhaltigkeit sichtlich an Bedeutung (Campbell 2009).

Die Ziele des energiepolitischen Dreiecks ko¨ nnen auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden: Die Regierung kann durch Fo¨rderprogramme die Entwicklung neuer Technologien und die Erschließung neuer Energiequellen unterstutzen. Diese Strategie wird als ‚technology push' bezeichnet. Oder sie kann durch verpflichtende Maßnahmen wie Mindestanteile an erneuerbaren Energien oder auch Emissionsdeckelungen technologischen Wandel initiieren – eine Strategie, die als ‚market pull'-Strategie bezeichnet wird. Die US-amerikanische Energiepolitik zeichnet sich seit jeher durch beide Strategien aus. Doch auch hier lassen sich Unterschiede in der Schwerpunktsetzung verschiedener Administrationen finden. Anders als Prasident George W. Bush scheute sich beispielsweise Prasident Obama weniger vor Eingriffen in die Markte, indem er eine Vielzahl an Verordnungen erließ. Der Grund hierfur liegt nicht nur in unterschiedlichen Ideologien der Administrationen. Energiepolitik ist immer das Ergebnis eines Wechselspiels zahlreicher Akteure auf Ebene der Bundesregierung und der Einzelstaaten. Beeinflusst wird sie zudem durch o¨konomischen Handlungsdruck, die Interessen der Industrie sowie durch die Stimmungslage und Problemwahrnehmung in der Bevo¨lkerung (Mildner und Richert 2010; Mildner und Westphal 2010).

Der vorliegende Beitrag beleuchtet in einem ersten Schritt die energiewirtschaftlichen Rahmendaten der USA und wie sich diese in den vergangenen Jahren verandert haben. Im Anschluss erfolgt eine Analyse der Energiepolitik unter Prasident Obama und der Prioritatensetzung im energiepolitischen Zieldreieck.

 
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