Dritter Schritt: Operationalisierung der Strategie
Mit der Strategiebrücke von der Istzur Ziel-Position
Das dargestellte Vorgehen zur Erarbeitung des strategischen Rahmens sowie zur anschließenden Operationalisierung der Strategie kann auch bildlich ausgedrückt werden: Dem Verständnis der Vision als „Traum“ folgend, besteht aus heutiger Sicht eine „Schlucht“ zwischen dem aktuellen Standpunkt des Unternehmens und seiner Vision. Diese „Schlucht“ kann mit einer Brücke überwunden werden. Da diese Brücke dem Unternehmen hilft, seine Vision zu realisieren, soll sie hier als Strategiebrücke bezeichnet werden. Mit der Ist- und Ziel-Position sind die beiden Pfeiler der Strategiebrücke definiert. Um die Lücke zwischen Ist- und Ziel-Position zu schließen, muss das Unternehmen spezifische Entwicklungsschritte durchlaufen. Die Operationalisierung der Strategie besteht darin, die Entwicklungslücke zwischen der Ist- und der Ziel-Position zu schließen. Dazu muss der Industriedienstleister die Frage beantworten, welche Ziele er realisieren muss, um von der Istzur Ziel-Position zu gelangen. Dies erfolgt durch die Formulierung konkreter strategischer Ziele. Damit schlagen die strategischen Ziele die Brücke zwischen der Ist- und der Ziel-Position und stellen gleichsam die erforderlichen Entwicklungsschritte dar. Die Abb. 4.1 zeigt dieses Vorgehen auf.
Dabei legt der strategische Rahmen mit Vision und Mission im wörtlichen Sinne den Rahmen fest, innerhalb dessen das strategische Zielsystem ausgestaltet werden kann. Während der strategische Rahmen über lange Zeiträume hin konstant bleibt, ist das strategische Zielsystem einer deutlich schnelleren Veränderung unterworfen. Dies resultiert daraus, dass sich mit jeder Weiterentwicklung des Unternehmens entsprechend der Erreichung seiner strategischen Ziele der jeweils aktuelle Ist-Zustand verändert. Wenn auch die Ziel-Position über lange Zeiträume konstant bleibt, so bedingt jedoch eine weiterentwickelte Ist-Position einen modi-
Abb. 4.1 Strategiebrücke
fizierten Weg von der Istzur Ziel-Position und damit ein angepasstes strategisches Zielsystem.
Zur Gestaltung des strategischen Zielsystems wird die Strategie in klar definierte strategische Ziele operationalisiert, die festlegen, was das Unternehmen konkret erreichen will. Für jedes Erfolgspotenzial wird hinterfragt, wie groß die Lücke zwischen Ist- und Ziel-Position ist und wie das Unternehmen diese Entwicklungslücke schließen kann. Abhängig von dem Ausmaß der Entwicklungslücke und der Handlungsnotwendigkeit wird entschieden, ob daraus ein strategisches Ziel abgeleitet werden muss:
Stimmen Ist- und Ziel-Position (nahezu) überein, d. h. existiert keine Entwicklungslücke, und ist zudem keine Anstrengung erforderlich, um die Position zu halten, besteht keine Notwendigkeit, für dieses Erfolgspotenzial ein strategisches Ziel abzuleiten.
Besteht hingegen eine Entwicklungslücke zwischen Ist- und Ziel-Position oder sind größere Anstrengungen erforderlich, die Position zu halten, müssen strategische Ziele abgeleitet werden, die helfen, die Entwicklungslücke zu schließen. Damit ist mit der Strategiebrücke ein strukturiertes Vorgehen gegeben, die strategischen Ziele konsequent aus der zugrunde liegenden strategischen Analyse sowie den strategischen Grundsatzentscheidungen abzuleiten.
Da bereits die Erfolgspotenziale in Anlehnung an die Perspektiven der Balanced Scorecard identifiziert worden sind, können die erarbeiteten strategischen Ziele als Ausgangspunkt einer Balanced Scorecard unmittelbar den einzelnen Perspektiven zugeordnet werden. Die Betrachtung der vier Perspektiven stellt zudem sicher, dass das Zielsystem ausgewogen gestaltet ist, statt sich einseitig auf die finanziellen Erfolgsziele zu fokussieren.
Abb. 4.2 Auszug der strategischen Ziele des Beispiel-Unternehmens
Die Ziele beantworten damit die Leitfragen der jeweiligen Perspektive (vgl.
Horváth & Partners 2007).
Die Ziele der Finanzperspektive beantworten die Frage, welche finanziellen Erfolgsziele das Unternehmen erreichen will, um seine Vision zu realisieren.
Die Ziele der Kundenperspektive beantworten die Frage, wie die kundenseitigen Erfolgsfaktoren ausgestaltet sein müssen, damit sich das Unternehmen aus Kundensicht von den Wettbewerbern abgrenzt und damit die kundenbezogenen Erfolgsziele erreicht. Die kundenbezogenen Erfolgsziele wiederum beeinflussen unmittelbar die finanziellen Erfolgsziele des Unternehmens.
Die Ziele der Prozessperspektive beantworten die Frage, wie die prozessualen Erfolgsfaktoren ausgestaltet sein müssen, um einerseits die Kundenziele und andererseits die Finanzziele bestmöglich zu unterstützen.
Die Ziele der Potenzialperspektive schließlich beantworten die Frage, welche Potenziale für das Unternehmen als Erfolgsfaktoren anzusehen sind und wie diese zukünftig weiterzuentwickeln sind, damit die Ziele der Prozess- und Kundenperspektive bestmöglich unterstützt werden.
Dabei bleiben die strategischen Ziele der Balanced Scorecard nicht isoliert nebeneinander stehen. Vielmehr werden diese auf einer Strategy Map im Sinne einer strategischen Landkarte in ihrer Gesamtheit dargestellt. Die strategisch beabsichtigten Wirkungszusammenhänge zwischen den strategischen Zielen werden auf der Strategy Map durch Pfeile abgebildet, die die entsprechenden Ziele miteinander verbinden (vgl. Kaplan und Norton 2004).
Dadurch zeigt die Strategy Map auf, warum sich der Industriedienstleister bestimmte Ziele vorgenommen hat, und wie diese die Realisierung der Vision unterstützen. Daraus resultiert die Möglichkeit, mit Hilfe der Strategy Map die
„Geschichte der Strategie“ zu erzählen und diese so verständlich an die Mitarbeiter im Unternehmen zu kommunizieren.
Als Brücke zwischen der Ist- und der Ziel-Position hat das BeispielUnternehmen ungefähr 20 wesentliche strategische Ziele für die vier Perspektiven formuliert. Einen Auszug hieraus zeigt die Abb. 4.2.
Abb. 4.3 Auszug der strategischen Messgrößen des Beispiel-Unternehmens