Wie antisozial können Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen sein?
Im psychiatrischen Umfeld waren es früher vor allem sogenannte Psychopathen, die als gemütsarm und seelenlos beschrieben wurden, heute werden sie antisoziale Persönlichkeiten genannt, die durch Grenzüberschreitungen im persönlichen Bereich auffallen und auch Gewissens- und Rechtsgrenzen überschreiten. Da diese kleine, aber markante Gruppe ebenfalls ein großes Spektrum an Störungen aufweist, sollen hier einzelne Grundtypen beschrieben werden.
Der ausbeuterische Narzisst
Wie bei allen Persönlichkeitsstörungen können widersprüchliche Tendenzen ein- und derselben Person sehr typisch sein, zum Beispiel der gewissenhafte, hochmoralische Staatsbürger, der seine Steuern hinterzieht – ein Vergehen, welches in sehr unterschiedlichem Umfang kriminelles Potenzial enthalten kann. Dazu gehört auch der Politiker, der sich von Privatpersonen oder Banken überdosiert für Leistungen bezahlen lässt.
Der Fälscher
Neben blindwütigem Diebstahl geistigen oder auch materiellen Eigentums sind es heute besonders die perfektionistischen, narzisstischen Fälscher wie Gemäldefälscher, die mit höchsten Fertigkeiten Kunstwerke kopieren oder unter dem Namen eines bekannten Künstlers neu schaffen. Wissenschaftliche Arbeiten, die interessante Ergebnisse versprechen, in denen jedoch einige Daten stören, werden gefälscht. Umfangreiche Datenfälschungen in allen Bereichen von der Wissenschaft bis hin zum Bankenwesen werden heute mehr und mehr aufgedeckt. Die Plagiate von Doktorarbeiten, wie vergessene Zitierungen, waren immer schon üblich. Die Vergehen reichen von kleinen Nachlässigkeiten bis zum massiven Gedankendiebstahl. Also auch hier sind moderne Recherchemethoden mithilfe von Datenbanken in der Lage, das Ausmaß der Grenzüberschreitung zu differenzieren, während die narzisstisch spiegelnde Gesellschaft alle Vergehen ohne Differenzierung verfolgt. Die Vergehen in Wissenschaft und Wirtschaft dürften nur die Spitze des Eisbergs sein.
Narzissmus am Gartenzaun
Die Psychopathologie des Alltagslebens findet sich in unzähligen Kleinkriegen vor Gericht wieder: der Baum zu nahe am Gartenzaun, die überhängenden Zweige, die territorialen Regeln des Zusammenlebens, die Geräuschbelästigungen und die vielen Alltagskonflikte, die dann vor Gericht narzisstische Dimensionen im Sinne von Michael Kohlhaas'Streitlust annehmen können, belasten auch unsere Justiz.
Immer ist zu berücksichtigen, dass bei Extremausprägungen wie Gerechtigkeitsfanatismus auch der Gegenpol, die Blindheit für eigene Schwächen und Ungerechtigkeiten, beachtet werden sollte.