Gegenmachtbildung und soft balancing: Das Narrativ der Gleichgewichtspolitik

Trotz der Annahme einer unipolaren Weltordnung spielte die Gründung der Europäischen Union (EU), die Schaffung des europäischen Binnenmarktes und der Aufbau einer Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in der Debatte über das transatlantische Machtverhältnis eine wichtige Rolle. Einerseits drohte die NATO als wohl wichtigstes sicherheitspolitisches Bindeglied zwischen Amerika und Westeuropa an Bedeutung zu verlieren. So prophezeite Kenneth Waltz, die Tage der NATO seien zwar nicht gezählt, wohl aber deren Jahre (Waltz 1993: 76). Andererseits tauchten zu dieser Zeit verstärkt Äußerungen auf, die hinter den gesteigerten europäischen Ambitionen im Bereich der Sicherheitspolitik das Streben der neu gegründeten EU nach mehr Autonomie und Unabhängigkeit von den USA vermuteten (Heisbourg 1992; Cornish 1997). Kritiker wie Christopher Hill (1993) bezweifelten zunächst noch, dass die Außenpolitik der EU den hohen Erwartungen überhaupt entsprechen werde, da ihr die notwendigen Fähigkeiten und Strukturen fehlten. Charles Kupchan kritisierte insbesondere die skeptische Haltung U.S.-amerikanischer Beobachter gegenüber der Einigung Europas als kurzsichtig und so sehr auf Nationalstaaten fokussiert, dass transoder supranationale Prozesse ausgeblendet werden würden. Dabei sei die europäische Integration die wichtigste geopolitische Entwicklung des 20. Jahrhunderts (Kupchan 2002: 132).

Angesichts der voranschreitenden europäischen Integration wurde in den USA über die wirtschaftspolitischen Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen diskutiert und folglich auch über die Frage, inwiefern das Machtverhältnis hierdurch beeinflusst werden könnte. Der wirtschaftliche Aufstieg Europas vollzog sich ungleich rasanter als die sicherheitspolitische Entwicklung, da ein wirtschaftlich prosperierendes Europa aus amerikanischer Sicht die Grundlage für eine dauerhafte Friedenssicherung darstellte. Insbesondere die USA gelten als „Geburtshelfer Europas“, da sie den europäischen Integrationsprozess in ihrem eigenen Interesse unterstützen (Neuss 2000, 2001). Hierbei galt es vor allem Deutschland einzubinden, um einerseits das Misstrauen der europäischen Nachbarstaaten zu überwinden und andererseits eine freiheitliche Entwicklung innerhalb Deutschlands zu ermöglichen. Allerdings zeigte sich bereits in diesen Anfangsjahren, dass die USA das Entwicklungspotential Europas unterschätzt hatten. Der Wunsch nach einem europäischen Binnenmarkt wurde bereits in den 1950er Jahren geäußert, doch in Washington kaum registriert (Neuss 2000: 324). Allerdings konnte sich durch die Entwicklung des europäischen Binnenmarktes und schließlich durch die Einführung des Euro als gemeinsame Währung die EU zusehends in der Weltwirtschaft als ernstzunehmender Konkurrent behaupten. Einige US-amerikanische Wissenschaftler befürchteten dabei, dass der Aufstieg Europas zu einer globalen Wirtschaftsmacht eine grundsätzliche Herausforderung der US-amerikanischen Position bedeuten könnte, indem Europa seine Märkte weiter abschotte (Garten 1989/90; Sandholtz/Zysman 1989; Arndt/Willet 1991). Der Begriff ‚Festung Europa' wurde immer wieder verwendet, um diese Abschottung der europäischen Märkte durch die EG/EU zu kritisieren.

Jeffrey Garten, ehemaliger Mitarbeiter der Präsidenten Nixon, Ford und Carter, äußerte bereits 1989 seine grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich eines Aufstiegs der Wirtschaftsmächte Japan und Deutschland in einer Zeit, in der sich die USA in einer wirtschaftlich problematischen Situation befanden. Aus Gartens Einschätzungen lässt sich zwar einerseits eine Skepsis gegenüber der europäischen Integration herauslesen, jedoch wird der zunehmende wirtschaftliche Konkurrenzkampf nicht notwendigerweise negativ gedeutet. Gartens Kritik richtet sich folglich nicht gegen die europäische Einigung im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik an sich, sondern thematisiert die drohenden Auswirkungen auf den Wettbewerb. Die EG, so lautet das zentrale Argument, sei primär eine Wirtschaftsmacht, die durch den zunehmenden Einigungsprozess immer bedeutenderen Einfluss auf die globale Wirtschaftssituation nehme, wodurch die stark exportabhängigen U.S.-amerikanischen Unternehmen unmittelbar betroffen seien (Garten 1989/90).

Christopher Layne zeigt durch einen umfassenden historischen Vergleich, dass unipolare Systeme in der Vergangenheit stets zu einer Gegenmachtbildung geführt haben. Sollten die USA eine unipolare Weltordnung anstreben, so prophezeit Layne, werde sie ein ähnliches Schicksal wie die historischen Vorläufer ereilen. Als Beleg für die Gegenmachttendenzen der Europäer bezieht er sich etwa auf Aussagen des französischen Außenministers Roland Dumas, der davor gewarnt habe, dass die USA ohne Gegengewicht in der Welt regierten. Auch der damalige Präsident der Europäischen Kommission, Jaques Delors, habe die EG dazu aufgerufen, die USA als Weltmacht auszugleichen:

“The impact of differential growth rates has increased the relative power of Japan and Germany in a way that clearly marks them as eligible states. As their stakes in the international system deepen, so will their ambitions and interests. Security considerations will cause Japan and Germany to emulate the United States and acquire the full spectrum of great power capabilities, including nuclear weapons. […] Germany is beginning to exert its leadership in European security affairs” (Layne 1993: 37)

Layne hebt in seiner Analyse die Rolle Deutschlands innerhalb der EU besonders hervor und identifiziert die Interessen einer aufstrebenden Großmacht, die beispielsweise durch den Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat untermauert werden würden (Layne 1993: 38). Dieser neue Machtanspruch drücke sich auch in der Äußerung des deutschen Außenministers Kinkel aus, der für eine Reform des Sicherheitsrates plädierte, da dieser die gegenwärtigen Machtverhältnisse nicht mehr entsprechend repräsentiere (Layne 1993: 38). Layne behauptet auch, dass Europa nicht nur als ein wirtschaftlich aufsteigender Akteur angesehen werden könne, sondern sich – insbesondere durch das (von ihm unterstellte) Großmachtstreben Deutschlands getrieben – auch als ein zentraler Herausforderer für die USA im Bereich der Sicherheitspolitik etablieren könnte. Die Vergänglichkeit des unipolaren Moments und die Zwangsläufigkeit einer multipolaren Weltordnung sei auch dem Aufstieg Europas zu einer neuen sicherheitspolitischen Großmacht zuzuschreiben.

Auch heute wird in diesem Zusammenhang gerne noch der französische Außenminister Hubert Védrine zitiert, der die USA Ende der 1990er Jahre als Hyperpuissance bezeichnete. Die theoretische Vorlage hierfür lieferte Zbigniew Brzezinski, der in einer Analyse der weltpolitischen Lage nach dem Ende des Kalten Krieges behauptete, die USA seien in den Bereichen Militär, Wirtschaft, Technik und Kultur als weltweit führend anzusehen (Brzezinski 1997). Die vor allem frankophonen Stimmen, die bereits seit Jahrzehnten eine größere Unabhängigkeit Europas von den USA forderten, wurden in der Regel durch die traditionell U.S.-treuen Regierungen in Bonn/Berlin und London ausgeglichen. Doch die Ereignisse auf dem Gipfel von St. Malo im Jahre 1998 und die hieraus entstandene Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), deren Gründung bislang vor allem an innereuropäischen Bedenken scheiterte, lösten in Washington offensichtlich erhebliche Verwirrung aus. U.S.-Außenministerin Madelaine Albright brachte die Befürchtungen der USA über eine mögliche europäische Konkurrenz im Bereich der Sicherheitspolitik im Jahr 1998 auf eine Formel, die heute noch zitiert wird. So müsse die ESVP den Prinzipien „no decoupling, no duplication, no discrimination“ folgen, nur dann werde das Projekt von Washington unterstützt. Im Kern drückt sich in Albrights Worten eine tiefgreifende Sorge vor einer Autonomisierung der europäischen Sicherheitspolitik, einer Spaltung des Bündnisses und somit eines relativen Machtverlusts der USA aus. Demnach seien die transatlantischen Beziehungen von einer zunehmenden Konkurrenz zwischen Europa und den USA geprägt, die sich im Spannungsverhältnis zwischen den USA, der NATO und den EU-europäischen Militärstrukturen verdichtet (Clarke/Cornish 2002; Howorth 2003; Peters 2010).

Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 traten Befürchtungen über eine Gegenmachtbildung innerhalb der Allianz zunächst in den Hintergrund, schließlich wurde erstmals in der Geschichte der NATO der Bündnisfall nach Art. 5 ausgelöst und einhellig der Einmarsch in Afghanistan beschlossen. Erklärte die französische Zeitung Le Monde in ihrer Ausgabe am 13. September 2001 noch ‚Nous sommes tous Américains' und Bundeskanzler Gerhard Schröder seine ‚uneingeschränkte Solidarität', zeichneten sich nur wenige Monate später erhebliche Gegensätze innerhalb des Bündnisses ab, da die BushAdministration plante, den Krieg gegen den Terror auch auf den Irak auszuweiten. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Administration von George

W. Bushs und einigen Regierungen in Europa über den Irakkrieg drangen ungefiltert in die Öffentlichkeit. Außenminister Joschka Fischer drückte seine Ablehnung dieses Krieges auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahre 2003 mit den Worten ‚excuse me, but I am not convinced' aus. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach sogar von einem ‚deutschen Weg', den er einschlagen wolle, um Deutschland in Abgrenzung zu den USA als ‚Friedensmacht' zu etablieren. Allerdings muss erwähnt werden, dass nicht nur die transatlantischen Beziehungen angesichts des Irakkrieges unter Druck gerieten, auch innerhalb Europas zeichnete sich eine Spaltung ab, wie die Inszenierung des sogenannten ‚Pralinengipfels' im Jahre 2003 einerseits und der ‚Brief der Acht' andererseits zeigten. Das Ziel des ‚Pralinengipfels' bestand darin, die Integration der europäischen Sicherheitspolitik weiter voranzutreiben, um sich deutlicher gegenüber den USA positionieren zu können – USA ‚treue' Staaten wie Großbritannien, Italien und Spanien, die gemeinsam mit den USA Truppen in den Irak schickten, wurden demonstrativ nicht eingeladen.

Der europäische Widerstand gegen die Pläne Washingtons wurde sogar in die Vereinten Nationen getragen, um dort gemeinsam mit Russland und China eine Resolution zu verhindern, die den Einmarsch in den Irak völkerrechtlich legitimiert hätte. Auch auf einem Treffen des NATO-Rates über einen möglichen Bündnisbeistand, der im Falle eines Angriffs auf die Türkei hätte geleistet werden müssen, gerieten die Protagonisten heftig aneinander (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Februar 2003). Frankreich legte sein Veto gegen die Planungen der NATO ein, Deutschland und Belgien schlossen sich an, woraufhin der amerikanische NATO-Botschafter Nicolas Burns von einer „near death experience“ sprach (Kamp 2009: 21). Die Auseinandersetzung über den Irak wurde in der politikwissenschaftlichen Debatte breit rezipiert und gab Anlass zu sehr unterschiedlichen Interpretationen über den politischen Zustand des transatlantischen Machtverhältnisses.

In der Theoriedebatte wurden die Ereignisse als Anzeichen für eine Entwicklung gesehen, die, angesichts der Annahme einer unipolaren Weltordnung, bereits viel früher erwartet worden war. Im neorealistischen Lager wurde schließlich vor allem darüber diskutiert, ob sich in dieser Auseinandersetzung eine Form der ‚weichen Gegenmachtbildung' offenbart habe, die als soft balancing bezeichnet wurde (Paul 2005; Pape 2005; kritisch: Brooks/Wohlforth 2005; Lieber/Alexander 2005). Das zentrale Argument der Vertreter der soft balancingThese lautet im Kern, dass die ‚aggressive' und ‚unilaterale' Außenpolitik der USA, vor allem seit dem 11. September 2001, eine Gegenreaktion der europäischen Staaten hervorgerufen habe. Diese Gegenreaktion zeichne sich indessen nicht durch offene militärische Aufrüstung aus, sondern entfalte ihre Wirkung auf institutioneller und diplomatischer Ebene. In Anlehnung an Joseph Nyes Konzept der soft power sprechen Wissenschaftler deshalb von soft balancing. Soft balancing sei ein politisches Mittel, um die Macht Amerikas „zu hemmen, zu durchkreuzen und zu unterminieren“ (Pape 2005: 10). Pape sieht insbesondere die europäischen Staaten als soft balancer, da sie im Vorfeld des Irakkrieges versucht hätten, die Handlungsfreiheit des Hegemons zu beschneiden.

T. V. Paul sieht dementsprechend in der soft balancing-Strategie das zentrale politische Mittel für secondary states, um ihren politischen Einfluss in der Zeit nach dem Kalten Krieg erfolgreich gegenüber der einzig verbliebenen Supermacht zu behaupten. Als empirisches Beispiel führt er den Irakkrieg an, da hier eine von den USA geforderte Legitimationsresolution am Widerstand verbündeter Staaten scheiterte (Paul 2005: 64f). Vertreter des soft balancing-Ansatzes vermuten demnach, dass die Außenpolitik der beiden wichtigsten EU-Staaten, Deutschland und Frankreich, primär gegen die USA gerichtet sei und dabei besonders auf institutionellen Wegen versucht wurde, die Handlungsfähigkeit der USA zu beschränken (Pape 2005). Diese Maßnahmen bezögen sich laut Pape nicht nur auf den Bereich der Sicherheitspolitik, sondern schließen ökonomische und politische Faktoren explizit ein (Pape 2006: 10). Christopher Layne spricht in diesem Zusammenhang von "leash slipping", womit er die Neigung europäischer Staaten bezeichnet, den USA nicht länger uneingeschränkt zu folgen (Layne 2006). Diese Verweigerungshaltung der Bündnispartner wertet Layne als erstes Anzeichen für eine Schwächung der US-amerikanischen Hegemonie. Sollte sich diese Tendenz weiter verstetigen, wäre eine multipolare Weltordnung unausweichlich.

Robert Art konkretisiert die Vorstellung des soft balancing und einer europäischen Gegenmachtbildung anhand der ESVP. Zwar bestehe nach wie vor keine Einigkeit zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien darüber, wie die ESVP letztlich eingesetzt werden sollte, doch einigt sie das Ziel, ein machtpolitisches Potential gegenüber den USA aufzubauen (Art 2005/6: 182). Art hebt hierbei nicht nur die politische Bedeutung der ESVP hervor, sondern dekliniert auch deren militärisches Potential durch. Die EU habe seit Gründung der ESVP 1999 nicht nur eigene Militärstrukturen entwickelt, sondern führe bereits autonome Mission durch. Das Ziel, eine europäische Eingreiftruppe zu gründen, die 60 000 Soldaten umfasse, deute bereits auf das längerfristige Ziel, eine europäische Armee aufzubauen, hin: „In short, an EU that can provide for its own security will not be dependent on the United States for it, and that alone will decrease U.S. influence over the EU“ (Art 2005/6: 183).

Kritiker der soft balancing-Annahme verweisen dagegen auf innereuropäische Sicherheitsprobleme, die zur Gründung der ESVP geführt hätten. Laut Brooks/Wohlforth seien die militärstrategischen Implikationen der ESVP, wie die Rapid Response Force oder die Battle Groups, aufgrund ihrer bislang noch überschaubaren Kapazität nicht einmal ansatzweise als Gegenmacht zu bezeichnen. Den Europäern gehe es vielmehr darum, den kontinuierlichen Abzug der U.S.-Truppen aus Europa durch den Aufbau eigener Streitkräfte zu kompensieren, da in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden könne, dass sich die USA in militärischen Angelegenheiten engagieren, die nicht in ihrem vitalen Interesse stünden (Brooks/Wohlforth 2005: 91). Konflikte, wie etwa im Kosovo, müssten die Europäer zukünftig alleine lösen und dafür seien eigenständige militärische Strukturen unabdingbar.

Seit der Gründung der EU wurde das Gegenmachtnarrativ in den USA und in Europa prominenter, wobei die dominante Erzählung diejenige zu sein scheint, die Joseph Nye (2002) in seinem Werk The Paradox of American Power anbietet. Nye skizziert zunächst die wirtschaftlichen, geographischen und ansatzweise auch die militärischen Fähigkeiten der EU und zeigt, wie diese bisher vermochten, den Einfluss der USA in der Wirtschaft- und Finanzpolitik zu begrenzen oder sogar Expansionspläne U.S.-amerikanischer Firmen zu verhindern, wie etwa die Übernahme des Konzerns Honeywell durch General Electric, die durch den damaligen Wettbewerbskommissar Mario Monti gestoppt wurde (Nye 2002: 31). So kommt Nye zu dem vorläufigen Ergebnis, wonach „Europe could be America`s equal in power“ (Nye 2002: 31, Herv. AH). Das größte Hindernis der EU sei jedoch deren Uneinigkeit, die auch auf absehbare Zeit nicht verschwinden werde. So seien die nationalen Identitäten immer noch stark ausgeprägt und das Misstrauen insbesondere gegenüber Deutschland nach wie vor existent (Nye 2002: 32). Allerdings sei es auch übertrieben, angesichts zunehmender Konflikte zwischen den USA und der EU bereits über das Ende der transatlantischen Partnerschaft zu spekulieren: Europa bleibe der Kooperationspartner, der den USA auf Ebene gemeinsam geteilter Werte am nächsten sei: „As Samuel Huntington has put it, ‚healthy co-operation with Europe is the prime antidote for the loneliness of U.S. superpowerdom'” (Huntington 1999: 48, zitiert nach Nye 2002: 35). Nye zweifelt die Führungsrolle der USA zwar nicht an, verweist jedoch auf die Bedeutung U.S.-amerikanischer soft power und der Notwendigkeit multilateraler Kooperation, um diese Dominanz aufrecht zu erhalten – dies sei eben die ‚Paradoxie der amerikanischen Macht'.

Bislang konnten zwei zentrale Narrative herausgearbeitet werden, die hinsichtlich der Beschreibung der transatlantischen Beziehungen bedeutsam waren und immer wieder rezipiert wurden: die Vorstellung einer unipolaren Weltordnung, in deren Mittelpunkt die USA steht und hierbei von ihren westlichen Verbündeten flankiert wird. Das westliche Bündnis werde dabei von einer Vorherrschaft der USA geprägt, die sich primär auf deren militärische, wirtschaftliche und technologische Überlegenheit zurückführen lasse. Allerdings sehen vor allem defensive Realisten hierin ein Problem, da diese Übermacht auf andere Staaten bedrohlich wirken und zu einer Gegenmachtbildung animieren könnte. Erste Anzeichen für eine Gleichgewichtspolitik werden in der Gründung der EU, der Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums sowie im dem Aufbau europäischer Sicherheitsstrukturen gesehen. Kritiker warnen jedoch, die machtpolitische Bedeutung dieser Entwicklung werde übertrieben, schließlich werde in Europa immer noch keine einheitliche Politik verfolgt.

 
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