Insiderliteratur

Ein weiterer Literaturzweig wird von politischen Beratern und Insidern geprägt, die zwar weniger in der Öffentlichkeit standen, den Prozess jedoch auf der Arbeitsebene vorbereiteten oder begleiten konnten. Von zentraler Bedeutung ist hier das Werk Germany Unified and Europe Transformed von Condoleezza Rice und Philip Zelikow (1999), das wohl als die wichtigste, wenn auch nicht unumstrittene Auseinandersetzung mit dem deutschen Wiedervereinigungsprozess aus amerikanischer Perspektive gelten kann. Rice/Zelikow zeigen sich darum bemüht, eine objektive Darstellung der Prozesse zu überliefern und folgen dabei einiger klar formulierter Variablen, die in eine kausale Beziehung gesetzt werden und das Zustandekommen der deutschen Einheit erklären sollen, womit auch der wissenschaftliche Anspruch dieses Werkes unterstrichen wird (Rice/Zelikow 1999: 14).

Als weiteres Werk, das von einem Insider verfasst wurde, wird Robert Hutchings (1997) Werk American Diplomacy and the End of the Cold War herangezogen. Hutchings war Berater des National Security Councils und bezeichnet sich selbst als Teil des Heeres an Beratern und Bürokraten, die dem Außenministerium und dem Weißen Haus rund um die Uhr zur Verfügung standen. Er habe zahlreiche Gespräche und Verhandlungen des Präsidenten protokolliert und dabei stets die Rolle des stummen Beobachters eingenommen (Hutchings 1997: xii). Da diese Aufgabe intellektuell nicht gerade besonders anspruchsvoll gewesen sei, habe er die sich vor seinen Augen ausbreitende Geschichte stets genau beobachtet und schließlich seine Sicht und Analyse in diesem Buch dargelegt. Folglich ist dieses Werk als eine Mischung aus Augenzeugenbericht und politischer Insideranalyse zu behandeln.

In der deutschen Insiderliteratur sind Richard Kiesslers und Frank Elbes (1996) Buch Der diplomatische Weg zur deutschen Einheit sowie Horst Teltschiks 329 Tage (1996) einschlägig. Sie begegnen dem Leser als Erfahrungsberichte aus erster Hand. Die Autoren legen ihren jeweiligen Schwerpunkt vor allem auf die Ereignisse hinter den Kulissen und bieten, wie Teltschiks Untertitel treffend zum Ausdruck bringt, Innenansichten der Einigung. Teltschiks 329 Tage wurde im Stile eines Tagebuchs verfasst, was sich in der Verwendung als vorteilhaft erweist, da er etwa die Entstehung des 10 Punkte Programms sehr genau beschreibt.

Noch detaillierter als Teltschik geht Michael Mertes (2001) auf die Hintergrundprozesse ein, die zum 10 Punkte Programm führten. In Zur Entstehung und Wirkung des 10 Punkte Programms bietet er aus Perspektive eines Redenschreibers Einblicke in den Entstehungsprozess eines Deutungsanspruchs und spiegelt die internen Diskussionen und das Ringen um einzelne Formulierungen wider.

 
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