Das pragmatische Modell

Das pragmatische Modell der ästhetischen Erfahrung betont, dass Kunstwerke und ästhetische Objekte aber auch Vorgänge in der Lebenswelt als Erfahrungen aufgenommen und verarbeitet werden, die unser Wissen erweitern und uns helfen, uns im Handeln zu orientieren (Schweppenhäuser 2007: 24). So kann eine Landschaft das eigene Erleben intensivieren, sie kann Kulisse und Symbol für heimatliche Bindungen sein (vgl. Hayden 1995, Peil/Sooväli 2005, Paasi 2008, Kühne/Spellerberg 2010), damit ist sie kein Ort der interesselosen Anschauung mehr, diese Landschaft ist vielmehr in zahlreichen Bezügen mit dem Erfahrenden verbunden. Es wird ein aus bedeutsamen Episoden gebildeter Raum (Seel 1996: 90) geschaffen. Landschaft wird in pragmatischer Hinsicht als Ausdruck und Teil der durch sie eröffneten Möglichkeit des guten Lebens (Seel 1990: 90) erfahrbar und erlangt auch eine existenzielle Bedeutung: Landschaft wird als lebensweltliche[r] Ereignisraum (Seel 1996: 98) wahrgenommen und nach gesellschaftlich vermittelten Kriterien (wie schön/hässlich) bewertet. Schönheit entsteht im pragmatischen Modell durch eine Übereinstimmung des Wahrgenommenen mit den eigenen Lebensentwürfen; Erhabenheit hingegen entsteht, wenn das Wahrgenommene das menschliche Sinnvermögen zugleich herausfordert und überfordert (Seel 1996: 110). Die pragmatische Sicht folgt dem allgemeinen menschlichen Bedürfnis, Sinnzusammenhänge in der Welt zu konstituieren. Im Falle des ästhetischen Weltzugangs handelt es sich um Sinnzusammenhänge, die weder das Ergebnis instrumentaler und funktionaler Ausrichtung noch einer feststehenden Interpretation des Daseins sind (Seel 1996: 116), wobei die Sehnsucht nach wenig feststehenden Interpretationen von Welt durch sozial akzeptierte Deutungsmuster eine deutliche Einschränkung findet (Kühne 2008a).

Das Modell der Kritik

Mit dem Modell der Kritik wird die besondere Beschaffenheit von ästhetischer Erfahrung refl tiert, die sie von allen anderen Formen der Erfahrung unterscheidet (Schweppenhäuser 2007: 27). Gemäß der Begriffsbedeutung der Philosophie der Neuzeit wird Kritik als Bestimmung einer spezifischen Leistung oder Funktionsweise (Schweppenhäuser 2007: 27) verstanden, der betrachtete Gegenstand wird kognitiv zu erfassen gesucht: Dabei werden die Unterschiede zwischen dem Ästhetischen und dem

Wirklichen akzentuiert und die utopischen, wirklichkeitsverändernden Dimensionen der Ästhetik artikuliert (Schweppenhäuser 2007: 27). Das Modell der Kritik basiert darauf, dass auch imaginative Wahrnehmung (von Natur, Raum, Landschaft etc.) nie eine reine ist, sondern stets anschauliche, also objektbezogene Einbildung ist (Seel 1996: 140), also stets mit der sozialen und individuellen Resonanzfähigkeit (beispielsweise durch verfügbare Erlebnis- und Deutungsmuster) zum Ersten, der Objekte in der physischen Welt zum Zweiten und der Projektion individueller und sozialer Deutungen auf die Objekte zum Dritten, verbunden ist. Hinsichtlich der ästhetischen Erfahrung von Landschaft lässt sich fragen, welche gesellschaftlichen Bedingungen erfüllt sein müssen, um Landschaft so und nicht anders wahrzunehmen.

Das Differenz-Modell

Das Differenz-Modell fokussiert die Beschreibung von Funktionen und Strukturen, durch die sich ästhetische Kommunikation von den anderen zeichenvermittelten Kommunikationsformen unterscheidet (Schweppenhäuser 2007: 31). In Anlehnung an die Systemtheorie Luhmannscher Prägung wird Kunst als ein ausdifferenziertes und autonomes gesellschaftliches System (Schweppenhäuser 2007: 31) verstanden, das einer eigenen Sinnrationalität folgt, die sich von der Sinnrationalität anderer gesellschaft licher Systeme unterscheidet (vgl. Luhmann 1997b). Hinsichtlich landschaftsbezogener ästhetischer Forschung lässt sich mit Hilfe des Differenz-Modells die Frage untersuchen, welche Spezifika die Konstruktion von Landschaft im Vergleich zu anderen räumlichen Konstrukten aufweist.

 
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